Immer mehr Menschen weltweit spüren in sich ein Gefühl von Isolation – in einer Welt, die offiziell stets von den Chancen der globalen Vernetzung spricht. Die sehenswerte ZDF-Dokumentation beleuchtet ein Tabu-Thema.
Die in immer neuen Wellen heranbrandenden Herausforderungen durch das Corona-Virus haben Experten zufolge ein weltweites Sozialphänomen weiter verstärkt: Sie sprechen von der "Epidemie der Einsamkeit". Immer mehr Menschen fühlen sich abgehängt und alleingelassen, wie die beklemmende neue Hauptabend-Dokumentation "Allein und unter Millionen" zeigt.
Selten war das Missverhältnis in der Wahrnehmung des Miteinanders größer: Zwar bieten vor allem die digitalen Medien die Chance zur globalen Vernetzung. Doch in der Praxis finden immer weniger Mitbürger einen Ansprechpartner, der sich echt auf sie einlässt. Einsamkeit kann auf Dauer krank machen.
Tennisprofi Andrea Petković, die die Filmemacher Anne Kauth, Roger Melcher und Rita Stingl als Protagonistin für das Doku-Projekt gefunden haben, kennt das Gefühl von schmerzhafter Vereinzelung nur zu gut. Ihr Engagement bei internationalen Tennisturnieren bringt es mit sich, dass sie oft Tausende Kilometer von Zuhause entfernt viel zu viel Zeit mit sich selbst zu verbringen hat.
Nach einem gewonnenen wie einem verlorenen Spiel fühlt sie sich oft fehl am Platz, die Anonymität der Hotels verstärkt die Isolation. Petković, die inzwischen auch als ZDF-Sportmoderatorin tätig ist, führt durch die Dokumentation und bricht mit ihrer persönlichen Offenheit ein Thema auf, das oft als Tabu gilt.
Dabei will der Beitrag auch Auswege aufzeigen. Der Versuch, wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, ist einer der wichtigste. Dabei helfen oft praktische Tätigkeiten: Man geht gärtnern, schreinern oder entdeckt das Backen für sich. Fachleute in Großbritannien "verschreiben" sogar schon Gesellschaft "auf Rezept": "Social Prescribing" nennt sich das Projekt, bei dem Menschen wieder mit Mitmenschen in Kontakt gebracht werden sollen.
Denn die Folgen der Vereinsamung sind erdrückend – nicht nur für die persönliche Gesundheit, auch volkswirtschaftlich betrachtet. Die CDU-Politikerin Diana Kinnert hat sich schon länger mit dem Thema und den entsprechenden gesellschaftlichen Herausforderungen beschäftigt. "Wir haben ein Einsamkeitsproblem", sagt sie. "Unser Gemeinwesen ist mit einer neuen Form von Vereinzelung konfrontiert. Es kann dazu führen, dass sich ein Gemeinwesen nicht mehr als Gemeinwesen fühlt, dass Solidarität abnimmt, dass kein Zusammenhalt da ist, dass Spaltung zunimmt."
ZDFzeit: Allein unter Millionen – Di. 22.02. – ZDF: 20.35 Uhr