In Trey Edward Shults' beunruhigendem Endzeitthriller "It Comes At Night" treffen zwei Familien auf engstem Raum zusammen – und belauern sich misstrauisch. Intelligent, minimalistisch und äußert spannend.
"Menschen in angespannte Szenarien verfrachten und schauen, was passiert, das ist es, was ich tue." So fasst der texanische Regisseur und Drehbuchautor Trey Edward Shults sein filmisches Schaffen zusammen, das ihm mit dem auf mehreren Festivals gefeierten Horrorthriller "It Comes at Night" einen frühen Karrierehöhepunkt beschert. Angesiedelt ist sein düsterer Endzeitstreifen in einer nahen Zukunft, in der es keine Zivilgesellschaft mehr gibt. Ein tödlicher Virus hat einen Großteil der Bevölkerung dahingerafft und ein normales Zusammenleben unmöglich gemacht. Menschen, die noch nicht infiziert sind, ziehen sich tief in die Wälder zurück und schotten sich vor der Außenwelt ab.
Dass jedoch niemand sicher sein kann, zeigt schon der an die Nieren gehende Einstieg. Da sein Schwiegervater Bud (David Pendleton) von der mysteriösen Krankheit befallen ist, bleibt dem früheren Geschichtslehrer Paul (Joel Edgerton) nichts anderes übrig, als ihn zu erschießen und die Leiche zu verbrennen. Ein schmerzhafter Akt, der Pauls Ehefrau Sarah (Carmen Ejogo) und den gemeinsamen Sohn Travis (Kelvin Harrison Jr.) schwer belastet. Nur wenig später wird das Miteinander auf eine neuerliche Probe gestellt, als ein Mann namens Will (Christopher Abbott) in das irgendwo im Dickicht liegende Anwesen der kleinen Familie eindringt. Nach einigem Zögern entschließt sich Paul, dem Unbekannten samt Frau (Riley Keough) und Kind (Griffin Robert Faulkner) in seinem Haus Unterschlupf zu gewähren.
Ausgeprägter klaustrophobischer Anstrich
Ähnlich wie der 2015 veröffentlichte postapokalyptische Thriller "The Survivalist" konzentriert sich "It Comes at Night" fast ausschließlich auf sein überschaubares Figurenensemble, die mit Brettern verbarrikadierte Hütte und deren nähere Umgebung. Die Hintergründe der Katastrophe werden konsequent ausgeblendet, was dem Geschehen einen ausgeprägten klaustrophobischen Anstrich verleiht. Verstärkt wird dieser Eindruck immer dann, wenn die Kamera bei Nacht – einer geisterhaften Präsenz gleich – durch die finsteren Gänge und Zimmer der verwinkelten Waldfestung gleitet.
Eine beschwingte Montage alltäglicher Situationen nährt im Mittelteil die Hoffnung auf ein halbwegs harmonisches Auskommen, auf etwas Normalität in einer aus den Fugen geratenen Welt. Am Ende siegt aber die Angst vor den fremden Mitmenschen, die im Streben, um jeden Preis zu überleben, Böses im Schilde führen könnten. Wenige Worte oder kleine Unstimmigkeiten reichen aus, um eine alles verschlingende Paranoia zu erzeugen, von der besonders der Patriarch Paul ergriffen wird. Um seine Liebsten zu schützen, ist er zum Äußersten bereit. Eine spannende, da ambivalente Figur, die in Edgertons eindringlicher Darbietung zusätzlich an Profil gewinnt.
Besonderes Augenmerk legt das bedächtig entwickelte Drehbuch auf den 17-jährigen Travis, der in der ungeheuerlichen Extremsituation verzweifelt um ein wenig Orientierung ringt. Pauls rigoroser Führungsstil bringt den jungen Mann sichtbar ins Grübeln. Und der Tod seines Großvaters verfolgt ihn immer wieder in seinen Albträumen, mit denen der Regisseur klassisches Horrorterrain betritt.
Angemessen fulminanter Abschluss
Auch wenn "It Comes at Night" einige konventionelle Schockmomente auffährt, ist Shults in erster Linie an einer bedrückenden, unheilvollen Atmosphäre interessiert, die sich auch dank eines intensiven Sounddesigns zunehmend verdichtet. Auf der Handlungsebene passiert lange Zeit nur wenig. Gegen Ende nimmt der Film allerdings noch einmal Fahrt auf und konfrontiert den Zuschauer mit einer packend inszenierten, unter die Haut gehenden Eskalation. Ein angemessen fulminanter Abschluss für eine intelligente, minimalistische Thriller-Arbeit. Von ihrem Schöpfer wird man in Zukunft hoffentlich noch einiges hören und sehen.
Quelle: teleschau – der Mediendienst