Jakob Fabian (Tom Schilling) arbeitet als Werbetexter im Berlin der späten Weimarer Republik. Erich Kästners 1931 erschienenes Buch "Fabian. Die Geschichte eines Moralisten" hat Dominik Graf nun in drei Stunden Film verwandelt, die dem Geist des Buches recht nahekommen.
Vom flanierenden Werbetexter zum Verliebten und in den Abgrund: Tom Schilling spielt Erich Kästners Romanfigur Fabian aus dem Jahre 1931. Der ungewöhnliche Historienfilm lief im Wettbewerb der Berlinale und wurde von der Kritik gefeiert.

Fabian oder der Gang vor die Hunde

KINOSTART: 05.08.2021 • Drama • D (2021) • 186 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Fabian oder Der Gang vor die Hunde
Produktionsdatum
2021
Produktionsland
D
Filmstudio
Lupa Film, Amilux Film, Studio Babelsberg Motion Pictures, ZDF, ARTE
Budget
178 USD
Laufzeit
186 Minuten
Regie
Kamera

Filmkritik

Babylon Berlin mit Tiefgang
von Eric Leimann

Dominik Graf hat Erich Kästners Roman "Fabian" von 1931 verfilmt. Tom Schilling spielt in der Titelrolle das, was er am besten kann: den ironisch lakonischen Großstadt-Drifter. Das dreistündige, filmisch ambitionierte Werk begeistert.

Der promovierte Germanist Jakob Fabian (Tom Schilling), den alle nur beim Nachnamen rufen, arbeitet tagsüber in der Werbeabteilung einer Zigarettenfabrik. Nachts lässt er sich mit seinem vermögenden Freund Labude (Albrecht Schuch) durch Kneipen, Varietés und Bordelle treiben. Während Labude verwundet und ein bisschen überdreht die Trennung von seiner langjährigen Verlobten verkraften muss, bleibt Fabian ein distanzierter, ironischer Beobachter des babylonischen Berlins von 1931.

Erinnerungen an "Babylon Berlin"

Dominik Grafs auf der Berlinale gefeierte Erich-Kästner-Adaption "Fabian oder der Gang vor die Hunde" zeigt die Stadt deutlich weniger glamourös und wuchtig als die erfolgreiche TV-Serie "Babylon Berlin". Die Schauplätze des im historischen 4:3 Format gedrehten Films sind schäbiger, schmuckloser. Ganz anders als in Tom Tykwers Serie, wo selbst der Schmutz gut aussieht. Zudem tragen collagenhaft wechselnde Bild- und Tontechniken, ein Steckenpferd Grafs, zur Abweichung vom herkömmlichen Historienfilm bei. Die Bilder sind abwechselnd in grobkörnigem Super 8 und herkömmlichem HD gedreht, unterwandert von schwarzweißen Original-Wusel-Aufnahmen der Berliner Straßen von damals.

Auch der Ton ist anders: Es kommen eine "allwissende" Erzählerin und ein ebensolcher Erzähler zum Einsatz – ebenfalls eine herrlich irritierende Graf-Spezialität. Dazu wechseln Lautstärke der Dialoge, von Erzähler und Umweltgeräuschen manchmal so, als wäre der Mann am Mischpult gerade kurz eingeschlafen. Doch wer sich keinen "Experimenten" im Historienfilm stellen will, für den ist die dreistündige Romanverfilmung – übrigens die zweite nach Wolf Gremms Film von 1980 – wohl ohnehin nichts.

Ein Film als Hommage an Erich Kästner

Fabian lernt im Nachtleben die selbstbewusste Cornelia (Saskia Rosendahl) kennen, eine Rechtsreferendarin beim Film, die es vor die Kamera zieht. Der bekannte Filmemacher Markart (Aljoscha Stadelmann) hat ihr Probeaufnahmen versprochen. Fabian und Cornelia verlieben sich ineinander. Die Zuschauer nehmen auf zauberhaft junge, verspielte Art an dieser Liebe teil. Für einen kurzen Moment schafft es Fabian, seine pessimistische Grundhaltung abzulegen.

Dann jedoch wechselt der tragikomisch mäanderte Plot des Films ins Dramatische: Fabian wird entlassen, und sein Freund Labude, der für einen idealen Kommunismus kämpft, verschwindet wie vom Erdboden. Das Geld wird knapp, Cornelia schlägt einen Deal vor: Sie lässt sich auf eine Affäre mit Markart ein und wird Filmstar, während die wahre Liebe mit Fabian im Geheimen weiterexistiert. Dass dies nicht klappt, kann man sich denken. Schließlich hieß Erich Kästners Roman bei seinem Erscheinen 1931 "Fabian. Die Geschichte eines Moralisten".

