Maximilian Schell war eine ungewöhnliche Erscheinung im internationalen Theater und Kino. Er spielte, inszenierte, richtete Opern ein, war aber in der Vergangenheit etwas zum Außenseiter, Einsiedler und Einzelgänger geworden. Herzbeschwerden hatten ihn mehrfach in die Klinik getrieben, mehr als 20 Drehbücher hatte er 1997 innerhalb von sechs Monaten abgelehnt, weil ihm Buch oder Regie missfielen. Er hatte jahrzehntelang Erfahrungen mit Kompromissen gemacht, war aber dazu nur noch ganz selten bereit. Doch 1998 sah man ihn ausgerechnet in Mimi Leders eher stumpfem Katastrophenfilm "Deep Impact".
Er war der "Jedermann" in Wien, der "K" in der eigenwilligen Verfilmung von Franz Kafkas "Das Schloss", den er 1967/68 produzierte und gemeinsam mit Rudolf Noelte inszenierte. Eine seiner großen Arbeiten war der Film "Marlene", den er 1983 - zu Lebzeiten von Marlene Dietrich - mit ihr gemeinsam erarbeitete. Die alte Diva verweigerte sich vor der Kamera, aber sie stand Schell für Tonbandaufnahmen zur Verfügung. So entstand ein sehr eigenwilliges und persönliches Werk über den Weltstar von einst.
In Norbert Kückelmanns bezwingendem Zeitdokument "Morgen in Alabama" trat Schell 1983 zum ersten Mal seit langem wieder in einem deutschen Film auf. 1985 spielte er in einem großen TV-Mehrteiler die Titelrolle in "Peter der Große", Jan Niklas spielte den jungen Zaren. Über diese Arbeit erschien 1997 Schells Roman "Der Rebell". Darin tötet der Protagonist den Regisseur Kramsky alias Marvin Chomsky - aus Rache für zahlreiche Demütigungen. "Ich habe Kramsky einen würdigen Tod geschenkt, und ich bin bereit, dafür bestraft zu werden. Nach menschlichem Ermessen. Aber er durfte nicht mehr nach menschlichen Maßstäben beurteilt werden. Er hatte gegen das Gesetz verstoßen - gegen das älteste, oberste Gesetz: 'Du sollst nicht töten.' Aber er war damit dem Leben dieses Planeten bereits enteilt."
1993 war er in Hans W. Geissendörfers Dürrenmatt-Verfilmung "Justiz" der mörderische Regierungsrat, 1996 spielte er - an Stelle von Klaus Maria Brandauer - in Jürgen Flimms Inszenierung von "Through Roses" den Geiger Carl Stern, der Auschwitz überlebt hat, und 1997 war er in Bernhard Sinkels zweiteiligem TV-Film "Maestro" ein Musiker, der Karriere macht. Zu Schells aufsehenerregendsten Filmarbeiten zählte das betont schmucklose amerikanische Gangsterdrama "Little Odessa - Eiskalt wie der Tod" von 1994.
Schell wurde 1930 in Wien als Sohn der österreichischen Schauspielerin Margarethe Noe von Nordberg und des Schweizer Schriftstellers Hermann Ferdinand Schell geboren. 1938 zog die Familie in die Schweiz, wo Maximilian zusammen mit seinen Geschwistern Maria, Immy und Carl - auch sie machten als Schauspieler Karriere - aufwuchs. Als Elfjähriger debütierte er am Zürcher Schauspielhaus als Walter Tell. Im gleichen Jahr schrieb er für eine Schüleraufführung eine moderne Fassung der "Orestie" des Aischylos.
Nach dem Abitur studierte er an den Universitäten Zürich, München und Basel Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie. 1953 begann er seine berufliche Laufbahn an der Basler Komödie als Dramaturg, Regisseur und Schauspieler. In den Jahren 1954 bis 1957 führte ihn sein künstlerischer Weg über Essen, Bonn, Lübeck nach München ("Herrenhaus " von Thomas Wolfe), Berlin und zu den Salzburger Festspielen ("Der Turm" von Hugo von Hofmannsthal), schließlich nach London, wo er 1957 in einem Gastspiel des Berliner Theaters am Kurfürstendamm in Lessings "Philotas" und Büchners "Leonce und Lena" debütierte, und 1958 nach New York ("Interlock" von Ira Levin).
