Gibt es den moralisch einwandfreien Verrat? Im Polit-Thriller "Official Secrets" wird Keira Kneightley mit dieser brisanten Fragen konfrontiert.
Katharine Gun, die im Zentrum von "Official Secrets" steht, ist für viele eine Heldin, vergleichbar mit Edward Snowden oder Julien Assange. Die Frau, die im Film von Keira Knightley gespielt wird, arbeitete im Jahr 2003 für das GCHQ, eine britische Regierungsbehörde, die mit Datenüberwachung beschäftigt ist. Gun und einige ihrer Kollegen erhielten damals eine Mail, abgesendet vom US-Geheimdienst NSA: Der GCHQ, so das Schreiben, solle helfen, UN-Delegierte zu überwachen. Ziel sei es, eine Abstimmung im UN-Sicherheitsrat so zu beeinflussen, dass die USA die nötige Zustimmung für ihren Krieg gegen den Irak erhalten. Ein Krieg, für den es keine UN-Resolution gab und der damit völkerrechtswidrig war.
Als Katharine Gun dieses Memo sah, verstand sie, was hier vorging: Ein illegaler Krieg wurde vorbereitet. Über verschiedene Kanäle spielte sie die NSA-Mail den Medien zu. Die Resolution blieb aus, der Krieg kam dennoch, und Katharine Gun wurde wegen Verletzung des 1989 in Kraft getretenen Official Secrets Acts angeklagt. Dieses von der Thatcher-Regierung verschärfte Gesetz sah vor, dass die Weitergabe, aber auch schon der Besitz brisanter Unterlagen als illegal galt, wenn die Regierung den Inhalt als für die nationale Sicherheit schützenswert ansah.
Der Film "Official Secrets" stellt Katharine Guns Hadern mit der politischen Lage, aber auch ihren moralischen Konflikt in den Mittelpunkt. Ihr war bewusst, dass sie sich strafbar machte. Aber war der Official Secrets Act nicht dazu gedacht, Leben zu retten? Wie konnte also das Verhindern eines illegalen Kriegs dagegen verstoßen? Der südafrikanische Regisseur Gavin Hood packt all das in einen spannenden Polit-Thriller, der die jüngste Vergangenheit lebendig werden lässt und zeigt, mit welchen Tricks eine politisch gewollte Situation gefördert wurde.
Zu ihrem Ehemann sagt Katharine im Film einmal: "Der Premierminister kann nicht einfach seine eigenen Fakten erfinden." Das klingt wie ein Kommentar auf den derzeitigen Status des Vereinigten Königreichs. Tatsächlich hätte "Official Secrets" zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können. Der Film zeigt gekonnt und mit sehr vielen Handlungselementen jonglierend, wie die Politik am Volk vorbei regiert und dabei oftmals nur die eigenen Interessen im Blickfeld hat.
Regisseur Hood, dessen Film "Tsotsi" 2006 mit dem Auslands-Oscar ausgezeichnet wurde, hat es geschafft, eine Geschichte, deren Ausgang bekannt ist, dennoch spannend zu erzählen. Das liegt auch daran, dass komplexe Sachverhältnisse leicht verständlich vermittelt werden. Hoods Film vermengt die Handlungsstränge über das Privatleben von Katharine Gun, über die Medien-Berichterstattung und über Guns Verteidigung vor Gericht zu einem imposanten Ganzen. "Official Secrets" ist ein wichtiger Film, weil er daran erinnert, dass es für jede Regierung Kontrollinstanzen geben muss. Damals versagte das System. Das Ergebnis ist bekannt: ein Krieg, der zwar einen Diktator stürzte, aber auch eine ganze Region ins Chaos und zu hunderttausendfachem Tod führte.
Quelle: teleschau – der Mediendienst