Demnächst in "Tod im Internat" zu sehen

Martin Feifel: Der Mann für die undurchsichtigen Rollen

von Eric Leimann

Martin Feifel ist ein Schauspieler, der die Zuschauer verwirrt. Oft spielt er Bösewichte oder zumindest Typen, in denen es auf animalische Art brodelt. Trotzdem will man diesen Mann, der an etwas Unbestimmtem leidet, in den Arm nehmen.

Der 53-jährige Münchner Martin Feifel ist der Bürgerschreck des deutschen Fernsehens. Oft spielt er Mörder, Verdächtige oder zumindest Charaktere, deren dunkle Seite ziemlich atmosphärisch aus ihnen herausstrahlt. Manche Krimi-Produzenten sagen ihm, dass sie ihn nicht besetzen können, weil dann jeder Zuschauer von Anfang an zu wissen glaubt, wer's gewesen ist. Feifel macht auch deswegen Angst, weil bei ihm das Dunkle so traurig ist. Eine Paraderolle dieser Art spielte er im Mai 2017 im Münchner "Tatort: Die Liebe, ein seltsames Spiel". Da verkörperte er einen wohlhabenden Architekten, der sich gleichzeitig in mehreren Liebesbeziehungen befand. Auch seine neue Rolle hat wieder etwas Brüchiges, Irritierendes. Im zweiteiligen Polit-Thriller "Tod im Internat" (Montag, 9. Oktober, und Mittwoch, 11. Oktober, 20.15 Uhr, ZDF) spielt Feifel einen im Untergrund lebenden Polit-Aktivisten, der seine bürgerlich gewordenen Mitstreiter von einst an ihre dunkle Vergangenheit erinnert. Ein echter Feifel-Moment also.

Auch, wenn man ihm gegenübersitzt, hört das Widersprüchliche, das dieser Mann immer wieder in seinen Rollen zeigt – und weswegen man ihm so gern beim Spielen zusieht – nicht auf. Athletisch und durchtrainiert wirkt der nicht mehr ganz junge Körper immer noch, weshalb auch Feifels Rollen meist etwas sehr Körperliches haben. Tatsächlich ist der Bayer aber ein Mann der Schmerzen. Feifel hat es chronisch im Rücken, lebt nur mit Ibuprofen 800. In ihm drin sitzt eine Titanfeder, die ihn stützen soll. Der Schauspieler leidet an chronischen Entzündungen und Arthrose der Wirbelsäule. Sein Arzt sagt, er müsse damit leben.

Früher, und da täuscht der äußerliche Eindruck nicht, habe er viel Sport getrieben: Leichtathletik im Leistungsmodus, Paradedisziplin Mehrkampf. Das Körperliche, auch das traurig Körperliche, war es, das den Sohn des Chirurgen und Universitätsprofessors Gernot Feifel an die Bühne brachte. Martin, der noch drei Geschwister hat, die allesamt in nicht künstlerischen Berufen arbeiten, spürte früh eine Faszination für die traurigen Clowns vom Zirkus. Er besuchte eine Akrobatikschule, die er allerdings wegen seiner beginnenden Probleme mit dem Körper abbrechen musste. Feifel absolvierte die Schauspielschule in Bochum und spielte etwa zehn Jahre fest am Theater. In Bochum fühlte er sich sechs Jahre unter Regisseur Frank-Patrick Steckel sehr wohl, am Hamburger Thalia-Theater kam er mit Jürgen Flimm weniger gut zurecht.

"Es sind Typen, die kaputt sind"

Im Fernsehen sah man Feifel, der auch mal einige Zeit im "Bergdoktor" mitmischte, anfangs als Liebhaber und dann immer öfter als Antagonisten, der selbst dann ein dunkles Geheimnis ausstrahlte, wenn es im Drehbuch nicht drin stand. "Tatsächlich spiele ich viele Rollen, bei denen man denkt: Der explodiert gleich und dann passieren ganz schlimme Sachen. Es sind Typen, die kaputt sind, eine schlimme Vergangenheit haben. Natürlich habe ich oft den Bösewicht gespielt. Das kann ich auch ganz gut. Aber ich versuche, mich aus dieser Ecke zu befreien."

