Gestählte Körper, aufopferungsvolle Helden, leicht bekleidete, tanzende Frauen und niederträchtig wirkende, rattengleiche Bilder von Juden prägten das Bild des Nazi-Films. Das Kunstverständnis, die Kunstästhetik und die Ideologie des Dritten Reiches spiegelt sich vor allem auch im Film wider. Diesen Fakt untersuchte Regisseur Marcel Schwierin und zeigt ausschließlich mit Originalausschnitten von Spiel-, Werbe- und Dokumentarfilmen aus den Jahren 1919 bis 1945 die Wirkung der nationalsozialistischen Visionen und deren Faszination fürs Volk.
Marcel Schwierins wechselt leider ständig zwischen gekonnter Betrachtung und plakativer Meinungsmache hin und her. Gelingt ihm etwa mit der Betrachtung der Bildsprache von Leni Riefenstahls "Triumphs des Willens" (vor Kraft strotzende Körper, gottgleich von unten fotografiert) und dem üblen Machwerk "Der ewige Jude" (die Kamera zeigt verkommene Subjekte von oben herab) ein bemerkenswerter Vergleich, so lässt er nicht ins Bild passende Fakten einfach außen vor. So bezeichnet er etwa Fritz Langs "Die Nibelungen (1): Siegfried" (nicht gänzlich falsch) als Vorläufer der Nazi-Filmästhetik, versäumt dabei aber gleichzeitig, das gerade Fritz Lang vor seiner Emigration mit "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" und "Das Testament des Dr. Mabuse" Filme drehte, die von den Nazis verboten wurden (auch wenn Langs damalige Ehefrau und Drehbuchautorin Thea von Harbou sich von diesen vereinnahmen ließ), zeigt später dann sogar einen Ausschnitt aus eben jenem verbotenen "M - Eine Stadt sucht einen Mörder" um das schlechte Bild von Juden zu demonstrieren, obwohl gerade dieses Werk verboten wurde, weil der jüdische Mörder (brillant: Peter Lorre) zu menschlich und bedauernswert gezeigt wird. Ebenso wird Detlef Sierck (auch er emigrierte zunächst in die Niederlande und arbeitete später als Douglas Sirk in Hollywood) mit seinen oft in Naturbildern badenden Melodramen als Vorläufer des Nazi-Heimatfilms genannt. Dann endet Schwierin mit der Plattitüde, dass man froh sein könne, dass das Dritte Reich nur 12 Jahre gedauert habe und einem derlei Ästhetik nicht 1000 Jahre bevorstanden. Dabei hat er wohl vergessen, dass es gerade die umstrittene Leni Riefenstahl war, die mit ihren Filmen und ihren Fotografien derart viele Innovationen einführte, ohne die heutige Werke in Film, Fotografie, Sportberichterstattung und Werbung beinahe völlig undenkbar wären. Dennoch gelang Schwierin ein bemerkenswertes Stück Filmgeschichte, das allerdings der Debatte bedarf.
Foto: Neue Visionen