"Ein Mädchen wird vermisst": Film beruht auf einem wahren Fall
Ein Krimi mit "True Crime"-Charakter: Heino Ferch ermittelt als Kommissar Thiel in einem Vermisstenfall. Ein Mädchen ist verschwunden.
Hinweis: Nach der Vorab-Premiere bei ARTE im September 2021 ist der Film am Montag, 8. November 2021, nun im ZDF zu sehen (20.15 Uhr). Lesen Sie im Folgenden die Filmkritik.
"True Crime" erfreut sich auch in Deutschland großer Beliebtheit. Bis vor wenigen Jahren noch fand die kreative Verarbeitung realer Kriminalfälle hierzulande vor allem über US-Formate oder Klassiker wie "Aktenzeichen XY ... ungelöst" statt. Das hat sich inzwischen geändert, davon zeugen nicht zuletzt TV-Versuche wie jene Reihe, in der mit "Ein Mädchen wird vermisst" nun schon der dritte Film auf Basis echter Ereignisse erscheint. 2017 hatte Heino Ferch als Hauptkommissar Ingo Thiel begonnen. Die Premiere "Ein Kind wird gesucht" wurde mit Nominierungen und Preisen bedacht, auch die Quote der ARTE/ZDF-Produktion konnte sich sehen lassen. Nach dem zweiten Krimi "Die Spur der Mörder" (2019), der den Mord an sechs Menschen vor einem italienischen Restaurant in Duisburg 2007 aufgriff, zeigt der deutsch-französische Sender nur den dritten Fall in Erstausstrahlung. Abermals wird Realismus dabei großgeschrieben.
Das zeigt sich vor allem an der akribischen Ermittlungsarbeit, bei der Thiel und seine Kollegen um Winni Karls (Ronald Kukulies), Conny Roth (Sina Bianca Hentschel) und Tim Koller (Moritz Führmann) begleitet werden. Nervenzehrend wird hier jedes Detail ausgewertet, schön durchdachte und plotgerechte Kausalitäten, die zum Täter führen, sind die große Ausnahme. So wie in der Realität eben, auf der auch dieser "True Crime"-Fall beruht. Erzählt wird – der Titel sagt es schon – die Geschichte eines vermissten Mädchens. Die junge Nele Sommer, ehrgeizige Synchronschwimmerin und diabeteskrank, ist nach dem Schwimmtraining verschwunden. Eine Suchaktion läuft ins Leere, ein Gewaltverbrechen wird immer wahrscheinlicher. Doch selbst wenn Nele noch leben sollte: Ihr Insulin würde bald zur Neige gehen.
Die Ermittlungen führen Thiel und Team zu verschiedenen Anknüpfungspunkten: Spielte es eine Rolle, dass sich die Verschwundene bisweilen gern auf Ladendiebstahl-Tour begab? Könnte die eifersüchtige Freundin involviert sein ("Die hatte überhaupt keinen Freund. Die hatte nur ihr blödes Synchronschwimmen im Kopf")? Und was weiß Neles Vater Holger (Martin Lindow), der über den Abend des Verschwindens seiner Tochter mehr zu wissen scheint (und Heino Ferch im Übrigen nicht unähnlich sieht). Überhaupt, die liebe Familie: Vater und Mutter werfen sich gegenseitig Schuldzuweisungen an den Kopf: "Er will immer alles kontrollieren – wie seinen Blutzucker eigentlich. Aber Menschen kann er nicht so kontrollieren", so die verzweifelte Mutter Christa Sommer alias Sandra Borgmann. Das Drama – gipfelnd in einem beeindruckend gespielten Nervenzusammenbruch – zermartert auch die Psyche der Polizisten.
Wie in der echten Welt inzwischen die Regel, erweist sich eine DNA-Spur als verfolgenswert. Weil "Ein Mädchen wird vermisst" aber wie seine Vorgänger vor allem von der ermittlerischen Ernüchterung lebt, scheint auch der durchgeführte Gentest ins Leere zu führen. Mühsam forscht der Kommissar. Der Film unter Regie von "Tatort"-Routinier Markus Imboden bleibt auf diese Weise aufregend, bisweilen gehen dem Drehbuch aber mit realitätsfernen Dialogen die Pferde durch. Zumal die Moralanstalt deutscher Krimi manchmal durchscheint, etwa wenn der Herr Kommissar Dinge sagt wie: "Manchmal ist es besser, die Eltern wissen, was ihre Kinder im Netz so treiben". Dennoch: Die Kombination aus echten Fällen, Krimiatmo und Heino Ferch dürfte auch nach dem dritten Film weiterhin gut funktionieren.
Ein Mädchen wird vermisst – Fr. 17.09. – ARTE: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH