Schon die Tatort-Doppelfolge zum Thema Menschenhandel ("Tatort - Wegwerfmädchen", "Tatort - Das goldene Band") nahm sich der Zwangsprostitution an - auf eine eher laue Art, die beim Publikum trotzdem Anklang fand. Jetzt kommt die Realität. Der 2013 mit dem Deutschen Fernsehpreis als bester Film ausgezeichnete Thriller "Operation Zucker" zeigt, was mitten unter uns passiert: Kinder werden aus Familien gerissen und an Pädophile oder Kriminelle verkauft. Operation Zucker schildert das Schicksal der rumänischen Kinder Fee (Paraschiva Dragus) und Bran (Adrian Ernst) die von einer Bande nach Berlin verschleppt werden. Gezeigt wird auch die Machtlosigkeit der Justiz dargestellt von Nadja Uhl als Kommissarin und Senta Berger als Staatsanwältin. Ein erschütternder Film. Doch warum wählte man für das tabuisierte Thema nicht die Form der Dokumentation, zumal der Film auf wahren Ereignissen beruht? "Man bekommt die Beteiligten nicht vor die Kamera. Die Fiktion ist viel stärker als eine Reportage," erklärt die Produzentin und Ideengeberin Gabriela Sperl. Zudem wirkt die emotionale Seite des Geschehens im Spielfilm stärker als nüchterne Fakten.
Wie viele Missbrauchsfälle es tatsächlich gibt, bleibt im Dunkeln. "Wir schätzen, dass weltweit täglich 3000 Kinder Opfer von Menschenhändlern werden," sagt Elsbeth Müller, Geschäftsleiterin UNICEF Schweiz. Und sie bestätigt: "Der Kinderschutz in Deutschland ist schlechter als in anderen europäischen Ländern." Die Kinder werden bei uns wie illegale Einwanderer behandelt, weil das Aufenthaltsrecht vor den Opferschutz gestellt wird. Zudem fehlen Gesetze, um die Strafverfolgung über die Grenzen hinaus wirksamer zu gestalten. Doch auch in anderen Ländern liegt einiges im Argen. Kaum Aufsehen erregte im vergangenen Dezember der Schlag gegen einen Kinderpornoring in Spanien und die Befreiung von 19 Jungen zwischen elf und 16 Jahren aus den Fängen eines kriminellen Netzwerks. Bitter ist auch die Tatsache, dass nach dem Tsunami in Thailand 2004 und dem Erdbeben auf Haiti 2010 elternlose Kinder aufgegriffen und in die Prostitution gezwungen wurden. Skrupelloser können geldgierige Menschen nicht sein. Während sich der erwähnte Tatort in zu vielen unglaubwürdigen Wendungen verheddert, bringt "Operation Zucker" die Dramatik auf den Punkt. Kein Zuckerschlecken! Stephan Mertens
Foto: BR/ARD/DEGETO/Sperl Productions/Stephan Rabold