Die frisch restaurierte Stummfilm-Adaption des Shakespeare-Klassikers um den Dänenprinzen Hamlet bietet eine reizvolle Variante unter den zahlreichen Verfilmungen: Der eigenwilligen Interpretation der Stummfilm-Diva Asta Nielsens nach war Hamlet eine Frau, die aus Gründen der Staatsräson als Prinz ausgegeben werden musste. Die unterschwelligen ödipalen Konflikte, die Shakespeare seinem melancholischen Hamlet zuschreibt, verlagern sich im Film auf die Konflikte einer jungen Frau, die ihre heimlichen Leidenschaften nicht ausleben darf. Das durch Asta Nielsens eigene Produktionsfirma hergestellte Werk wurde der erste große internationale Erfolg des deutschen Films nach dem Ersten Weltkrieg. Als Drehorte dienten die mittelalterlichen Festungstürme, das gotische Rathaus und der prächtige Kaisersaal der kleinen Stadt Goslar im Harz. Die Innenaufnahmen entstanden auf dem Berliner Flugplatz Johannisthal, wo eine mächtige Glashalle zum Filmatelier umgestaltet wurde. Asta Nielsen, 1881 in Kopenhagen geboren, feierte ihr Filmdebüt in "Abgründe" (1910) von Urban Gad, der zu ihrem Ehemann wurde. Für ihn stand sie noch des Öfteren vor der Kamera, bevor sich auch Regisseure wie Ernst Lubitsch, Leopold Jessner und Georg Wilhelm Pabst für die Schauspielerin interessierten. Durch ihre Interpretation dunkler und extremer Frauenfiguren wurde Asta Nielsen zum Stummfilmstar und wirkte in knapp 80 deutschen Filmen mit. Mit ihrer präzisen Körpersprache und androgynen Erscheinung war sie für die Rolle des weiblichen Hamlet geradezu prädestiniert. Die kämpferische, leidenschaftliche und fortschrittlich denkende Frau starb 1972.