Immerhin sehen Feifels Rollen mittlerweile oft so aus, dass sie fast schon um Verständnis für die dunkle Seite des Lebens werben. So wie sein Architekt im "Tatort: Die Liebe, ein seltsames Spiel" oder auch ganz aktuell im Zweiteiler "Tod im Internat". In der herausragenden ARD-Miniserie "Das Verschwinden" von Hans-Christian Schmid (ab Sonntag, 22. Oktober, 21.45 Uhr) darf Feifel sogar einen aufrechten Polizisten spielen, der zu den hellsten Charakteren eines ansonsten ziemlich dunklen Figurenensembles zählt. Traurig wirkt Feifel aber auch in dieser Rolle. Wenn in der niederbayerischen Provinz junge Mädchen verschwinden, ist das natürlich auch nicht zum Lachen.

Bleibt dieser Schauspieler dem Zuschauer deshalb so stark im Gedächtnis, weil er ihn daran erinnert, dass das Böse eben immer menschlich ist? Dass jeder von uns diese Anteile in sich drin trägt? "Ich finde schon", erzählt der Schauspieler in einem Konferenzraum des ZDF-Landesstudios Hamburg, wo er den Politthriller "Tod im Internat" bewerben soll. "Besonders, wenn eine Figur eine dramaturgische Fallhöhe hat und sich der Zuschauer in der Figur sehen kann. Zur Faszination des Bösen gehört ja auch der Effekt, dass man da, wo etwas Dramatisches, Schlimmes passiert, hinschauen muss. Wie das Gesetz der Schwerkraft, das den Menschen immer nach unten zieht. Aus dem muss oder kann man sich immer wieder mühevoll ins Helle zurückarbeiten."

Al Pacino und Robert De Niro als Vorbilder

Vorbilder fand der junge Martin Feifel in den Giganten des in Amerika so populären Method Acting, bei dem man sich das Leben der Figur sozusagen mit Haut und Haaren aneignet. Al Pacino und Robert De Niro hatten es dem jungen Münchner damals angetan. Auch am Theater versuchte er, seinen Rollen diese Natürlichkeit mitzugeben, obwohl an deutschen Theatern eine andere Tradition populär gewesen sei, bei der man vor die Rolle noch etwas Verfremdendes, "künstlerisch Davorgesetztes" gepfropft habe. Martin Feifel gibt zu, als Schauspieler nicht immer ausgebucht zu sein. Obwohl es gerade so wirkt, als sähe man ihn ständig. Sein Agent und seine Lebensgefährtin sagten ihm, es gäbe einfach nicht genug Rollen für einen wie ihn. Vielleicht gehe er deshalb tatsächlich irgendwann ganz ans Theater zurück.

Das wäre zwar schön für die Menschen im Saal, aber traurig für die zahlenmäßig ungleich größere Gruppe der Fernsehzuschauer, für die Martin Feifel mit seinen Rollen aus mittelprächtigen oft gute und aus guten Filmen sehr gute macht. Weshalb er überhaupt spiele, wenn es doch so aussieht, als leide er an jeder Rolle auch ein ganzes Stück weit? "Es ist toll, wenn man die Möglichkeit hat, immer wieder in neue Figuren einzutauchen. Das Spielen hat durchaus auch etwas Therapeutisches – man hinterfragt sich laufend selbst", sagt er. "In der Rolle kann Sicherheit und Kraft gefunden werden, denn ich weiß: Es gibt einen starken Text, ich habe ein starkes Umfeld. Ich bin in Kostüm und Maske. Da ist Kamera, Licht, Regie und vor allem gute Kollegen, wo es gilt, sich spielerisch zu vertrauen, sich aufeinander einzulassen." Zu Beginn seiner Karriere, erinnert sich Martin Feifel, wäre es auch eine Flucht in die Rolle gewesen, die ihn stabiler machte. Keine Frage – dieser Mann und sein Spiel sind alles andere als leichte Unterhaltung.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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