Er galt als einer der größten schwedischen Schauspieler aller Zeiten: Max von Sydow. Erste Schauspielerfahrung sammelte der Sohn eines Ethnologen zunächst auf der Bühne, nachdem er schon während seiner Schulzeit Mitglied eines Theaterklubs war. Unter der Regie von Ingmar Bergman spielte er etwa in Tennessee Williams' "Die Katze auf dem heißen Blechdach", Ibsens "Peer Gynt" und Goethes "Faust". Seine ersten und zugleich bemerkenswerten Kino-Auftritte hatte er in Alf Sjöbergs "Rya Rya - Nur eine Mutter" (1949) und dem international erfolgreichen "Fräulein Julie" (1951). Gleich sein erster Film unter der Regie von Ingmar Bergman, "Das siebente Siegel" (1956), wurde richtungsweisend: Man nannte ihn von nun an einen Bergman-Schauspieler, obwohl er Dutzende von anderen Filmen gedreht hat. Hinfort war er sowohl mythischer Held als auch undurchschaubarer Finsterling, Licht- und Schattengestalt, Retter und Verräter. Oft war er ein von Seelenpein gebeutelter Unglücklicher, dem Wahnsinn nahe.
Solche Rollen verbanden ihn mit Bergman-Filmen wie "Wilde Erdbeeren" (1957), "Das Gesicht" (1958), "Am Anfang des Lebens" (1958), "Die Jungfrauenquelle" (1959), "Wie in einem Spiegel" (1960) und "Licht im Winter" (1961). Dann sah man Sydow erst wieder 1966 in einer Regiearbeit Bergmans: In "Die Stunde des Wolfs" stand er erstmals mit Liv Ullmann vor der Kamera. Er spielte einen Mann, der mit seiner Freundin auf einer einsamen Insel lebt und immer mehr von unerklärlichen Wahnvorstellungen heimgesucht wird. Und auch das Beziehungsdrama "Schande" (1968) war auf einer einsamen Insel angesiedelt, Sydow und Ullmann sind ein Musikerehepaar, das durch rätselhafte Bürgerkriegswirren aus seiner isolierten Existenz gerissen wird. Im Jahr darauf standen die beiden erneut miteinander für das Bergman-Drama "Passion" vor der Kamera, ein pannendes psychologisches Kammerspiel ist dagegen Bergmans "Berührungen" (1970, mit Elliott Gould). Unvergessen bleibt unter den zahlreichen Filmen, die Sydow mit Bergman drehte, aber immer die Szene im "Siebenten Siegel", wenn Sydow als Schattenbild vor dem nordischen Abendhimmel überlebensgroß erscheint und sein hager-asketischer Gesichtsausdruck das Blut gefrieren lässt. Dieser Ritter Antonius Blok, der von den Menschen zurückgezogen lebt und sich zum letzten Schachspiel mit dem Tod stellt, um dem Leben einen bislang verborgenen Sinn abzuringen, ist eine der großen Filmfiguren des Schauspielgiganten.
Außer bei Sjöberg und Bergman spielte er auch bei anderen schwedischen Regisseuren, so etwa in Vilgot Sjömans "Schlafwagenabteil" (1962) oder in Filmen von Jan Troell: "Hier hast du dein Leben" (1966), "Die Auswanderer" (1969), "Die Neubürger" (1971) und "Hurricane" (1978). Seit 1964 war Max von Sydow auch in amerikanischen Filmen zu sehen. So verkörperte er etwa - krass fehlbesetzt - den Christus in George Stevens' Bibelfilm "Die größte Geschichte aller Zeiten". Später stellte er meist düstere oder zwielichtige Personen dar, wie den Nazi in Michael Andersons "Das Quiller Memorandum: Gefahr aus dem Dunkel" (1966), einen fanatischen calvinistischen Eiferer in George Roy Hills "Hawaii" (1966), einen grausamen Mörder in Laszlo Benedeks Thriller "Der unheimliche Besucher" (1970), sowie jeweils den Priester in William Friedkins "Der Exorzist" (1973) und in John Boormans "Exorzist II" (1977).