Gustaf Gründgens holte ihn für die Urauffführung von Lawrence Durrells "Sappho" nach Hamburg, und dort kam es auch zu der triumphalen Aufführung von "Hamlet". Auf der Bühne des Londoner Royal Court Theatre spielte Schell zum ersten mal in englischer Sprache: in der Uraufführung von John Osbornes "A Patriot for me". Das Stück übertrug er auch ins Deutsche. Die Inszenierung von Luigi Pirandellos "Alles zum Guten" im Wiener Theater in der Josefstadt, mit der er nach fünfzehn Jahren seine Regietätigkeit wieder aufnahm, wurde zu einem Theaterereignis.
Es folgten sieben deutsche Filme, unter ihnen Laszlo Benedeks "Kinder, Mütter und ein General", wo er einen Deserteur spielt, eine jener Rollen in einem entrückten Zustand zwischen Euphorie und Verzweiflung. Schells erster internationaler Erfolg war "Ein Mädchen aus Flandern" von Helmut Käutner, und 1958 bot ihm Edward Dmytryk seine erste Rolle in einem amerikanischen Film an: In "Die jungen Löwen" spielt er an der Seite von Marlon Brando, Montgomery Clift und Dean Martin. 1961 erhielt Schell als erster deutschsprachiger Schauspieler nach dem Krieg einen Oscar, und zwar für die Rolle des Verteidigers in "Urteil von Nürnberg". Vier weitere Oscar-Nominierungen folgten: 1971 für "Erste Liebe", 1974 für "Der Fußgänger", 1975 für "The Man in the Glass Booth" und 1978 für Fred Zinnemanns "Julia".
"Erste Liebe" war seine erste eigene Filmregie. Sein zweiter Film war "Der Fußgänger", und unter Mitwirkung von Friedrich Dürrenmatt entstand 1975/76 "Der Richter und sein Henker". Nach "Geschichten aus dem Wienerwald" (1978) folgte sein "Marlene"-Porträt, 1991 "Candles In The Dark" und 2001 mit "Meine Schwester Maria" (2002, auch Regie) ein Porträt über seine kranke Schwester Maria - seine letzte Regiearbeit.
Maximilian Schell starb nach kurzer schwerer Krankheit in der Nacht auf den 1. Februar 2014 in einem Innsbrucker Krankenhaus.
Weitere Filme mit Maximillian Schell: "Die Ehe des Dr. med. Danwitz", "Die Letzten werden die Ersten sein" (beide 1956), "Taxichauffeur Bänz" (1957), "Ein wunderbarer Sommer" (1958), "Ein sonderbarer Heiliger" (1961), "Topkapi" (1963), "Eine Tür fällt zu" (1965), "Anruf für einen Toten" (1966), "Flucht aus der Taiga", "Krakatoa - Das größte Abenteuer des letzten Jahrhunderts" (beide 1967), "Papst Johanna", "Trotta - Die Kapuzinergruft" (1971, nur Buch), "Die Akte Odessa" (1974), "Ansichten eines Clowns", "Tag der Abrechnung" (beide 1975), "Steiner - Das Eiserne Kreuz" (1976), "Die Brücke von Arnheim" (1977), "Lawinenexpress" (1978), "Das schwarze Loch" (1979), "Das Tagebuch der Anne Frank" (1980), "Die Erwählten" (1981), "Die Inseln" (1982), "Der Assisi Untergrund" (1984), "Freshman" (1990), "Die junge Katharina" (1991), "Die Bibel - Abraham", "Die Spur des Windes" (beide 1993), "Dornenvögel - Die fehlenen Jahre" (1996), "American Dreamers - Charmante Lügner", "Der achtzehnte Engel" (beide 1997), "John Carpenters Vampire", "Deep Impact", "Kalmans Geheimnis", "Wer liebt, dem wachsen Flügel" (alle 1998), "Fisimatenten", "Jeanne d'Arc - Die Frau des Jahrtausends" (beide 1999), "I love you, Baby" (2000), "Liebe, Lügen, Leidenschaften" (2001), "Der Fürst und das Mädchen" (2002, Serie), "Alles Glück dieser Erde" (2003), "Das Haus der schlafenden Schönen" (2006), "Giganten - Einstein - Superstar der Wissenschaft" (2007), "Brothers Bloom" (2008), "Operation Schwarze Blumen" (2009).
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