Was in Erinnerung bleibt, ist ihre Darstellungskraft und der Blick aus ihren hellblauen Augen, der scheinbar durch einen durch geht und alles - aber auch wirklich alles - registriert. Und so ist sie auch in ihren Rollen: Vollkommen anwesend - bis ins kleinste Detail! Ina Weisse ist die Frau für Nebenrollen. Ein Los, das sie selber gewählt hat. Denn sie spielt lieber in der zweiten Reihe, wenn das Ganze stimmt, statt die Hauptrolle in einem peinlichen Machwerk. Eigentlich schade, denn das Talent, das sie mitbringt und vor der Kamera auslebt, sollte nicht im Verborgenen bleiben.
Begonnen hat die Karriere der medienscheuen Schauspielerin am Nationaltheater in Mannheim, wo die 1968 geborene Berlinerin direkt nach ihrer Ausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München ein Engagement bekam. Mit 24 Jahren verlässt sie Mannheim und das Nationaltheater und zieht zum Philosophiestudium nach Heidelberg, später führt sie ihr Weg nach Hamburg, wo sie an der Universität Filmregie studiert. Ihr dortiger Professor und Lehrmeister war Hark Bohm. Mit ihrem Abschlussfilm "Alles anders" liefert sie ein erfolgreiches kleines Werk ab, das vielfach ausgezeichnet wird und unter anderem den First Steps Award 2002 erhält.
Ihren ersten Auftritt vor der Kamera hat sie 1994 in der TV-Serie "Verliebt, verlobt, verheiratet". Kurze Zeit später sieht man sie in "Brüder auf Leben und Tod". Rolf Silbers Komödie "Echte Kerle" ist 1996 ihr Kinodebüt. In den nächsten Jahren folgen weitere Rollen in verschiedenen TV-Produktionen, so dass sich Ina Weisse - langsam aber sicher - in das Gedächtnis der Zuschauer spielt. Vor allem ihre tiefe, leicht rauchige Stimme ist etwas, was beim Publikum - neben den blauen Augen - in Erinnerung bleibt.
Besondere Aufmerksamkeit erlangt sie 2006 als Architektin Irene in "Nichts als Gespenster" nach Judith Hermanns Erzählungen und in der ZDF-Serie "Doktor Martin" (2007), wo sie als resolute Grundschullehrerin Thea Sonnabend für Abwechslung im Praxisalltag und für das ein oder andere "Knistern" zwischen ihr und dem verschrobenen Arzt sorgt. In der Tatort-Folge "Tatort - Bevor es dunkel wird" verzichtet sie einmal auf ihren ausdrucksstarken Blick. Als "Halb-Blinde" verschwinden die blauen Augen öfters hinter einer dunklen Sonnenbrille. Doch ihr Spiel überzeugt auch ohne direkten Augenkontakt - im wahrsten Sinne des Wortes - in jedem Augenblick. Und 2008 versuchte sich sich leider wenig überzeugend mit dem Drama "Der Architekt" auch als Regisseurin.
Klasse ist dagegen ihre Rolle einer mit allen Wassern gewaschenen Strafverteidigerin, die sich in Matti Geschonneks Drama "Das Ende einer Nacht" (2012) ein furioses Duell mit einer Richterin (Barbara Auer) liefert, die die Schuld ihres Mandanten beweisen will, der seine Frau vergewaltigt haben soll. Für ihre vorzügliche schauspielerische Leistung wurde Ina Weisse ebenso wie Barbara Auer 2012 jeweils mit dem Deutschen Fernsehpreis als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet.
Weitere Filme und Serien mit Ina Weisse: "Weihnachten mit Willy Wuff II - Eine Mama für Lieschen" (1995), "Tatort - Heilig Blut" (1996), "Ein Vater unter Verdacht", "Trügerische Nähe", "Die Sexfalle", "Weihnachten mit Willy Wuff: Mama braucht einen Millionär" (alle 1997), "Single sucht Nachwuchs", "Der Dreckige Tod" (beide 1998), "Das Verflixte Babyjahr - Nie wieder Sex?!" (1999), "Liebestod" (2000), "Ausgeliefert", "Im Visier der Zielfahnder" (TV-Serie), "Zwei Affären und eine Hochzeit", "Der Elefant - Mord verjährt nie" (TV-Serie, alle 2002), "Katzenzungen", "Sams in Gefahr" (beide 2003), "Die Patriarchin" (TV-Serie), "Schneeland", "Der Ermittler" (TV-Serie), "Kanzleramt" (TV-Serie, alle 2005), "Blackout - Die Erinnerung ist tödlich" (TV-Serie, 2006), "Im Namen des Gesetzes" (TV-Serie), "Duell in der Nacht" (beide 2007), "Mutig in die neuen Zeiten - Alles anders", "Die Weisheit der Wolken" (beide 2008), "Tatort - Schiffe versenken", "Polizeiruf 110 - Falscher Vater" (beide 2009), "Im Dschungel", "Der Verdacht", "Tod in Istanbul", "Amigo - Bei Ankunft Tod" (alle 2010), "Mord in Ludwigslust" (2011), "Tatort - Dinge, die noch zu tun sind", "Der Teufel von Mailand", "Tod an der Ostsee", "Adieu Paris" (alle 2012).