Diese Woche startet "Wo ist Anne Frank" in den Kinos. Ein Film, der einen neuen, zeitgemäßen (und erschreckenden) Blick auf ein bedeutendes Stück Weltliteratur wirft.
"Das Tagebuch der Anne Frank" gehört zu den bekanntesten Werken der Weltliteratur, viele Male schon wurde die Geschichte für Kino und TV verfilmt und neu erzählt. Aber noch nie so wie in "Wo ist Anne Frank". Der jüdische Filmemacher Ari Folman ("Waltz with Bashir") entwickelte mit dem Illustrator David Polonsky bereits 2017 eine Graphic-Novel-Version von "Das Tagebuch der Anne Frank", um das Thema zeitgemäß für ein junges Publikum aufzubereiten. Inzwischen hat der Sohn polnischer Holocaust-Überlebender auch einen dazugehörigen Film gedreht, der bereits in Cannes lief und nun im Kino startet: "Wo ist Anne Frank".
Anne Frank verfasste ihr Tagebuch zwischen 1942 und 1944, als sie sich mit ihrer jüdischen Familie vor den Nazis versteckte; die meisten Einträge entstanden in Amsterdam. Noch heute kann man dort die zum Museum umfunktionierte Wohnung in der Prinsengracht besichtigen, in der Anne Frank mit ihrer Familie ausharrte, ehe sie an die Nazis verraten wurden. In jenem Museum beginnt auch die Geschichte von "Wo ist Anne Frank".
Viele Einträge aus dem "Tagebuch der Anne Frank" sind in Brief-Form geschrieben und an verschiedene imaginäre Mädchen adressiert. Eines davon, Kitty, entsteigt nach einem schweren Sturm 2019 plötzlich dem Tagebuch im Anne-Frank-Haus. Wo ist Anne? Kitty macht sich auf die Suche nach ihrer Freundin, zunächst ohne zu wissen, in welcher Zeit sie sich befindet und was mit Anne passiert ist.
"Wo ist Anne Frank" wagt einen durchaus mutigen neuen Blick auf die bekannte Geschichte, die bis heute gerne als Lehrmittel in der Schule verwendet wird, und landet bei einer recht freien, aber pädagogisch wertvollen Interpretation mit poetisch-fantasievollen Animationsbildern. Dabei schlägt Regisseur Folman auch die Brücke von der Judenverfolgung bis in die Neuzeit, in der wieder Menschen auf der Flucht sind und sich verstecken, auch in Europa. "Wo ist Anne Frank" könnte man am Ende auch anders formulieren: Was ist geblieben von Anne Frank? Was haben wir aus ihrem Schicksal gelernt?