Hier geht's zur Brüllwitz-Ökumene: Ein Priester, ein Rabbi und ein angeblicher Imam unterbieten einander in niveaulosen Schmähungen, die scherzhaft gemeint sein sollen.
Die Gutmenschen-Töne sind der Lichtblick von "Ein Lied in Gottes Ohr". Eine Band mit Angehörigen der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam besingt "Zusammenleben", das "Lieben lernen", die Überwindung der Vorurteile. Sie wollen die Risse kitten, die in Frankreich zwischen den Konfessionen klaffen. Bei ihren Auftritten entzückt Priester Benoit (Guillaume de Tonquédec) mit hoher Stimmlage, der ehemalige Rabbi Samuel (Jonathan Cohen) mit Tanzeinlagen und der angebliche Imam Moncef (Ramzy Bedia) gibt Schmalz hinein. Einiges ist in diesem Film auch wirklich komisch. "Bist du jüdisch?", fragt Samuel eine begeisterte Konzertbesucherin, küsst sie und sagt:"Na, jetzt bist du's!" Oder die Reaktion der eifersüchtigen Produktionsmitarbeiterin Sabrina (Audrey Lamy), die eine andere Besucherin wegen ihrer Annäherungsversuche gegenüber Benoit wüst beschimpft. Der große Rest dieser angeblichen Komödie suhlt sich in peinlicher Vulgarität.
Mit der Band "Koexistenz", wie das Religions-Trio heißt, versucht Musikproduzent Nicolas (Fabrice Eboué) in die Erfolgsspur zurückzukehren. Der Konzern, zu dem sein Label gehört, setzt ihn mächtig unter Druck. Aber Kandidaten für den dringend gebrauchten Knüller gibt es wenige. Der schwule Gangsta-Rap aus der Vorstadt ist einfach zu martialisch, die Bikini-Pop-Interpretinnen zu jung. Die vage Erinnerung seiner Mitarbeiterin Sabrina an singende Rabbiner bringt ihn zu Samuel. Doch der steckt in der Krise, seit er eine Beschneidung blutspritzend vermurkst hat.
Als Sabrina den Priester Benoit aufstöbert, reift in Nicolas die Idee einer interkonfessionellen Band, die in einer scheinbar allgegenwärtigen Atmosphäre des Hasses gute Botschaften verbreitet. Zur Not muss der versoffene Herz-Schmerz-Sänger Moncef eben den Imam geben. Samuels Widerstand gegen das Vorhaben schwindet und bald erobert die Formation die Konzert-Bühnen des ganzen Landes. Nur verstärken sich während der Tournee die weltanschaulichen Spannungen zwischen den neuen Stars so extrem, dass ein Auseinanderbrechen unvermeidlich scheint.
Das Heilige und das Profane stehen sich zumindest in der christlichen Kunst manchmal sehr nahe. In der "Göttlichen Komödie", der wahrscheinlich wichtigsten Dichtung des Christentums, ist die Hölle mit furzenden Teufeln bevölkert. Das könnte milde stimmen gegenüber "Ein Lied in Gottes Ohr", zumal es sich ja dabei bloß um Unterhaltung handelt. Aber auch die kann Qualität vertragen.
Immer tiefer unter die Gürtellinie
Regisseur, Autor und Nicolas-Darsteller Fabrice Eboué nutzt das Recht aufs Profane, die Entweihung und Entwürdigung, als Freifahrtschein für den zotigen Schenkelklopfer-Humor um jeden Preis. Das Erstaunen seines Nicolas, dass seine zornige Frau Fellatio als Seitensprung begreift, ist weniger ein gelungener Gag als generelle Richtungsanzeige: Minute für Minute geht es tiefer unter die Gürtellinie und nach oben nur noch dann, wenn Benoit zynisch über gelbe Judensterne ulkt.
Entlang dieser Marschrichtungen sucht Eboué das Ergötzliche darin, dass seine Sakro-Pop-Barden sich abseits der Bühne möglichst deftig wechselseitig herabsetzen. Das jüdische Mitglied muss dabei bezeichnenderweise am meisten einstecken. Ein scheinbar hehres Anliegen erfährt eine verstörende inszenatorische Umsetzung. Versöhnung pervertiert zur Kraftprobe der Schmähung, Toleranz zur Geduldsprobe der Demütigung, Witz zur Waffe der Erniedrigung. Respekt, wo bist du?
Quelle: teleschau – der Mediendienst