Judy Garland in Russland: Im animierten Kinderfilm "Urfin, der Zauberer von Oz" trifft Ost auf West.
Dorothy, ein Mädchen aus dem heutigen Amerika, entdeckt in einem Schrank silberne Schuhe. Die kommen ihr aus einer Geschichte, die ihre Großmutter immer gerne erzählt, bekannt vor. Darin muss man nur die Hacken der Schuhe dreimal aneinander schlagen, und schon reist man in das Land Oz. Natürlich probiert Dorothy das aus – und auf einmal steckt sie mit ihrem Hund Toto, der plötzlich sprechen kann, mitten drin in der Welt der kleinen Munchkins. Die zwergenhaften Fabelwesen halten sie zunächst für ihre Retterin Dorothy, die ihnen schon vor vielen Jahren einmal geholfen hat. Doch diese Dorothy ist nur die Enkelin der Dorothy von einst. Und sie weiß nicht allzu viel von dieser besonderen Welt, die sich der Zauberer Urfin gerade unterwirft.
Der russische Animationsfilm "Urfin, der Zauberer von Oz" bringt in einem modernen Look verschiedenste Geschichten aus West (Amerika) und Ost (Russland) für eine neue Generation Zuschauer zusammen. Einmal wäre da die Geschichte des Zauberers von Oz. Wer sie nicht aus den Büchern des Amerikaners Lyman Frank Baum kennt, hat womöglich den Musicalfilm aus dem Jahr 1939 gesehen, in dem Judy Garland so bezaubernd "Over the Rainbow" singt. Das Märchen um Dorothy und ihre Freunde, den Zinnmann, den feigen Löwen und die Vogelscheuche, wurde zudem durch die Jahrzehnte auf vielfache Weise auf den Theaterbühnen adaptiert.
Auch ein Russe, der Autor und Übersetzer Alexander Wolkow, war fasziniert von dieser wunderbaren Welt und veröffentlichte 1939 unter dem Titel "Der Zauberer der Smaragdenstadt" seine Version des Buches. Und er dichtete die Geschichte immer weiter und erschuf mit "Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten" (1963) den Grundstein seines Wolkow-Zauberlands. Die letztlich sechsteilige Kinderbuchreihe stand in der DDR in vielen Kinderzimmerregalen. Nun also der Animationsfilm, der keine nationalen Grenzen kennt und sich aus dem gesamten Vorrat an Figuren und Erzählsträngen nach Herzenslust bedient.
Oliver Kalkofe als Bösewicht
Die jüngeren Kinozuschauer, die die Originalwerke nicht kennen, können sich dem Film so nähern wie das Mädchen Dorothy dem Land Oz mit seinen skurrilen Figuren: neugierig. Die unbefangene und dadurch mutige Dorothy versteht, dass sie helfen soll, weiß aber nicht genau wie. Nur eines ist sicher: Sie muss einen Weg finden in die Smaragdstadt, die der böse und gerissene Urfin mit seiner Armee aus Holzsoldaten unterworfen und in "Urfingen" umbenannt hat. Dabei hat er die weise und gütige Vogelscheuche gefangen genommen, die sich in ihrer Naivität überrumpeln und in ein Verlies sperren ließ. Dann erschuf Urfin einen Doppelgänger, der den zu Hilfe eilenden starken Zinnmann in die Irre führt. Bis Dorothy, die inzwischen den mächtigen, aber auch wieder ängstlichen Löwen getroffen hat, die Stadt erreicht, muss sie viele Abenteuer bestehen. Und ob sie nicht auf die falsche Vogelscheuche hereinfallen wird, wird sich zeigen.
"Urfin, der Zauberer von Oz" versteht sich als ein eigenständiges Werk, angelehnt an die Vorlagen, aber mit der Freiheit, neue Figuren hinzuzufügen und alte wegzulassen. So bieten die vielen Charaktere mit ihren Eigenarten etwas, an das die jungen Zuschauer anknüpfen können. Witzig wirken die beiden Säbelzahntiger, die starken Hofdiener des Löwen, die aber lieber faulenzen und essen, statt ihrem Herrscher aus der Patsche zu helfen. Gut gelungen ist auch Urfin, ein etwas komplexerer Charakter, der trotz seiner Boshaftigkeit eine eigene Tiefe entwickelt.
Optisch wirkt der Film konventionell und glattgebügelt. Hier spürt man den Hauch einer anderen, in Russland angesiedelten Ästhetik. Sidekick Hund Toto ist mit seinen witzigen Kommentare auf jeden Fall in der Gegenwart der Zuschauer angesiedelt. Dem Bösewicht leiht übrigens Oliver Kalkofe seine Stimme.
"Urfin – der Zauberer von Oz" kann mit seinen interessanten Figuren und der durchaus spannenden, manchmal sogar etwas gruseligen Geschichte ein junges Publikum leicht für sich gewinnen. Wer aber an den Vorlagen hängt – egal ob aus Ost oder West -, wird hier nicht glücklich. Bei diesem Film steht der kindliche Spaß im Vordergrund.
Quelle: teleschau – der Mediendienst