Die bayerischen Brass-Rebellen von LaBrassBanda melden sich mit neuem Album und dazugehöriger Tour zurück. Das neue Album besticht durch noch ungewöhnlichere Sounds, und die Mannen um Stefan Dettl fügen ihrem Mix aus bayerischer Blasmusik, Pop, Rock, Ska und Punk sogar noch Hip-Hop-Anklänge hinzu. prisma hat mit Stefan Dettl gesprochen.
„Polka Party“ heißt Euer neues Album. Musikalisch ist es um einiges experimenteller. Im Anfangstrack „Almaty“ etwa hört man Hip-Hop-Anleihen. Neben dem Punk, mit dem man Euch verbindet, mal was Neues, oder?
Supercool, dass Du das heraushörst. Genauso muss es sein. Wir scheinen mit den Bläsern zunächst einmal etwas beschränkt im Sound zu sein, aber eigentlich haben wir ja wieder wahnsinnig viele Freiheiten, weil es unseren Sound in dem Sinne ja eher seltener gibt. Also, dass jemand mit Blasinstrumenten wirklich Punk macht oder Rock oder eben so eine Art Hip-Hop. Es ist dann natürlich sehr spannend, zu sehen, was da rauskommt.
Es ist erstaunlich, was Ihr an unterschiedlichen Stilrichtungen aus den Instrumenten herausholt. Wie läuft der kreative Prozess bei Euch ab?
Ich mache meist die Vorproduktion, spiele ein bisschen Trompete, ein bisschen Tuba, ein bisschen Posaune. Alles nicht so gut (lacht). Wenn ein Grundgerüst da ist, müssen die Profis ran. Und dann probieren wir aus, ob das wirklich alles so passt. Dann kommt der Schlagzeuger, und wir schauen, welcher Geruch dabei herauskommt.
Über Euren Texten schwebt immer so ein bisschen dieses bayerische Lebensgefühl und auch der besondere Zusammenhalt, diese Geselligkeit, die Freiheit. Beim genaueren Hinhören steckt da aber immer auch ein wenig mehr dahinter. Wenn Du vielleicht mal kurz für uns auf die Inhalte eingehen könntest. Welche Botschaften gibt es da?
Die Gemeinschaft ist uns wichtig, und so hätten wir es in Bayern auch gern – auch wenn es hier mitunter sehr gut funktioniert. Der Zusammenhalt ist da, auch die Gemeinschaft, es ist weltoffen, es ist bunt. Das funktioniert schon im Kleinen auf dem Land, das Zwischenmenschliche ist da super. Aber die Bayern haben auch ein Riesenproblem, dass sie auf der anderen Seite wahnsinnig arrogant sind und es im Bundesland nur noch um Superlative geht: Wir haben die Besten, sind die Besten, whatever. Und das ist ganz furchtbar.
Also plädiert Ihr für ein wenig mehr Understatement? Die Marke „Bayern“ ist ja nun einmal sehr stark, aber es stimmt schon, im Rest der Republik kommt es mitunter schon ein wenig so rüber wie Du es sagst: Keiner kann gegen uns anstinken.
Ja, dieses Mia san mia. Kein Mensch versteht noch, woher das eigentlich kommt, und wieso das so sein soll. Wir sind sehr häufig im Ausland aufgetreten und haben dadurch eine Demut gelernt, die dem widerspricht. Wenn wir auf einem Weltmusikfestival spielen dürfen, dann weil es um die Musik, um unsere Musikalität geht. Darüber hinaus vielleicht noch, wie du menschlich bist, wie du mit deiner Crew umgehst, wie du in deiner Band bist. Und wenn die Leute das cool finden, dann wirst du da akzeptiert und gehörst dazu. Das ist wahnsinnig schön. Und das versuchen wir immer wieder nach Bayern reinzubringen: Hey, vergesst nicht bei dem ganzen Lauten, bei dem schrillen Getöse, es geht um das Zwischenmenschliche, es geht um das Miteinander. Das gibt es bei Euch im Rheinland ja auch. Wir merken das immer, wenn wir in eine neue Region kommen, da setzt man sich zusammen, trinkt ein Bierchen, auch wenn es mal einen blöden Spruch gab. Man darf nicht so überempfindlich sein. Das muss Bayern mitunter noch lernen. Aber wir probieren alles (lacht).
