Wanda (Caroline Peters) versteht die Welt nicht mehr: Warum will ihre Tochter zum Islam übertreten?
Mit "Womit haben wir das verdient?" liefert Eva Spreitzhofer eine streitbare und hoch amüsante Komödie.

Womit haben wir das verdient?

KINOSTART: 24.01.2019 • Komödie • A (2018) • 92 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Womit haben wir das verdient?
Produktionsdatum
2018
Produktionsland
A
Laufzeit
92 Minuten

Filmkritik

Wenn die Tochter zum Islam konvertiert
Von Maximilian Haase

Was tun, wenn die eigene Tochter zum Islam konvertiert? Mit ironischer Finesse lotet die österreichische Culture-Clash-Komödie "Womit haben wir das verdient?" die Ambivalenz zwischen Toleranz und Kritik aus.

Die Linke und das linksliberale Bürgertum in Österreich haben es derzeit schwer. Eine rechte Regierung versucht, die Errungenschaften progressiver Kämpfe rückgängig zu machen und wird dabei von einem Großteil der Bevölkerung unterstützt. Wie auch in Deutschland stehen Geflüchtete und Migranten dabei ebenso im Fokus wie der Islam als solcher, der von liberaler Seite nicht selten gegen die Rechte verteidigt wird. Doch was, wenn die (noch) heile Welt der feministisch, atheistisch und liberal Gesinnten sich plötzlich selbst mit einem islamischen Weltbild konfrontiert sieht?

Dieses gewagte und gar nicht mal unrealistische Gedankenexperiment, dem sich die Houellebecq-Verfilmung "Unterwerfung" kürzlich als Groteske näherte, führt Eva Spreitzhofers Film "Womit haben wir das verdient?" als ironisch fein gestrickte Culture-Clash-Komödie fort. Die zentrale Frage der vielschichtigen Gesellschaftssatire lautet: Was tun und wohin mit der Toleranz, wenn die eigene Tochter zum Islam konvertiert?

Ein heißes Eisen

Für die vor allem in Wien ansässigen österreichischen Liberalen, die sich an schwierigen Entwicklungen traditionell anhand von Kunst und Kultur abarbeiten, scheint das Thema Islam ein ebenso heißes Eisen zu sein wie hierzulande. Ungern möchte man den Rechten in die Arme spielen, und überhaupt: Man will ja tolerant, offen und großherzig sein – verständlich, gerade angesichts der grassierenden autoritären Engstirnigkeit. Religionskritik, ursprünglich Essenz der Aufklärung, muss da erst mal zurücktreten. Regisseurin Eva Spreitzhofer schert sich darum nicht – und fasst das glühende Eisen kurzerhand an, wenn auch geschützt von einem humorerprobten Handschuh aus feinstem Satire-Stoff.

In ihrer von politisch relevanten Tönen und befreiendem Slapstick geprägten Persiflage auf ein in Teilen tatsächlich selbstgerechtes Milieu lotet die gebürtige Grazerin die Ambivalenzen der Toleranz aus. Im Mittelpunkt steht die Wiener Feministin und Atheistin Wanda, gespielt von Caroline Peters, der die Rolle auf den Leib geschnitten scheint. Wanda sieht ihre grundsätzlichen Überzeugungen auf die Probe gestellt, als ihre pubertierende Tochter Nina (Chantal Zitzenbacher) eines Tages ankündigt, sie wolle zum Islam konvertieren, ab sofort Schleier tragen und sich Fatima nennen.

"Keine gute Zeit für Wahlen"

So tolerant sich die früher hochaktive Frauenrechtlerin Wanda auch gibt – die Verhüllung ist für sie ein Zeichen für die Unterdrückung der Frau und nicht zu akzeptieren. Was hat sie nur falsch gemacht? Wohin ist die Zeit, als Komasaufen das größte Problem für die Tochter war? Nun, da Nina respektive Fatima Burkini trägt, auf Schweinefleisch verzichtet und mehrmals am Tag betet, fragt sich Wanda samt ihrer liberalen Patchwork-Familie, wie die eigentlich zum Feminismus erzogene Teenagerin wieder auf den Pfad der atheistischen Tugend kommt. Dass Ninas Vater und Wandas Ex-Mann (Simon Schwarz) mit seiner neuen Freundin ein Kind bekommt, macht den Umgang mit der Situation nicht stressfreier.

Mit spitzfindigen und klugen Dialogen, denen man zu gern das Label "österreichischer Humor" überstülpen würde, stellt "Womit haben wir das verdient?" auf lockere Weise unbequeme Fragen. Statt Multikulti-Traumwelten, die von sonstigen Cultur-Clash-Komödien mit guter Absicht oft erschaffen werden, zeigt das überaus streitbare Werk widersprüchliche Realitäten. So stört sich an der jungen Konvertitin vor allem eine Muslima, die sich für Frauenrechte im Islam engagiert: Hanife (Alev Irmak), die Mutter von Ninas Freundin Maryam (Duygu Arslan), befürchtet einen schlechten Einfluss auf ihre Tochter. Zu zeigen, dass der autoritäre Charakter der Religion auch im Islam lauert und dass gerade die Linksliberalen davor nicht die Augen verschließen dürfen, gelingt der Komödie vortrefflich.

Den Rechten geht der sehenswerte Film damit nicht auf den Leim: Am Ende applaudieren sich auch die Nazis und die Islamisten gegenseitig für ihre regressive Weltsicht. Schließlich, so begreifen es linker und rechter Diskurs nur selten, wollen beide über das Leben von Frauen bestimmen. Oder, wie Regisseurin Eva Spreitzhofer feststellt: "Rechte Nationalisten teilen sich das hinterwäldlerische Frauenbild der Islamisten. Keine gute Zeit für Wahlen, aber eine perfekte Zeit für eine Komödie, die sich dieser Themen annimmt." In der Tat.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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Caroline Peters 2022 bei der Premiere von "Der Nachname".
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