Bereits Ende der Sechzigerjahre wurde auch Regie-Ikone John Huston auf von Sydow aufmerksam und besetzte ihn in seinem Spionagefilm "Brief an den Kreml" (1969). Sydney Pollack gab ihm eine Rolle neben Robert Reford und Faye Dunayway in seinem packenden Politthriller "Die drei Tage des Condor" (1975), in in Francesco Rosis gefeierten Politthriller "Die Macht und ihr Preis" (1975) stand er neben Frankreichs Kinostar Lino Ventura vor der Kamera, Stuart Rosenbergs Star besetztes Flüchtlings-Drama "Die Reise der Verdammten" (1976) zeigte ihn erneut mit Faye Dunaway und ebenfalls 1976 gehörte er zum internationalen Cast von Dick Richards Abenteuerfilm "Marschier oder stirb" mit Gene Hackman, Terence Hill und Catherine Deneuve.
Weitere internationale Auftritte folgten in Valerio Zurlinis "Die Tartarenwüste" (1976), "Der gekaufte Tod" (1979) war eine packender Sciencefiction-Thriller von Bertrand Tavernier mit Romy Schneider und Harvey Keitel, recht durchschnittlich gestaltete sich von Sydows zweite und letzte Zusammenarbeit mit John Huston in dessen Actionfilm "Flucht oder Sieg" (1981), John Milius holte ihn für "Conan - Der Barbar" (1981) neben Arnold Schwarzenegger vor die Kamera, und in Irvin Kershners James-Bond-Film "James Bond 007 - Sag niemals nie" (1983) gab er den Sean Connery-Gegenspieler Blofield. Ein glatter kommerzieller Reinfall war dagegen David Lynchs "Der Wüstenplanet" (1984), nicht viel erfolgreicher war auch Joseph Rubens Thriller "Höllische Träume" (1984), in dem von Sydow gekonnt einen teuflischen Arzt gab, der einen Killer in die Träume des US-Präsidenten einschleusen will. Ein packendes Künstlerdrama mit dem hervorragend aufgelegten Donald Sutherland stand im Jahr darauf mit der Filmbiografie "Die Augen des Wolfes" auf dem Drehplan.
Mit Kritikerlob überhäuft wurde danach Woody Allens Beziehungsstory "Hannah und ihre Schwestern" (1985) und einen untergetauchten KZ-Arzt verkörperte Sydow im gleichen Jahr in Gerald Thomas' Politkrimi "Die Narbe". Eine Glanzleistung seiner Schauspielkunst lieferte von Sydow 1988 mit der Rolle des Lasse in der Martin-Andersen-Nexö-Verfilmung "Pelle der Eroberer" ab, die ihm 1988 eine Oscar-Nominierung einbrachte. Ein eher durchschnittlicher Thriller mit Helen Mirren folgte mit Geoff Murphys Regiearbeit "Die Mörder warten schon" (1989), während Penny Marshalls Melodram "Zeit des Erwachens" (1990) ein gut gemeintes, zeitweise ergreifendes Plädoyer für bessere Bedingungen in der Psychiatrie war. 1991 sah man Sydow in der Ira-Levin-Verfilmung "Der Kuss vor dem Tode" und in "Bis ans Ende der Welt", Wim Wenders' Bild gewaltiges, aber letztlich spannungsloses Gemisch aus Zukunftsvision und Roadmovie. In Bestform präsentierte sich von Sydow dann in Fraser Clarke Hestons Stephen King-Adaption "Needful Things - In einer kleinen Stadt" (1993) als teuflischer Trödelwarenhändler, er überzeugte in Axel Cortis dreiteiliger Joseph-Roth-Verfilmung "Radetzkymarsch" (1994), und in Chris Gerolmos Justizdrama "Citizen X" (1995) brillierte er neben Donald Sutherland als Dr. Alexandr Bukhanovsky.