Es gibt einige Aspekte an Dominik Grafs Kunstfilm-Variante des Berliner Großstadtromans aus den späten Tagen der Weimarer Republik, die ein großes Publikum abschrecken dürften. Neben der collagenhaften Erzählform ist es die pure Länge des Stoffs. Graf, ein Fan des großartigen Beobachters, Erzählers und Sprachpoeten Erich Kästner, wollte seinen Film etwa so lange dauern lassen, wie es braucht, das Buch zu lesen. Konsequenterweise legt er den Erzählern und Figuren immer wieder Originalpassagen aus Kästners Werk in den Mund. Sätze voller Sprachfinesse und großer Erkenntnisse, die nicht nur den Film auf ein hohes Niveau heben, sondern auch wieder zeigen, wie modern und lebensweise der 1899 in Dresden und 1974 in München verstorbene Autor Erich Kästner in dieser Zeit war.

Neue Sachlichkeit vor der Apokalypse

Sätze wie jenen, dass die Männer "den Warencharakter der Liebe wollen, aber die Ware soll verliebt sein", schrieb Kästner schon zu Zeiten, als von modernem Feminismus noch lange nicht die Rede war. Sein Roman erschien zur selben Zeit wie Hans Falladas "Kleiner Mann, was nun?". Beide Werke berichten aus einer politisch und wirtschaftlich immer herber werdenden deutschen Gesellschaft zwischen den Kriegen und leiten aus heutiger Sicht die Katastrophe des Nationalsozialismus ungeheuer plastisch her.

Dominik Grafs Film, der in Schilling, Schuch und Rosendahl drei sehr überzeugende Hauptdarsteller hat, ist wie ein Trip in all diese Gedanken- und Lebenswelten jener Jahre, die andererseits erstaunlich jetztzeitig daherkommen. Man hat nicht wirklich das Gefühl, in eine Zeit vor 90 Jahren einzutauchen, sondern eine sehr heutige Geschichte zu verfolgen. Eine Erkenntnis, die ob des beschriebenen menschlichen und gesellschaftlichen Zerfalls durchaus Angst macht, die aber auch fasziniert – sofern man sich auf diesen Erzähl- und Bilderreigen abseits klassischer Kostüm- und Historienfilme einzulassen vermag.

Fabian oder der Gang vor die Hunde, im Kino ab: 05.08.2021

Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Darsteller

Schauspielerin Jeanette Hain.
Jeanette Hain
Lesermeinung
Als Schauspielerin und Sängerin erfolgreich: Meret Becker
Meret Becker
Lesermeinung
Sönke Möhring in der Rolle des Jan in "Die letzte
Fahrt"
Sönke Möhring
Lesermeinung
Schauspieler Tom Schilling.
Tom Schilling
Lesermeinung
Albrecht Schuch im Krimi "Der Polizist und das Mädchen", der im ZDF seine TV-Premiere feierte.
Albrecht Schuch
Lesermeinung
Weitere Darsteller
Saskia Rosendahl Michael Wittenborn Petra Kalkutschke Elmar Gutmann Aljoscha Stadelmann Anne Bennent Eva Medusa Gühne Julia Preuß Lukas Rüppel Michael Hanemann Oliver Reinhard Jörg-Uwe Schröder Brian Völkner Thomas Dehler Luise Aschenbrenner Lena Baader Julia Blankenburg Hannah Schiller Joachim Nimtz Sascha Maaz Damian Thüne Catalina Navarro Kirner Axel Werner Chris Eckert Dominik Hermanns Andreas Preiß Doreen Pohl Jochen Lebelt Lucas Lentes Natascha Merckens Gert Kniepers Caroline Adam Bay Gesine Hummel Alexandra Liebich Olaf Normann Seçkin Yüce Alina Jeschkowski Gregor Chmieleski Thomas Reimann Fidan Aghayeva-Edler Florian Steffens Yvonne Grünwald Marina Grezinger Matthias Klaus Florian Gebauer René Barra Agnieszka Brauer Lisa-Marie Brauer Kris Kwiat Oleg Kossjak Lisa Hoffmann