Stichwort „Völkerverständigung“: Damit kennt Ihr Euch ja aus, schließlich seid Ihr schon ganz zu Anfang sehr häufig auch im Ausland aufgetreten, auch im Auftrag verschiedener Kulturinstitutionen. Hat Euch das irgendwie, um Deinen Begriff von eben zu verwenden, demütig gemacht?
Das Schöne ist doch, dass du als Musiker gar nicht anders kannst. Du fängst an – wir haben Musik studiert - und danach war uns klar, dass wir Konzerte geben müssen, raus müssen. Unsere erste Einladung kam aus Gorazde in Bosnien, dann waren wir in Italien, dann irgendwo in England. Du schläfst ja dann auch nicht in Hotels oder so, du schläfst halt irgendwo in einem Nebenzimmer in dem Club, wo du aufgetreten bist. Du bist einfach froh, wenn du einfach einen schönen Auftritt hast, vielleicht nette Menschen kennenlernst. So sind wir eigentlich sozialisiert worden. Dazu kamen dann die anderen Kulturen, die anderen Ortschaften. Das war unser Antrieb.
So ein wenig wie auf einer Klassenfahrt?
Der Ausdruck passt. Wie ein Haufen 16-Jähriger. Und wenn du dann wieder zuhause bist, muss erstmal der Schlaf nachgeholt werden. Touren ist anstrengend.
Viele Eurer Auftritte sind in Süddeutschland, aber zwischendurch sind auch immer mal wieder Ausreißer dabei, die Euch aus Bayern herausführen. Gibt es bei den Konzerten Unterschiede für Euch, je nachdem, wo Ihr auf der Bühne steht?
Das ist sehr lustig, denn die Konzerte in den Ortschaften, die vielleicht nur 40 oder 50 Kilometer weg sind, das sind oft die coolsten Orte. Cool im Sinne, dass wir die häufig gar nicht so richtig kennen. Ich meine, wir haben jetzt schon so 1500 Konzerte gegeben, dann müsste man ja eigentlich denken, dass wir alles schon kennen. Aber da ist uns Hamburg manchmal sogar näher als Wasserburg-Süd (lacht).
Eure Auftritte finden ja manchmal auch an den skurrilsten Orten statt. Ist das auch ein wenig Eurer Abenteuerlust geschuldet? Von wegen: Wir probieren das jetzt einfach mal aus und lassen uns darauf ein?
Ja und nein. Hauptsächlich ist es ja dem geschuldet, dass wir häufig so nette Anschreiben bekommen: Hey, wir haben ein kleines Dorffest. Unsere Ortschaft hat 200 Einwohner. Aber wir haben ein riesengroßes Zelt mit 2000 Plätzen, wollt Ihr nicht bei uns auftreten? Und dann merkt man ziemlich schnell, ob die Organisation da super ist, ob die sich wirklich Mühe geben, ob die wirklich Bock haben, oder nicht. Und wenn das schon sympathisch rüberkommt und fundiert ist, dann machen wir das. Häufig sind so Hobby-Veranstalter viel professioneller und cooler als so größere Geschichten.
Ihr habt mit den Ärzten getourt, die Toten Hosen lieben die „Biermösl Blosn“. Gibt es eine besondere Verbindung zwischen Punkrock und bayerischer Blasmusik?
(lacht), Ja klar, wir sind mit unserer Musik und den Auftritten schon sehr nah am Punk, das hat immer schon funktioniert. Wir haben auch eine enge Verbindung zu The Damned, den Punk-Pionieren aus England mit Captain Sensible. Der war schon bei uns in Bayern und hat mit uns aufgenommen. Wir waren Support auf ihrer England-Tour. Das funktioniert, weil der Punk direkt ist, roh. Zudem geht es auch um das Menschliche, das Sich-gern-haben irgendwie. Das funktioniert bei uns ziemlich ähnlich.
Das neue Album "Polka Party" gibt es im Band-Shop für 18€ auf CD.