Schwarzer Humor, Lokalkolorit und eine gehörige Portion Sarkasmus zeichnen die Eberhofer-Filme seit jeher aus. Der aktuelle Heimatkrimi, der nun seine Free-TV-Premiere feiert, ist allerdings nicht ganz unumstritten: Während die Fans abermals in die Kinos stürmten, distanzierte sich Buchautorin Rita Falk von der Verfilmung.
Niederkaltenkirchen? Kennt heute jeder! Schließlich sind die in dem fiktiven niederbayerischen Ort spielenden "Eberhofer"-Krimis nach den Romanen von Bestsellerautorin Rita Falk seit über zehn Jahren eine Bank. Neun Filme wurden seit 2013 produziert, die im Kino und im Fernsehen verlässlich abräumten – eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Auch die Premiere des neuen Films "Rehragout-Rendezvous" im August vergangenen Jahres in München war umjubelt. Allerdings glänzte die Autorin diesmal mit Abwesenheit. Der Grund: Rita Falk konnte sich offenbar mit der jüngsten Adaption ihres Stoffes nicht mehr identifizieren: "Es gibt so viele Botschaften in diesem Film, für die ich mich auch schäme", ließ sie sich in einem Interview zitieren. Schon seit Jahren stelle sie fest, dass sich die Filme immer weiter von ihren Buchvorlagen entfernen würden. Beim neuen Film stimme der Hinweis "Nach der Romanvorlage von Rita Falk" nun gar nicht mehr, klagte sie gegenüber dem "Spiegel". Nicht einmal die Mörder seien dieselben wie im Buch.
Erfolgreich war der Film trotzdem – und wie! Mehr als 1,5 Millionen Menschen sahen "Rehragout-Rendezvous" 2023 im Kino. Zum Vergleich: Der bisherige Spitzenreiter der Filmreihe, "Guglhupfgeschwader", lockte 2022 rund 1,38 Millionen Fans in die Lichtspielhäuser. Nun ist "Rehragout-Rendezvous" erstmals im Free-TV zu sehen. Mittlerweile haben sich die Wogen zwischen der Schöpferin und der Produktionsfirma aber wieder geglättet, wie Falk kürzlich in einem Interview betonte. Im Herbst 2025 sollen die Dreharbeiten zu "Steckerlfischfiasko", dem zehnten Film der Reihe beginnen – unter der Regie von Ed Herzog. "Es gibt wohl niemanden, der auf den neuen Film mehr gespannt ist, als ich es selber bin", verkündet die Autorin voller Vorfreude.
Bis es soweit ist können sich Fans noch ausgiebig über den neunten Film amüsieren: Keine Dampfnudeln mehr, kein Zwetschgendatschi, kein Gugelhupf und Rehragout schon gleich gar nicht: "I ziag zur Moshammer-Liesl", eröffnet die Oma (Enzi Fuchs) ausgerechnet an Weihnachten. Den Führerschein möchte sie auf ihre alten Tage auch noch machen. So können die jungen Leute auf dem Hof jetzt mal selbst schauen, wo sie bleiben. Vielleicht übernimmt ja der Eberhofer Franz (Sebastian Bezzel) persönlich das Kommando im Haushalt?
Eine absurde Vorstellung. Aber seiner Susi (Lisa Maria Potthoff) würde das vielleicht sogar ganz gut passen. Als stellvertretende Bürgermeisterin von Niederkaltenkirchen hat sie gerade alle Hände voll zu tun, sie hat zeitweise sogar das Sagen im Rathaus. Eine ihrer ersten Amtshandlungen: Franz' Polizeiposten wird auf einen Halbtagsjob heruntergeschraubt, damit er mehr Zeit für andere Dinge hat, vor allem für den gemeinsamen Sohn Pauli. Aber dann kommt, genau zur richtigen Zeit quasi, mal wieder ein Verbrechen dazwischen. Ein Rabe mit abgerissenem Menschenohr im Schnabel knallt gegen eine Windschutzscheibe, und so viel weiß man auch im sonst eher verschlafenen Provinznest Niederkaltenkirchen: "Wo so ein Ohrwaschel ist, ist meistens noch mehr."
Schon nach fünf Minuten kann man die Mundwinkel kaum noch herunterziehen. Eberhofers klischeehafter altbayerischer Zynismus, gepaart mit den Neurosen seines Bruders, der konservativen Faulheit seines Vaters und den blinden Träumen seiner Susi sind zwar etwas überzeichnet, aber einfach herrlich authentisch und für den Zuschauer kaum greifbarer zu iszenieren. Die größten Schwächen des menschlichen Charakters so gekonnt in Szene zu setzen – Regisseur und Drehbuchautor Ed Herzog versteht es im Verbund mit seinem Co-Autoren Stefan Betz meisterhaft, seine Figuren ironische Seitenhiebe und Wortgefechte austragen zu lassen.
Zu allem Übel kommt für Franz im Laufe des Films noch ein weiteres Problem hinzu – in seinen Augen wohl das größte. In seiner Hose ist Flaute. Nichts geht mehr. Obwohl Susi alles probiert. Sie reißt sich frömlich ein Bein aus und die Bluse vom Leib, um ihren Franzl wieder anzuheizen. Als sie sich im knappen Putzfrauen-Dessous mit dem Staubwedel vor seiner Nase räkelt, weiß der sture Franz aber nur eines zu sagen: "Kannst du bitte den Staub ned in mei Bier wedeln?" – Worte, die jedes Frauenherz zum Schmelzen bringen. Also natürlich nicht. Aber zum Eberhofer gehören solche Ansagen natürlich wie die Knödel zum Rehragout.
Auch diesmal an Sebastian Bezzels Seite: Simon Schwarz als der kauzige Privatermittler Rudi Birkenberger. Die besondere Chemie zwischen den Klasse-Schauspielern ist seit jeher ein besonderes Merkmal der Eberhofer-Reihe. Die beiden sind schließlich seit knapp 20 Jahren gute Freunde. "Wenn wir uns nicht blind verstehen würden und bis heute so konfliktfrei durch unsere Projekte gekommen wären, würden wir das nicht machen", betont Schwarz. Ach, man muss sie einfach lieb haben, den Eberhofer, den Birkenberger und all die anderen kauzigen Figuren, die aus dem Kosmos von Niederkaltenkirchen nicht wegzudenken sind, darunter befinden sich selbstrend auch wieder der Installateur Flötzinger (Daniel Christensen), der Metzger Simmerl (Stephan Zinner) und der Gastwirt Wolfi (Max Schmidt). Ein Chaotenhaufen, wie er im Buche steht!
"Rehragout-Rendezvous" – Mo. 22.07. – ARD: 20.30 Uhr