Oscar-Preisträgerin Octavia Spencer spielt die undurchsichtige Titelfigur, die um jeden Preis Gesellschaft sucht.
Mit "Ma" erreicht der neue Film aus der Horror- und Thrillerschmiede Blumhouse die deutschen Leinwände.

Ma

KINOSTART: 30.05.2019 • Horror • USA (2019) • 99 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Ma
Produktionsdatum
2019
Produktionsland
USA
Budget
5.000.000 USD
Einspielergebnis
51.749.995 USD
Laufzeit
99 Minuten

Filmkritik

Bemuttert und bedrängt
Von Christopher Diekhaus

Eine Gruppe Teenager freundet sich mit einer undurchsichtigen Einzelgängerin an, die auf ihre neue Gesellschaft nicht mehr verzichten will: Der prominent besetzte Psychothriller "Ma" schwankt zwischen absurder Komik und diffusem Unbehagen.

Erst kürzlich lief in den deutschen Kinos der Stalking-Thriller "Greta" an, in dem Frankreichs Leinwandstar Isabelle Huppert einer von Chloë Grace Moretz gespielten Kellnerin das Leben zur Hölle macht. Die starke Besetzung ließ auf gehobene Spannungsunterhaltung hoffen. Am Ende stand aber ein ins Lächerliche kippender Reißer. Ähnlich verhält es sich auch mit Tate Taylors neuem Spielfilm "Ma", der Oscar-Preisträgerin Octavia Spencer ("The Help") als unheimliche Einzelgängerin inszeniert. Nach einem vielversprechenden Auftakt rutscht der Schocker aus der Schmiede des umtriebigen Genre-Produzenten Jason Blum (unter anderem "Get Out" und die "Purge"-Reihe) zunehmend ins Formelhafte und Hysterische ab.

Erfrischend bodenständig geht es allerdings noch am Anfang zu. Gemeinsam mit ihrer Mutter Erica (wunderbar bodenständig: Juliette Lewis) zieht die Teenagerin Maggie (Diana Silvers) in eine Kleinstadt in Ohio und findet an ihrer Schule schnell neue Freunde. Schon bald hängt das sympathische Mädchen mit der Clique der lässigen Haley (McKaley Miller) ab. Da die Minderjährigen keinen Alkohol erwerben dürfen, bitten sie vor einem Laden Erwachsene um Hilfe und treffen schließlich auf die Tierarztmitarbeiterin Sue Ann (Octavia Spencer), die ihnen die gewünschten Spirituosen besorgt. Als die deutlich ältere Dame nur wenig später ihren Keller als Party-Location anbietet, sind die Jugendlichen erstaunt, lassen sich aber nicht zweimal bitten. Nach einigen ausgelassenen Feierlichkeiten wird Maggie und den anderen jedoch klar, dass hinter der Fassade ihrer augenzwinkernd "Ma" genannten Gastgeberin gefährliche Abgründe lauern.

Gerade im Horror- und Thriller-Kino sind junge Menschen oft nicht mehr als billiges Kanonenfutter und wandelnde Klischees. Insofern ist es erfreulich, dass Regisseur Tate Taylor ("The Help", "Girl on the Train") das Verhalten der Heranwachsenden halbwegs glaubwürdig einfängt. Den Wunsch nach ungestörten Party-Abenden mit Hochprozentigem dürfte jeder kennen und deshalb nachvollziehen können, warum sich Maggie und ihre Mitschüler auf die doch etwas ungewöhnliche Beziehung zu ihrer Wohltäterin einlassen. Sue Anns Angebot ist eine verlockende Chance. Immerhin gilt in den USA bis zum 21. Lebensjahr ein striktes Alkoholverbot.

Aus der von Ma forcierten Freundschaft zieht der Film zunächst einiges an absurder Komik, streut parallel aber auch kleine Zweifel aus. Momente, die erahnen lassen, dass die Tierarzthelferin seelisch nicht gefestigt ist. Octavia Spencers Darbietung pendelt zwischen aufgekratzter Kumpelhaftigkeit und irritierender Übergriffigkeit, was für ein diffuses, sich langsam verdichtendes Unbehagen sorgt. Gleichzeitig deutet sich allerdings schon sehr früh an, dass der Thriller mit abgegriffenen Versatzstücken hantiert. So arbeiten etwa die Rückblenden in Mas schmerzhafte Vergangenheit mit Mobbing-Plattitüden und wecken keine große Anteilnahme.

Das Interesse am Geschehen schwindet ohnehin, wenn der Film nach rund einer Stunde Schritt für Schritt aus dem Ruder läuft und sich bemüht schockierenden Exzessen hingibt, während die Logik flöten geht. Das Ergebnis ist eine blutige, zahlreiche bekannte Genre-Motive verwurstende Psychoshow, bei der die Jugendlichen mehr und mehr in stereotype Muster verfallen. Die überdrehten Einlagen beeinträchtigen den Unterhaltungswert massiv und haben zur Folge, dass man den Kinosaal mit einem Gefühl der Ernüchterung verlässt. Angesichts des stimmigen Einstiegs hätte man sich mehr erwartet.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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