Raúl Richter ist "der Neue" bei "Notruf Hafenkante". Im Serien-Klassiker des ZDF spielt er ab sofort Polizeiobermeister Nick Brandt. Die mittlerweile 16. Staffel der Polizeiserie ist immer donnerstags um 19.25 Uhr im Zweiten zu sehen. prisma hat mit Raúl Richter über seine neue Rolle gesprochen.
Hallo Herr Richter, wie geht es Ihnen, wie sind Sie durch die Corona-Zeit gekommen?
Raúl Richter: So einigermaßen gut. Der neue Job bei "Notruf Hafenkante" war ein Glücksgriff für mich, andere Kollegen hatten allerdings nicht so viel Glück, was die Schauspielerei angeht und die Shows et cetera. Bisher hatte ich kein Corona, ich bin geimpft und heil durch die Pandemie gekommen. Dazu kommt, dass ich auch vor der Corona-Krise nur fernsehtechnisch unterwegs war und kein Theater gespielt habe. Von daher war ich von keinen Auftrittsverboten betroffen. Auch mir sind zwar Aufträge weggebrochen, aber es war nicht so schlimm wie bei den Kollegen, die auf Live-Publikum angewiesen sind.
Sie sind neu im Team der ZDF-Serie "Notruf Hafenkante". Die Dreharbeiten für die Folgen, die jetzt gezeigt werden, sind schon vor über einem Jahr abgeschlossen worden...
Raúl Richter: Ja genau, die Folgen, die jetzt ausgestrahlt werden, hatten wir im vergangenen Jahr im Juli, August und September gedreht.
Wie lief das ab? War das ein relativ normaler Dreh oder mussten Sie sich da schon an neue Regeln halten?
Raúl Richter: Es wurde schon da auf Masken und Abstand geachtet und daran musste man sich halten. Tests gab es da aber noch nicht. Wir mussten die Dreharbeiten dann jedoch beim zweiten Lockdown früher abbrechen. Seit April dieses Jahres drehen wir aber wieder, mit den üblichen Corona-Regeln.
Sie sind in der Serie als Polizeiobermeister Nick Brandt zu sehen, der neu im Team ist. Wie haben Sie sich auf diese für Sie neue Rolle vorbereitet?
Raúl Richter: Einen Polizisten habe ich bis dato noch nicht gespielt und normalerweise gibt es dann die Möglichkeit, mit der echten Polizei mitzufahren, um uns zu informieren. Das war aber coronabedingt leider nicht möglich für mich, von daher musste ich mir meine Inspiration für die Rolle aus anderen, eigenen Beobachtungen ziehen. Und das sah ganz einfach so aus, dass ich Polizisten bei ihrer Arbeit beobachtet habe. Ich habe Polizisten im Freundeskreis, und auch die fragt man dann mal. Ganz einfache Dinge: Wann zieht man die Mütze auf? Wann nimmt man sie ab? Da habe ich mir meine Informationen geholt und das war meine Vorbereitung.
Wie war diese Rolle für Sie? Wie ein "Kleiner-Jungen-Traum", einmal einen Polizisten in Uniform zu spielen? Oder war das ein normaler Job für Sie?
Raúl Richter: Nein, das war schon etwas Besonderes. Allein wie ganz normale Bürger reagieren, wenn man diese Uniform trägt. Dann fahren die Leute, die einen sehen, auf einmal vorsichtiger, weil sie ja nicht wissen, dass man Schauspieler ist. Ich wurde auch schon für einen Stripper gehalten (lacht). Das ist alles schon passiert.
Wie ist denn die Rolle angelegt? Sie sind als Nick Brandt von Flensburg nach Hamburg strafversetzt worden.
Raúl Richter: Genau. Nick Brandt hat sein altes Team wegen interner Differenzen nicht ganz freiwillig verlassen. Deshalb wurde er versetzt und will in Hamburg vieles besser machen. Und in Hamburg fängt dann direkt alles mit einer neuen Liebelei mit der neuen Kollegin an.
War dieser launige Einstieg auch ein wenig Ihrem Ruf als Frauenheld aus früheren Rollen geschuldet?
Raúl Richter: Normalerweise spiele ich immer die Charming Boys, die Guten, und jetzt spiele ich mal eine Rolle, die ein wenig mehr aneckt, die tougher angelegt ist. Nick Brandt denkt sich: "Ist mir doch egal, was die anderen denken". Er steht für ein häufig zu vorschnelles Handeln und ist dabei vielleicht auch nicht immer 100 Prozent dienstkonform. Diese Nuancen finde ich einfach toll und ihn zu spielen macht mir als Schauspieler mehr Spaß, als immer nur den braven, netten Jungen von nebenan.
Ihre ersten Szenen in der Serie spiegeln ja auch Ihre Situation als Neuling am Set wider. Wie war es, nun Teil des Hafenkanten-Teams zu sein? Kannten Sie die Serie vorher schon?
