Lauren Bacall, Ingrid Bergman und Sean Connery waren 1974 verwickelt in den "Mord im Orient Express". Nun kommt die Neuauflage ins Kino – mit ähnlich beeindruckender Besetzung.
Kenneth Branagh hat bekanntlich eine Leidenschaft für große, literarische Werke. Der britische Schauspieler und Regisseur verfilmte bereits William Shakespeares "Hamlet", "Viel Lärm um nichts" und "Henry V", aber auch Mary Shelley's "Frankenstein". Jetzt adaptierte er einen weiteren Klassiker für die große Leinwand: "Mord im Orient Express" basiert auf dem gleichnamigen Kriminalroman, den die britische Autorin Agatha Christie 1934 veröffentlichte. Viermal wurde der Stoff in der Vergangenheit bereits verfilmt. Kenneth Branaghs Remake, das im 70mm-Formt in die Kinos kommt, ist vor allem deshalb gelungen, weil er der Geschichte seinen eigenen Dreh gibt.
13 Fahrgäste, 13 Lügen
Der Film beginnt mit einem Feuerwerk der Eindrücke. Tolle Luftbilder der Stadt Jerusalem, Aufruhr an der Klagemauer, wo wir den belgischen Detektiv Hercule Poirot (gespielt von Kenneth Branagh höchstpersönlich) in Aktion erleben. Er hat gerade einen Fall abgeschlossen und beschließt, Urlaub zu machen. Per Schiff reist er nach Istanbul. Die Weite des Meeres, die Einfahrt in den Hafen, majestätische Gebäude, das bunte Treiben auf einem Markt, orientalisches Essen – eine Einstellung ist schöner als die nächste. Doch Poirots Urlaub hat kaum begonnen, da wird er für einen Fall nach London beordert. Mit dem Orient Express reist er nach Calais. Der altehrwürdige Luxus-Zug mit seinem eleganten Speisewagen jagt durch eine atemberaubende Winterlandschaft Europas, einen spektakulären Sonnenaufgang gibt's gratis dazu. Man möchte am liebsten sofort selbst losfahren.
Was dann folgt, ist Krimifans bekannt: Während der Zug nachts im Schnee stecken bleibt, wird der amerikanische Kunsthändler Mr. Ratchett (gespielt von einem vernarbten Johnny Depp) ermordet. Auf Bitten des Eisenbahn-Direktors nimmt Poirot sich des Falles an. War es Ratchetts Assistent Hector MacQueen (Josh Gad), die spanische Missionarin Pilar Estravados (Penélope Cruz), die Gouvernante Mary Debenham (Daisy Ridley), der Professor Gerhard Hardman (Willem Dafoe), die Witwe Mrs. Hubbard (Michelle Pfeiffer) oder vielleicht der Doktor Arbuthnot (Leslie Odom junior)? Jeder einzelne der 13 Fahrgäste versteckt eine Lüge. Mit jedem Gespräch, das Poirot führt, wird der Fall vertrackter. Und er muss ihn lösen, bevor der Zug seine Fahrt wieder aufnimmt. Am Ende geht es schließlich auch darum, was Schmerz mit Menschen macht – und was Gerechtigkeit bedeutet.
Zwei Filme in einem verpackt
Um eine neue Herangehensweise zu finden, habe er sich bewusst entschieden, die bekannte Verfilmung von Sidney Lumet aus dem Jahr 1974 nicht anzusehen, erzählte Branagh im Vorfeld. Auch seinen Schauspielern habe er geraten, sich nicht am berühmten Vorläufer zu orientieren. Vielleicht war genau das der Schlüssel. Im Grunde hat Kenneth Branagh nun zwei Filme in einem verpackt. Im ersten Drittel tobt er sich filmisch aus, danach beginnt ein spannender Krimi. Dabei wirkt "Mord im Orient Express" zwischen all den Blockbustern und Endzeitdramen wie aus der Zeit gefallen. Zwar kontrastiert Branagh den wundervollen 20er-Jahre-Look zum Teil durch moderne CGI-Effekte, doch insgesamt ist der Film im besten Sinne altmodisch.
Ein Bonus ist das Star-Ensemble, das noch hochkarätiger ist als bei der Verfilmung aus dem Jahr 1974. Damals bekam Ingrid Bergman für ihre Rolle der Greta Ohlsson einen Oscar. "Mord im Orient Express" ist bekanntlich nicht das einzige Buch von Agatha Christie, in dem Poirot auftaucht: Sie widmete dem pensionierten Polizeibeamten 33 Romane. Und Kenneth Branagh hat bereits weitere Fortsetzungen in Aussicht gestellt, sofern der Film ein Erfolg wird.
Quelle: teleschau – der Mediendienst