Neu im kino

Warfare (2025)
Warfare
Kriegsfilm • 2025
prisma-Redaktion
Was Marielle weiß (2025)
Was Marielle weiß
Drama • 2025
prisma-Redaktion
Blood & Sinners (2025)
Blood & Sinners
Horror • 2025
prisma-Redaktion
Drop – Tödliches Date (2025)
Drop – Tödliches Date
Mystery • 2025
Ich will alles. Hildegard Knef (2025)
Ich will alles. Hildegard Knef
Dokumentarfilm • 2025
prisma-Redaktion
Eden (2025)
Eden
Thriller • 2025
Ein Minecraft Film (2025)
Ein Minecraft Film
Familie • 2025
prisma-Redaktion
The End (2024)
The End
Drama • 2024
prisma-Redaktion
Beating Hearts (2024)
Beating Hearts
Krimi • 2024
prisma-Redaktion
Riff Raff – Verbrechen ist Familiensache (2025)
Riff Raff – Verbrechen ist Familiensache
Komödie • 2025
prisma-Redaktion
The Last Showgirl (2024)
The Last Showgirl
Drama • 2024
prisma-Redaktion
Das Licht (2025)
Das Licht
Drama • 2025
prisma-Redaktion
Schneewittchen (2025)
Schneewittchen
Familie • 2025
prisma-Redaktion
Köln 75 (2025)
Köln 75
Drama • 2025
prisma-Redaktion
Bolero (2024)
Bolero
Historie • 2024
prisma-Redaktion
In the Lost Lands (2025)
In the Lost Lands
Fantasy • 2025
prisma-Redaktion
Robert Pattinson mit Robert Pattinson: In "Mickey 17" übernimmt der Star aus "Twilight" und "The Batman" eine spannende Mehrfach-Hauptrolle.
Mickey 17
Science Fiction • 2025
prisma-Redaktion
Ein Mädchen namens Willow (2025)
Ein Mädchen namens Willow
Familie • 2025
prisma-Redaktion
Bridget Jones – Verrückt nach ihm (2025)
Bridget Jones – Verrückt nach ihm
Komödie • 2025
prisma-Redaktion
Like A Complete Unknown (2024)
Like A Complete Unknown
Drama • 2024
prisma-Redaktion
Bird (2024)
Bird
Drama • 2024
prisma-Redaktion
Flight Risk (2025)
Flight Risk
Action • 2025
prisma-Redaktion
The Monkey (2025)
The Monkey
Horror • 2025
prisma-Redaktion
Wunderschöner (2025)
Wunderschöner
Komödie • 2025
Captain America: Brave New World (2025)
Captain America: Brave New World
Science Fiction • 2025
prisma-Redaktion
Könige des Sommers (2024)
Könige des Sommers
Drama • 2024
prisma-Redaktion
Companion – Die perfekte Begleitung (2025)
Companion – Die perfekte Begleitung
Science Fiction • 2025
prisma-Redaktion
Maria (2024)
Maria
Drama • 2024
prisma-Redaktion
Paddington in Peru (2024)
Paddington in Peru
Komödie • 2024
prisma-Redaktion
Babygirl (2024)
Babygirl
Drama • 2024
prisma-Redaktion

BELIEBTE STARS

Alterslose Schönheit: Sharon Stone.
Sharon Stone
Lesermeinung
Oscar-Preisträgerin Brie Larson.
Brie Larson
Lesermeinung
Oscar-Preisträger Rami Malek.
Rami Malek
Lesermeinung
Vom Sängerknaben auf die große Bühne: Peter
Weck (hier in "Alte Liebe - Neues Glück")
Peter Weck
Lesermeinung
Moderator Markus Lanz.
Markus Lanz
Lesermeinung
Brooke Adams mit ihrem Ehemann Tony Shalhoub
Brooke Adams
Lesermeinung
Temperamentbündel aus Spanien: Victoria Abril.
Victoria Abril
Lesermeinung
Hiam Abbass studierte zunächst Fotografie und machte dann eine Schauspielausbildung.
Hiam Abbass
Lesermeinung
Sanam Afrashteh ist eine deutsche Schauspielerin.
Sanam Afrashteh
Lesermeinung
Elton ist seit vielen Jahren im TV-Business.
Elton
Lesermeinung
Schauspieler Michael Madsen.
Michael Madsen
Lesermeinung
Claude Brasseur
Claude Brasseur
Lesermeinung
Manfred Krug, hier im "Tatort - Rattenlinie" zu sehen, ist im Alter von 79 Jahren gestorben.
Manfred Krug
Lesermeinung
Ach, das Leben ist so hart! Simone Thomalla 
tröstet Heidelinde Weis
Heidelinde Weis
Lesermeinung