Raúl Richter: Ich kannte die Serie vorher schon, habe sie aber nicht ständig geschaut. Ich habe mich aber natürlich vor den Castings darauf vorbereitet, damit ich weiß, worum es geht. Aber klar, es ist immer aufregend, wenn man neu ist. Das geht ja anderen Leuten auch so, die in ein neues Team kommen, einen neuen Arbeitsplatz haben, unabhängig von der Schauspielerei. Alle begutachten einen. Was kann er, was hat er drauf, kann er seinen Text, ist er vorbereitet? Allerdings muss ich sagen, durch die Routine bei GZSZ, wo ich echt viel gedreht habe, bin ich da ein bisschen gelassener dran gegangen. Es hat auch funktioniert, mittlerweile bin ich im Team voll integriert.
Die Arbeit bei einer Daily Soap hat Ihnen da viel Routine gebracht…
Raúl Richter: Ja das ist wirklich so. Daily Soap war ja mal ein echt verschriener Begriff, aber wenn man mit Regisseuren und Produzenten spricht, sagen einem viele, man merkt schon, wenn einer aus einer Serie kommt, und schnelles Arbeiten gewohnt ist. Ich kann dadurch auf den Punkt arbeiten und verzettele mich nicht. Ich bringen das, was von mir gefordert wird, vor der Kamera. Ich fühle mich deshalb sehr wohl momentan.
2014 sind Sie bei GZSZ ausgestiegen. Waren diese Jahre in der Serie so etwas wie Lehrjahre für Sie?
Raúl Richter: Absolut, das waren ganz wichtige Jahre für mich und ich bereue auch nicht eine Sekunde davon. Ich empfehle auch jedem Jungschauspieler, der ein Angebot bekommt, in einer Daily mitzuspielen: Greif zu, du musst es ja auch nicht dein Leben lang machen. 2014 war es dann aber eine bewusste Entscheidung, auszusteigen, weil ich irgendwann gemerkt habe, ok, jetzt geht es nicht mehr weiter für mich. Ich wollte mich nicht komplett der Maschinerie hingeben, sondern habe dann auch den Sprung ins kalte Wasser gewagt. Am Ende hat es sich ausgezahlt.
Die ersten Szenen beim "Notruf Hafenkante" sind sehr humorvoll geraten, etwa wenn Sie Ihren Einstand geben. Haben Sie in solchen Szenen als Schauspieler Einfluss auf das Drehbuch?
Raúl Richter: Das ist schon so vorgegeben, aber es ist natürlich immer auch eine Sache, wie man es spielt oder wie es der Regisseur vorgibt. Der eine sagt, geh ein bisschen mehr in die humorige Richtung, der andere möchte es ernster. Ich selbst habe dabei nur den Einfluss, wie ich es dem Regisseur anbiete: Schau mal, ich würde es so und so anlegen. Und dann guckt der sich das an und sagt, das passt. Dr könnte aber auch genauso sagen, nee, das machen wir mal anders (lacht). Das letzte Wort hat am Ende der Regisseur.
Sie haben schon viel gemacht, auch boulevardeskere Formate wie "Let's Dance" und "Dschungelcamp". War das eine bewusste Entscheidung, alles mal auszuprobieren?
Raúl Richter: Ich wollte mich nie in diese Schublade stecken lassen: Der macht nur Soap. Der macht nur Trash TV. Ich habe Theater gespielt, ich habe Daily Soap gemacht, ich spiele jetzt in einer wöchentlichen Serie einen Polizisten, aber ich war auch im Dschungelcamp. Für mich schließt sich das alles nie gegenseitig aus. Warum auch? Bin ich dadurch jetzt ein anderer Mensch, ein schlechterer Mensch, nur weil ich im "Dschungelcamp" war? Nach dem "Dschungelcamp" bin ich beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen gelandet. Für mich hat sich das ausgezahlt. Am Ende ist wirklich jeder seines eigenen Glückes Schmied und ich sage immer, wenn du ein Idiot bist, dann bist du eben auch in irgendwelchen Reality-Formaten ein Idiot. Dann kannst du mir nicht erzählen, dass du dann da so schlecht hingestellt und dargestellt wurdest. Das hast du im Endeffekt selbst zu verantworten. Ich bin da relativ selbstsicher und nicht auf den Mund gefallen und nehme solche Auftritte dann einfach mal mit.
Es kommt ja auch immer darauf an, zu welchem Zeitpunkt in der Karriere man das macht, oder?
Raúl Richter: Ja, total. "Let's Dance" habe ich vor über zehn Jahren gemacht und das würde ich jetzt auch gerne nochmal machen. Und ich würde es jetzt bestimmt anders machen, aber dort kann man ja nur einmal mitmachen. So ist es eben, man bekommt manchmal Gelegenheiten geboten, die sollte man dann auch einfach mal nutzen. Wer weiß, ob sie dann nochmal kommen.
Wie geht es denn jetzt mit der Hafenkante weiter?
Raúl Richter: Wir drehen jetzt aktuell die zweite Staffel mit mir und danach kommt bestimmt auch noch die dritte Staffel. Das Schöne an Hafenkante ist ja, dass es pro Folge einen Fall gibt, der gelöst wird, und parallel zieht sich dann noch eine sogenannte "private line", in der der nebenbei noch eine Geschichte über mehrere Folgen erzählt wird. Wie jetzt zum Beispiel meine Einführung: Was passiert mit mir und meiner Partnerin? Werden wir eventuell noch ein Paar? Wie bewähre ich mich im Team? Das ist spannend und da lässt sich einiges mit meiner Figur erzählen.