New York, spätes 19. Jahrhundert: Das pfiffige Straßenmädchen Emily Ernest lebt mit ihrer verwitweten Mutter in einer ärmlichen Gegend. Viel Zeit verbringt die Kleine im Laden ihrer Freundin, der unangepassten früheren Opernsängerin Dolores Hobbs, die wegen ihrer kämpferischen Reden für die Rechte der Frauen auch schon mal im Gefängnis landet. Erst nach und nach stellt sich heraus, dass Emily die einzige verbliebene Erbin der Gräfin von Liebenfels zu Arlingen ist. Als diese ihre Nachfolge regeln will, schickt sie den Familienanwalt Moritz von Havenegg nach New York, um die Enkelin nach Österreich zu holen. Dort soll sie ohne ihre Mutter zur würdigen Aristokratin erzogen werden und in die bessere Gesellschaft eingeführt werden
Frances Hodgson Burnetts Klassiker "Der kleine Lord" wurde bereits vielfach verfilmt, man denke nur an Jack Golds Der kleine Lord mit dem unvergessenen Alec Guinness und Rick Schroder. Regisseur und Kameramann Gernot Roll, der sich zuvor schon mit Ausstattungsfilmen wie "Die Manns - Ein Jahrhundertroman" oder "Friedrich Freiherr von der Trenck - Zwei Herzen gegen die Krone" historischer Stoffe annahm, inszenierte die Geschichte nun erstmals mit einer jungen weiblichen Hauptdarstellerin. Der "Kleine Lord" mutiert also zur jungen Gräfin, die Handlung wurde kurzerhand von England nach Österreich verlegt. Als mürrische wie hartherzige Gräfin, die schließlich doch noch ihr Herz entdeckt, zeigt Christiane Hörbiger ("Der Besuch der alten Dame") vor der beeindruckenden Kulisse des niederösterreichischen Schloss Grafenegg einmal mehr ihre schauspielerische Bandbreite, die junge Philippa Schöne gibt in ihrer ersten Filmrolle überhaupt die kleine Emily. Für Freunde des Romans von Frances Hodgson Burnett ist das Ganze sicher recht gewöhnungsbedürftig, zumal Rolls Version als reichlich kitschiges Märchen daher kommt, doch hat sich der Zuschauer mit dem Geschlechterwechsel erst einmal abgefunden, kann er sich "Die kleine Lady" getrost anschauen.
Foto: ZDF/Petro Domenigg