"Unsere wunderbaren Jahre": Die Nachkriegs-Saga über die Unternehmerfamilie geht weiter
Der ARD-Dreiteiler "Unsere wunderbaren Jahre" war vor drei Jahren bereits ein großer Erfolg und lockte viele Millionen Zuschauer vor die Bildschirme. Nun kommt die Unternehmerfamilie aus dem sauerländischen Altena mit der zweiten Staffel zurück. In sechs Teilen geht es mit der Fortsetzung zurück in das Jahr 1967.
Eine Unternehmerinnen-Familie mit drei Töchtern. Die Erzählung angesiedelt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Nein, die Rede ist nicht von den erfolgreichen "Ku'damm"-Trilogien des ZDF, die rund um eine Westberliner Tanzschule gebaut sind, sondern von "Unsere wunderbaren Jahre" – sozusagen dem Konkurrenzprodukt der ARD. Im März 2020 lockten die drei Teile insgesamt 20 Millionen Zuschauer vor die Bildschirme, und weil die Buchvorlage Peter Pranges auf ihren 1.000 Seiten noch bis zur Euroeinführung am 1. Januar 2002 weitererzählt, war fast klar: Die Nachkriegsgeschichte rund um jene Familie, die in Altena die Münzen für die neue D-Mark herstellt, würde ebenfalls weitergehen. Nun etwas "zeitgemäßer" als sechsteilige Miniserie, was für die Gesamtlänge von rund 270 Minuten aber keinen Unterschied macht.
Von der Nachkriegszeit in die späten 60er Jahre
Erzählten die ersten drei Filme ab 1948 aus der westdeutschen Provinz, vollzieht man nun erst mal einen Zeitsprung ins Frühjahr 1967: Nach dem Selbstmord ihres Mannes führt weiterhin die gestrenge Patriarchin Christel Wolf (Katja Riemann) das Familienunternehmen "Vereinigte Stahlwerke Altena". Tochter Ulla (Elisa Schlott) lebt mit Mann Tommy (David Schütter) und Tochter Angelika (Smilla Maryluz Liebermann) in Ostberlin und hat sich dem Sozialismus verschrieben.
Die scheue Gundel (Vanessa Loibl) ist als junge Mutter heillos überfordert. In ihrer Ehe mit Benno (Merlin Sandmeyer) läuft es nicht allzu gut. Nur Margot (Anna Maria Mühe), Personalchefin bei Wolf, und ihr mittlerweile 19-jähriger Sohn Winne (Damian Hardung) leben noch bei Christel in der Familienvilla.
Ist der rebellische Winne der richtige Nachfolger?
Im rebellischen Winne sieht Christel ihren Nachfolger. Der jedoch hat eher Partys, politischen Protest und schöne Mädchen im Kopf. Mit seinem besten Freund, dem persischstämmigen Bijan (Omid Memar), will er im geklauten Auto nach Berlin fahren, um beim anstehenden Schah-Besuch zu protestieren. Gleichzeitig interessiert sich Winne für die schöne Dressurreiterin Gabriela (Rocío Luz) aus Buenos Aires, die Alt-Nazi Walter Böcker (Hans-Jochen Wagner) im Schlepptau hat, als er nach 14 Jahren Südamerika-Exil wegen der Machtergreifung der Militärs in Argentinien aus seinem Exil zurückkehrt.
Bald spinnt Böcker wieder seine Fäden, um die Geschicke Altenas nach seinem Willen zu formen. Dabei ist seine erste Anlaufstelle Bürgermeister Jürgen Vielhaber (Ludwig Trepte), Ex-Mann von Christels jüngster Tochter Ulla. Vielhaber ist mittlerweile mit der konsumfreudigen Regina (Hanna Plaß) verheiratet, selbst Tochter Betty (Ella Lee) ist fast schon erwachsen.
Retro-Feeling und etwas unterkomplexe Charaktere
Ein wenig skurril sieht es schon aus, das Personal aus "Unsere wunderbaren Jahre" in seinen Altersmasken – doch damit muss man leben, wenn man den Zeitsprung von der direkten Nachkriegszeit in eine Ära wagt, in der sich Westdeutschland erstmals von der bleiernen Wirtschaftswunder-Zeit in eine Ära des "inneren Aufbruchs" katapultierte. Als studentische Proteste Großstadtstraßen säumten und die Gesellschaft mit ihren "Gastarbeitern" immer mehr "multikulti" wurde. Auch Staffel zwei der Altena-Saga (Regisseurin und Headautorin: Mira Thiel) leidet ein wenig darunter, dass sämtliche Erzählstränge stets etwas zu "exemplarisch" für gewisse Zeitphänomene oder zeittypische Menschen gewählt wurden. Die Charaktere selbst sind dafür fast schon ein bisschen unterkomplex gezeichnet.
Dafür gibt sich die Technicolor-Ästhetik in Sachen Kamera und Ausstattung alle Mühe, das Retro-Feeling der 60er in eine Erzählung zu packen, die vor allem bei betagten Zuschauerinnen und Zuschauern viele Erinnerungen an die eigene Jugend auslösen dürfte. Nicht zuletzt deshalb wurde der Cast um eine neue Generation nachwachsender Altena-Bewohner ergänzt – und die müssen dann auch keine albernen Altersmasken tragen.
Man kann fast sicher sein: Die Verfilmung des Prange-Bestsellers wird nicht im Jahr 1969 enden, sondern weitergehen. Linear wird die zweite Staffel "Unsere wunderbaren Jahre" an zwei Dienstagen, 15. und 22. März, 20. 15 Uhr, mit jeweils einer Doppelfolge fortgesetzt. Vorab sind bereits alle Teile in der ARD Mediathek abrufbar.
Unsere wunderbaren Jahre – Sa. 11.03. – ARD: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH