Ob Sir Arthur Conan Doyle geahnt hat, dass sich seine bekannteste Schöpfung auch Jahrzehnte nach seinem Ableben noch riesiger Beliebtheit erfreuen würde? Fest steht, dass Sherlock Holmes nach wie vor in aller Munde ist und immer wieder als Inspirationsquelle dient. Erst vor Kurzem wurde verkündet, dass Robert Downey Jr. 2019 zum dritten Mal für einen Kinofilm in die Rolle des Meisterdetektivs schlüpfen soll. Und gespannt warten viele Fans der Fernsehserie "Sherlock" auf die Nachricht, dass Benedict Cumberbatch auch in einer fünften Staffel als genialischer Privatermittler in Erscheinung tritt. Eine weitere Auffrischung erlebt Conan Doyles berühmteste Figur nun im Animationsstreifen "Sherlock Gnomes", der direkt an das 2011 veröffentlichte Zwergen-Abenteuer "Gnomeo und Julia" anknüpft.
Nach dem Umzug ihrer menschlichen Besitzer in die Metropole London erwartet die frisch verheirateten Wichte Gnomeo (Stimme im Original: James McAvoy) und Julia (Emily Blunt) eine weitere Überraschung. Schon bald soll ihnen die Gartenleitung übertragen werden, was bei der emsigen Julia sofort eine Planungsoffensive auslöst. Ihr Gatte kommt plötzlich etwas kurz und macht sich fortan Sorgen über ihre Beziehung. Als eines Tages alle anderen Gartenzwerge entführt werden, betritt der selbstverliebte Sherlock Gnomes (Johnny Depp) mit seinem Assistenten Dr. Watson (Chiwetel Ejiofor) die Bühne, um den Tatort genauer zu untersuchen. Schnell ist sich der clevere Schnüffler sicher, dass sein totgeglaubter Erzfeind Moriarty (Jamie Demetriou) hinter dem Verschwinden steckt.
Optisch macht die Fortsetzung der Shakespeare-Variation "Gnomeo und Julia" eine ordentliche Figur. Mit Liebe zum Detail bringen die Macher die tönerne Beschaffenheit ihrer kleinen Protagonisten zum Vorschein und führen den Zuschauer durch einige interessante Schauplätze mit skurrilen Eigenheiten. Besonders amüsant sind die Momente, in denen der Film in Sherlocks Gehirn eintaucht und seine komplexen, verzweigten Überlegungen als handgezeichnete Schwarz-Weiß-Animationen wiedergibt. Auch einige Verfolgungsjagden reißen durchaus mit und verleihen dem Geschehen eine ansprechende Dynamik.
Unübersehbar hapert es jedoch auf Drehbuchebene. Unglücklich ist schon die Entscheidung, die literarische Vorlage zu wechseln, Gnomeo und Julia aber dennoch fast gleichberechtigt in die Handlung zu integrieren. "Kung Fu Panda"-Regisseur John Stevenson und Autor Ben Zazove wollen nicht nur die Beziehung zwischen dem arroganten, rücksichtslosen Meisterdetektiv und seinem bedauernswerten Weggefährten Dr. Watson ergründen, sondern auch das auf eine Probe gestellte Verhältnis der beiden Gartenzwerge aus Teil eins. Dummerweise entfalten die thematisch verbundenen Stränge nur wenig emotionale Kraft, wobei vor allem der laue Ehestreit arg erzwungen wirkt.
Insgesamt fehlt es dem häufig formelhaft erzählten Abenteuer an ehrlich berührenden Szenen. Und noch dazu pendeln sich die Witze und Conan-Doyle-Anspielungen auf einem eher bescheidenen Level ein. Dass der quirlige Kriminalfall trotz einer netten Überraschung keinen großen Eindruck hinterlässt, passt in das höchst durchwachsene Gesamtbild. Sherlock Holmes und seinem Schöpfer macht diese Animationskomödie keine besondere Ehre. Immerhin weckt sie aber die Lust, Conan Doyles raffinierte Detektivgeschichten mal wieder in Augenschein zu nehmen.
Quelle: teleschau – der Mediendienst