Martin Suter und Christoph Schaub sind die Macher des Arthouse-Erfolgsfilms "Giulias Verschwinden" und setzten mit der munteren Baby-Entführung "Nachtlärm" noch eins drauf. Eine schöne Idee, die ihr Anfangsversprechen nicht bis zum Ende durchhalten kann.
Mit "Giulias Verschwinden", einer wunderbaren Coming-of-age-Komödie für Menschen um die 50, überraschten Regisseur Christoph Schaub und der Schweizer Erfolgsautor Martin Suter im Jahr 2009 das Kinopublikum. Auch bei ihrer zweiten Zusammenarbeit, der Verfolgungskomödie "Nachtlärm" von 2012, in der ein Ganove ein Schreibaby entführt, sieht es lange danach aus, als gäbe es da ein reines Vergnügen, mit allerlei Thrillereffekten durchsetzt. Die Dialoge flitzen in "Nachtlärm" – leider aber nur im ersten Drittel.
"Dass man mit einem Baby keine Ehe kitten kann, kannst du in jeder Frauenzeitschrift lesen!" – So ungefähr geht der schönste Satz in Christoph Schaubs neuem Film, einer deutsch-schweizerischen Koproduktion. Zumal die Antwort des Partners sofort aus der Hüfte kommt: "Ich lese keine Frauenzeitschriften", sagt der cool.
Sie – das ist die großäugige Alexandra Maria Lara, die als Livia gluckend ihr Baby mittels Babyphon und Kopfhörer bewacht. Das Kind schreit ununterbrochen – wahrscheinlich weil es die Krise der Eltern in seinem Innersten spürt. Er – das ist Sebastian Blomberg, der sehr schön sperrig ihren Partner Marco spielt. Wo sonst junge Eltern gern zur Wippe greifen, um das schreiende Baby zu kalmieren, gehen Livia und Marco einen Schritt weiter: Sie setzen das Kind auf den Rücksitz ihres alten Golfs, um mit 130 Sachen über die Autobahn zu rasen. Das mag der kleine Tim, der mal prustend, mal tatsächlich vorübergehend schweigend, zum heimlichen Hauptdarsteller von "Nachtlärm" wird, den die ARD nun um kurz nach Mitternacht als Free-TV-Premiere zeigt.
Bald aber taucht Tims eigentlicher Antipode auf: Ein Ganove mit Braut (Georg Friedrich und Carol Schuler) greift sich bei einer Tankstellenpause Marcos Wagen und braust mit dem Baby davon. Marco und Livia greifen sich in ihrer Not ein anderes Auto, um die Verfolgung aufzunehmen.
Das wird nun ein rechtes Katz-und-Maus-Spiel. Schön, wenn sich dabei der kleine Tim ausgerechnet in der Ganovenkarre zu beruhigen scheint. Gangster scheint er zu mögen, Ersatzeltern scheinen ihm keine von vornherein ausgeschlossene Lösung zu sein.
Leider beschränken sich Bestsellerautor Suter, der sich hier als Drehbuchautor verdingte, und Schaub auf den Verfolgungswirrwarr und verlieren damit die Tragikomödie aus den Augen. Alleine der unschlagbar österreichische Bösewicht Georg Friedrich ("Atmen") ist auch hier eine Wucht. Friedrich erzeugt eine Doppelbödigkeit, die der Film selbst leider nirgends einlösen kann.