Beyond The Black sind nicht nur eine kleine Sensation am Symphonic Metal Himmel, sondern verfügen mit Jennifer Haben auch über ein echtes Wunderkind am Mikro. Schon mit elf Jahren stand sie vor TV-Kameras, war bei diversen Sendern mit ihren Songs Dauergast, bevor sie 2014 Beyond The Black gründete und nun – mit nicht ganz 25 Jahren – bereits das vierte Album "Hørizøns" veröffentlicht. Natürlich wollten wir im Gespräch mit der Wahl-Leipzigerin aber auch erfahren, was sie aus der letzten Staffel von "Sing meinen Song – Das Tauschkonzert" mitgenommen hat.
Frau Haben, das neue Album unterscheidet sich deutlich von den Vorgängern. Was ist passiert?
Grundsätzlich wollten wir mal analysieren, was wir selber gerade auf Tour hören, und das hinzufügen, was wir daraus für uns persönlich ziehen. Unser Glück war dieses Mal, dass wir sechs Monate Zeit für die Produktion des Albums hatten. Daher konnten wir ungestört viele unserer Ideen einfach mal raushauen und experimentieren. Prinzipiell enthält das Album daher weniger symphonische und mehr elektronische Elemente.Tatsächlich hat das Label dann am Ende glücklicherweise alles abgefeiert, was wir den Leuten dort vorgestellt haben.
Würden Sie sagen, dass man auch aus Ihren älteren Werken mit einer Frischzellenkur mehr hätte herausholen können?
An Songmaterial ist das, was die drei ersten Alben enthalten, schon gut. Der Zeitfaktor ist einfach entscheidend. Manchmal möchte man im Nachhinein Dinge ändern. Aber es waren hauptsächlich die neuen Einflüsse, die das Album anders machen. „Sing meinen Song“ und die Tour mit Within Temptation sowie die Tatsache, dass wir vorher hauptsächlich auf Metal-Festivals gespielt haben und nun auch andere Bereiche erschlossen haben, trugen dazu bei, dass sich das Album ein wenig anders anhört.
Was hat der Song "Some Kind Of Monster" mit Metallica gemeinsam?
Nur den Titel (lacht). Vielleicht war da ein unterbewusster Faktor einfach mitentscheidend. Das ist ja in vielen Bereichen so. Wenn etwas gut ist, dann weiß man das eben.
Das dürfte auch bei den Texten so sein. Worum geht es auf "Hørizøns"?
Auf dem neuen Album kann man sehr viel in Richtung Selbstfindung und Zusammenhalt hören. Die Texte sind ein ganzes Stück positiver angelegt als auf den älteren Veröffentlichungen. Bei einem Stück wie „Human“ ist die Kernaussage: Du entscheidest selber, was in deinem Leben geschieht.
In der Corona-Krise kann man allerdings nicht wirklich selbst entscheiden oder gar eng zusammenstehen. Wie gehen Sie mit der Situation um?
Wir machen die Musik nicht wegen des Geldes, sondern investieren selber unheimlich viel in Beyond The Black. Die Jungs in der Band gehen alle noch geregelten Jobs nach. Wir hatten im letzten Jahr eine Tour, die gut lief. Davon profitieren wir noch. Zudem spielen wir Autokino-Konzerte und haben unsere Tour erst Ende des Jahres terminiert. Daher habe ich zunächst mal keine Sicherheitsängste.
Sie haben schon als Kind gesagt, dass sie Musikerin werden wollen und das auch durchgezogen. Sind Sie eine Besessene?
So würde ich das gar nicht formulieren. Es gab immer die Musik, die mein Leben schöner gemacht hat. Das hat sich zwar hinterher als Bestimmung herausgestellt, aber ich habe nicht wirklich darüber nachgedacht, damit mal mein Geld zu verdienen, als ich noch zur Schule gegangen bin. Irgendwann habe ich halt gesehen, dass es das ist, was ich wirklich im Leben machen möchte. Mal abgesehen davon, dass ich keine anderen großartigen Interessen hatte, außer möglichst zehn verschiedene Instrumente zu spielen und zu singen (lacht).
Gibt es eigentlich Leute, die Sie in erster Linie als ehemaligen Kinderstar wahrnehmen?