Ebenfalls 1995 stand er mit Sylvester Stallone für das actiongeladene Sciencefiction-Spektakel "Judge Dredd" vor der Kamera, Bille August, mit dem er nach "Pelle der Eroberer" 1992 auch in dem Familienepos "Die besten Absichten" zusammengearbeitet hatte, besetzte ihn erneut in seiner Selma-Lagerlöf-Verfilmung "Jerusalem", bevor man ihn als König David in Roger Youngs "Die Bibel - Salomon" (1997) bewundern konnte. Ebenfalls 1997 entstanden der Thriller "Im Fahrwasser des Todes", in dem Sydow einen Admiral spielte, und Lamberto Bavas Fantasyfilm "Die falsche Prinzessin", 1999 sah man ihn in einer kleinen Rolle in dem gefeierten Drama "Schnee, der auf Zedern fällt". Klasse war auch sein Zeuge Samuel Rosenman in Yves Simoneaus herausragend besetzten Geschichtsdrama "Nürnberg - Im Namen der Menschlichkeit" (2000), in dem spanischen Thriller "Intacto" (2001) war er einer der Männer, die sich zu einem Spiel auf Leben und Tod treffen, und in Spielbergs Sciencefiction "Minority Report" (2002) war er an der Seite von Tom Cruise zu bewundern.
Den Waffenschmied Eyvind gab er danach in Uli Edels durchaus überzeugend inszenierter Fantasyarbeit "Die Nibelungen" (2004), Julian Schnabel besetzte den großen alten Mann in seiner Jean-Dominique-Bauby-Verfilmung "Schmetterling und Taucherglocke" (2007) und Jackie Chan und Chris Tucker waren seine Partner in Jeff Nathansons Actionkomödie "Rush Hour 3" (2007). 1987 drehte von Sydow unter eigener Regie den Film "Katinka". In den Achtziger- und Neunzigerjahren übernahm er auch vielerlei Rollen im Fernsehen.
Neben seiner Oscar-Nominierung erhielt Max von Sydow zahlreiche Auszeichnungen. 1988 erhielt er für "Pelle der Eroberer" den europäischen Filmpreis "Felix". Für seine TV-Rolle als der umstrittene Nobelpreisträger "Hamsun" (1996) unter der Regie von Jan Troell wurde er zum dritten Mal mit dem "Guldbagge" ausgezeichnet. Von Sydow kam in der südschwedischen Universitätsstadt Lund zur Welt, sein Vater machte ihn schon in frühester Kindheit mit der nordischen Helden- und Sagenwelt vertraut . Max von Sydow genoss später seine Bühnenausbildung an der Schule des Königlichen Theaters in Stockholm. Dort lernte er Kjerstin Olin kennen, die er 1951 heiratete. 1951-1953 war er am Städtischen Theater in Norrköping-Linköping, 1953-1955 in Helsingborg, 1955-1960 am Stadsteater Malmö unter Ingmar Bergman. 1960 ging er ans Königliche Theater Stockholm. 1977 debütierte er am Broadway, 1980 trat er in einer Inszenierung von Shakespeares "Sturm" am Old Vic in London auf. 1996 liess er sich von seiner ersten Ehefrau scheiden. Seit April 1997 war er mit Cathrine Brelet verheiratet. Am 8. März 2020 verstarb Sydow im Alter von 90 Jahren in seiner Wahlheimat Frankreich.
Weitere Filme mit Max von Sydow: "Die Liebenden vom Gulbrandstal" (1953), "Das Recht zu lieben" (1956), "Herr Sleeman kommer", "Der Pfarrer in Uddarbo" (beide 1957), "Sieben reiten in die Hölle (1964), "Hier hast du dein Leben" (1966), "Das Tagebuch der Anne Frank" (1967), "Der Killer in der Botschaft - Die rote Spur" (1971), "Krieger der Apokalypse" (1975), "Verstecktes Ziel" (1978), "Flash Gordon" (1980), "Christopher Columbus", "Codename: Emerald" (beide 1985), "Der Denunziat" (1985), "Schatten des Verdachts" (1990), "Brennende Erde", Lars van Triers "Europa" (Sprecher, beide 1990), "Der Klang der Stille", "Die besten Absichten" (beide 1992), "Private Confessions" (1995), "Hinter dem Horizont" (1998), "Vercingétorix - Kampf gegen Rom" (1999), "Corpus Dei - Der blutige Weg Gottes" (2006), "Emotional Arithmetic" (2007), "Ein Mann und sein Hund" (2008), "Shutter Island", "Robin Hood", "Oskar und die Dame in Rosa" (alle 2010), "Extrem laut und unglaublich nah" (2011), "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen der Macht" (2015).
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