02.11.2020 Musiker

Kai Wingenfelder

Wingenfelder haben ein neues Album auf dem Markt.
Wingenfelder haben ein neues Album auf dem Markt. Fotoquelle: MARTIN HUCH

Mit "Sendeschlusstestbild" veröffentlichen Kai und Thorsten Wingenfelder bereits das fünfte Album seit der Pause ihrer Stammband Fury In The Slaughterhouse im Jahre 2008. Auf dem neuen Album schafft das Duo einen Spagat zwischen Entertainment und Anstößen zum Nachdenken. Wir sprachen mit Sänger Kai Wingenfelder.

Wie fühlt es sich an, in der heutigen Zeit ein Album zu veröffentlichen, ohne es live promoten zu können?

Vielleicht haben die Leute in der jetzigen Situation mehr Zeit, um intensiv Musik zu hören. Deshalb wollten wir auch textlich den Spagat zwischen Haltung und Unterhaltung wagen.

Apropos Haltung: Im Titelsong des neuen Albums "Sendeschluss Testbild" sprechen Sie unverblümt über den Rechtsruck auf der Welt.

Das war mir aufgrund der aktuellen Entwicklung ein Anliegen. Es gibt Momente im Leben, in denen es wichtig ist, mal öffentlich Flagge zu zeigen und zu sagen, was man denkt, vor allem, wenn die Wahrscheinlichkeit da ist, dass auch jemand zuhört. Diese Nummer ist der Dosenöffner für den weiteren Verlauf des Albums. Man weiß ja, dass wir keine komplett unpolitische Band sind. Auf der anderen Seite gibt es auch Songs wie "Aragona", bei denen man mal durchatmen und abschalten kann. Dieses Verhältnis ist uns wichtig.

Was kann man als Band mit der deutschen Sprache anstellen, das im Englischen nicht funktioniert?

Wenn man wirklich etwas herüberbringen will – eine wichtige Botschaft – dann ist die Muttersprache immer das Mittel der Wahl.

Wie wichtig sind Ihnen heutzutage Chartplatzierungen?

Es ist immer noch schön und freut mich. Vielleicht ist es nicht mehr so wichtig wie früher, aber wenn du in der TOP 10 bist, läuft dein Song vielleicht im Radio.

Wofür steht das Testbild für Sie persönlich?

Für das Ende. Danach kommt nichts mehr. Es ist so zu verstehen: Wenn wir die Zeichen der Zeit nicht erkennen und aufpassen, dann gibt es hier bald nichts mehr. Dann ist Sendeschluss und im Fernsehen läuft nur noch das Testbild.

Vor zwölf Jahren haben sich Fury In the Slaughterhouse getrennt. Seitdem gibt es immer mal wieder gemeinsame Shows. Was geht Ihnen während der Konzerte heutzutage durch den Kopf?

Dass es wunderbar ist, mit Freunden wieder auf einer Bühne zu stehen. Wir haben das immer Klassentreffen genannt. Es gab Zeiten, in denen das nicht so war.

Die neuerlichen Konzerte mit Fury waren alle ausverkauft. War es in der Rückschau überhaupt richtig, sich zu trennen?

Ja, auf jeden Fall. Wir hatten uns musikalisch ein wenig auseinandergelebt. Die Menschen stellen sich das Leben als bekannter Musiker oft in erster Linie spannend und glamourös vor. Man macht eine Platte, ist in den Top 10 und Millionär. In Wirklichkeit hängt man sich ein Dreivierteljahr permanent auf der Pelle. Irgendwann besteht das Leben nur noch aus Fremdbestimmung – Aufnahme, Tour, PR, immer mit denselben Jungs. Das schlaucht. Manchmal will man einfach Frieden haben, bekommt ihn aber nicht, weil man öffentlich verfügbar ist. Bei unserem Gitarristen Christof war es so schlimm, dass er eine Gürtelrose bekam. Ich will es mal so erklären: In einer Ehe ist es halt auch nicht so, dass man 24/7 aufeinanderhockt. Mittlerweile ist die Situation eine andere. Wir haben mehr Freiräume, freuen uns darüber, dass wir immer noch Freunde sind und diese Freundschaft zurückhaben und sind einfach dankbar, dass wir mit dem, was wir lieben, unseren Lebensunterhalt verdienen können.

Wird es neue Songs von Fury In The Slaughterhouse geben?

(Überlegt etwas länger) Ja, vielleicht. Warum nicht?