Die gibt es tatsächlich. Es tauchen immer wieder Fans auf, die mir schreiben, dass sie mich von meiner ehemaligen Mädchenband Saphir kennen, die es insgesamt nur ein Jahr gegeben hat. Ich bin sogar neulich in Leipzig, wo ich wohne, beim Einkaufen von jemandem auf Saphir angesprochen worden, obwohl ich fest geglaubt habe, dass ich eher wegen meines Auftritts in „Sing meinen Song“ erkannt würde.
Geben Sie eigentlich ungern Dinge von sich preis, die nichts mit der Musik zu tun haben?
Es gibt einige wenige Dinge, die ich bewusst nicht preisgebe. Aber generell habe ich das Problem nicht. Für viele Fans dient es halt dazu, eine bestimmte Connection herzustellen, die für sie wichtig ist. Und das respektiere ich auch.
Was hat Sie das Musikgeschäft gelehrt? Welche Fehler würden Sie nicht mehr machen?
Ich würde darauf achten, von Beginn an einen Schritt vorauszudenken. Wenn man sich beispielsweise vorher überlegt, was mit Alben in der Zukunft passiert und welche Kompromisse man eingehen muss, dann vermeidet man Enttäuschungen. Am Ende muss man hinter dem stehen können, was man veröffentlicht. Es ist kein schönes Gefühl, wenn die Dinge nicht perfekt sind. Das gilt nicht nur für Musik. Als 2016 die gesamte Band ausgestiegen ist, habe ich mich gefragt, ob ich schuld war und ob ich etwas hätte tun können. Daraus habe ich gelernt, dass man in einer Band viel früher offen ansprechen sollte, ob alle mit dem eingeschlagenen Weg einverstanden sind. Ich verarbeite diese Situation auch in einem Song wie „I Won‘t Surrender“. Das gehört zur Beyond The Black-Geschichte dazu.
Glauben Sie, dass die Vorwürfe, dass Beyond The Black eine Casting-Band seien, irgendwann los werden?
Wenn man das, was die Leute in sozialen Medien an negativen Statements von sich geben, als Grundlage für Probleme nimmt, dann hat man eigentlich gar keine Probleme.
Wie läuft das Songwriting bei Beyond The Black denn ab?
Dieses Mal haben wir mit der kompletten Band erste Sessions gemacht und Ideen gesammelt. Das war super, weil dabei schon zwei Songs herausgekommen sind, die auf dem Album gelandet sind. Ansonsten gab es viel Arbeiten in Zweier-Teams.
Dank der Tourneen mit den Scorpions oder Within Temptation konnten Sie bei den ganz Großen zuschauen. Nimmt man etwas mit, wenn man jeden Abend Koryphäen wie Klaus Meine bei der Arbeit zusieht oder denkt man heimlich bei sich: Das kann ich viel besser?
Es gibt ja einen Grund, warum diese Leute da sind, wo sie sind. Deshalb schaut man immer mal wieder rein, was man in Sachen Performance, aber auch Verhalten mitnehmen kann. Am meisten habe ich bei den Scorpions beispielsweise mitgenommen, wie wunderbar wir behandelt worden sind. Mit Klaus habe ich mich so gut unterhalten, das hätte ich nicht erwartet. So etwas merkt man sich. Wir sind auch cool zu unseren Support-Bands. Denn wir wissen: Es geht auch anders. Kleinere Bühne, schlechterer Sound, weniger Licht – das kennt man ja alles. Als wir neu waren, haben wir viel geschenkt bekommen – und das wollen wir auch weitergeben.
Was konnten Sie aus "Sing meinen Song – Das Tauschkonzert" mitnehmen?
Für mich war sehr spannend, wie sehr man für sich selbst die Geschichten adaptieren kann, die andere geschrieben haben. Das hat mir dabei geholfen, einen noch größeren Fokus auf Lyrics zu legen, obwohl ich früher in erster Linie auf die Musik fokussiert war.
Mit welchen drei Musikern – lebendig oder bereits verstorben – würden Sie gerne mal auf der Bühne oder im Studio stehen und einen Song machen?
Freddy Mercury, Hayley Williams und Phil Collins. Das sind so unglaublich gute Musiker mit absolut krassen Stimmen. Ich mag ja sowieso gerne Dinge, von denen man sagt, dass Metalbands das nicht machen dürfen (lacht).