"Ich bin dein Mensch": Kann man einen Roboter lieben?




Die Altertumsforscherin Alma (Maren Eggert) testet in Maria Schraders Sci-Fi-Komödie "Ich bin dein Mensch", ob Androiden wie Tom (Dan Stevens) die perfekten Lebenspartner sein können.
Die Geschichte ist fast so alt wie das Kino selbst
Der Mensch erfindet einen künstlichen Menschen und wird der Geister, die er rief, nicht mehr Herr. Golem oder Frankensteins Monster – der schauervollen Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. In Maria Schraders ungewöhnlicher Sci-Fi-Komödie "Ich bin dein Mensch", die ARTE als Wiederholung zur Primetime zeigt, ist das alles anders. Hier ist der Android nämlich ein wirklich netter Kerl. Nach dem Plan seiner Erfinder (unter anderem Sandra Hüller) soll er seiner Partnerin zur perfekten Erfüllung ihrer Wünsche dienen, der ultimative Lebenspartner sein.
Der Brite Dan Stevens ("Downton Abbey") macht das als humanoider Roboter Tom so glaubhaft wie perfekt. Jeden Wunsch liest das an Hollywood-Größen wie James Stewart oder Gregory Peck erinnernde Blauauge der Berliner Altertumsforscherin Alma (Maren Eggert) von den Lippen ab. Nur widerwillig hatte die Singlefrau sich auf einen Deal mit ihrem Dekan eingelassen: Sie erhält Gelder für ihre anthropologische Forschung, wenn sie zuvor an dieser Studie teilnimmt, die klären soll, ob der Einsatz humanoider Roboter ethisch zu vertreten ist. Drei Wochen lang sieht sich Alma dem Experiment ausgesetzt, lebt mit Tom zusammen, wohl merkend, dass es wahre Gefühle zwischen dem täuschend echt wirkenden Roboter und ihr nicht geben wird. Tom sei, wie sie erkennt, nur eine "Ausstülpung" ihres Selbsts. Tom handle nicht aus Liebe, er sei einfach nur so programmiert.
Rosenblüten im Badezimmer
Da ist viel Komik vorprogrammiert. Dan Evans nimmt den Zuschauer in die romantische Sci-Fi-Geschichte mit. Er kostet alle Roboterklischees aus, ohne zu nerven. Sein charmanter britischer Akzent hilft ihm dabei – man habe ihn so programmiert, weil seine Partnerin keinen Einheimischen mag, aber auch keinen Exoten. Ein Brite sei da eben richtig. Tom putzt und kocht. Wenn's der Partnerin nicht gefällt, stellt er alles auf Anfang, binnen elf Minuten: "Ich mach die Fenster wieder schmutzig!" Im Badezimmer legt er Rosenblüten aus und wartet mit Champagner auf die Partnerin, weil das "93 Prozent der deutschen Frauen" so mögen. Alma mag das nicht, sie gehört offensichtlich zu den restlichen sieben Prozent.
Manchmal irrt sich der Roboter noch, dann muss man ihn "kalibrieren", wie seine Betreuerin sagt. Oder er bleibt stecken mitten im Satz, wie die Puppe Coppelia im "Sandmann" des E.T.A. Hoffmann. Aber das vergeht. Tom und Alma nähern sich zwischen Wut und Empathie einander an. Der Sex – "Schlafen wir nicht im selben Zimmer?" – gerät nach dem Suff ein wenig marmorn, dafür werden nach und nach die Tiefen des menschlichen Wesens ausgelotet. Was unterscheidet uns vom Roboter? Was ist der Mensch, was ist die Liebe?
Der Spießer ist zufrieden
Klar, dass das den Kinofilm, der zunächst beim SWR als reiner Fernsehfilm programmiert wurde, zunehmend wortlastig macht. Auch drängt sich die Kulisse, das nächtliche Berliner Pergamon-Museum – très chic! – sehr bedeutungsvoll ins Bild. Doch dass dann der unmenschlich schlaue Tom im Computer ausgerechnet eine Arbeit über die Keilschrift der Sumerer entdeckt, an der Alma drei Jahre lang geschuftet hat, gibt Anlass zu Trost und Tränen. Almas frühere Fehlgeburt gibt noch mehr Anlass zu Traurigkeit. Der Roboter kann's nicht verstehen.
Da ist der leichte Schwung des Anfangs leider weg. Doch in die Beziehung der beiden ist längst so etwas wie Selbstverständlichkeit eingekehrt. Menschengeist und künstliche Intelligenz scheinen zueinander zu passen. Jürgen Tarrach, der als "Dr. Stuber" so selbstzufrieden mit Cora, seiner androiden Partnerin, des Weges kommt, weiß ein Loblied auf seine Partner-Automatin zu singen. Der Spießer ist rundum zufrieden. Schade, dass da nicht mehr Bruno Ganz, der Mensch gewordene Engel aus dem "Himmel über Berlin", vorbeikommen kann. Er hätte sicher ein sanftes Lächeln übrig. Der Wenders-Film heimste damals übrigens jede Menge Preise ein.
So auch Maria Schraders "Ich bin dein Mensch", der 2021 bei der Berlinale Premiere feierte, wo Hauptdarstellerin Maren Eggert direkt mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet wurde. Daneben gab es unter anderem den Bayerischen Filmpreis für das Beste Drehbuch (Maria Schrader und Jan Schomburg), beim Deutschen Filmpreis wurde der Film gleich mehrfach prämiert: in den Kategorien Bestes Drehbuch, Bester Spielfilm, Beste Regie und Beste Hauptdarstellerin. Außerdem ging "Ich bin dein Mensch" für Deutschland ins Rennen um den Auslandsoscar, schaffte es aber nicht in die finale Auswahl.
Ich bin dein Mensch – Fr. 16.08. – ARTE: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH