Der ewige Rebell Paul Breitner
Zum 70. Geburtstag von Paul Breitner strahlt der BR das Porträt "Einfach Paul" über den ungewöhnlichen ehemaligen Fußball-Profi aus. Ebenfalls sehenswert: die Doku "Profis – Ein Jahr Fußball mit Paul Breitner und Uli Hoeneß".
Sein Etikett: der Rebell. Das wurde Paul Breitner nie los, und vermutlich wollte er das auch nicht. Breitner gehörte zu Beginn der 70er-Jahre gemeinsam mit Uli Hoeneß und Günter Netzer zu jener ersten Generation des Fußballs, die der Bildung einer eigenen Marke besondere Aufmerksamkeit schenkte. Werner Olk, Georg Schwarzenbeck, Franz Roth, Rainer Ohlhauser oder Dieter Brenninger – sie hatten Bayern München in den 60-ern geprägt. Dazu kamen die jungen Genies Gerd Müller und Frank Beckenbauer. Sie alle hatten sich zunächst brav in den Dienst ihres Vereins gestellt. Doch mit dem jungen Breitner begann eine neue Ära. "Einfach Paul" heißt die Dokumentation, die Thomas Klinger zum 70. Geburtstag Breitners (5. September) gedreht hat. "Ein Spiegelbild prallvoller 70 Jahre, ein Spiegelbild unserer Zeit" wird versprochen.
Erst vor wenigen Wochen wurde die Geschichte auch im ZDF in einer Doku erzählt. Nun also im Bayerischen Rundfunk, in dem Breitner in all den Jahrzehnten unzählige Male zu Gast war. Seit 1990 ist der Autor Thomas Klinger ständiger Reporter beim FC Bayern München. Auch sein Film blickt zurück auf die Karriere Breitners, auf und jenseits des Platzes.
Da ist die Sache mit der Mao-Bibel, mit der er sich ablichten ließ. Seine zerbrochene Freundschaft mit Uli Hoeneß, mit dem ihn einst so viel verband. Und nicht zuletzt der Elfmeter, der sein Leben veränderte. Am 7. Juli des Jahres 1974 nahm Paul Breitner allen Mut zusammen und verwandelte in der 25. Spielminute einen Strafstoß zum vorübergehenden 1:1-Ausgleich im WM-Finale gegen die Niederlande. "Am Morgen danach sah ich mir damals das Spiel an, und da dachte ich zum ersten Mal darüber nach, was ich überhaupt getan hatte", erinnerte sich Breitner einmal im Interview mit der Nachrichtenagentur teleschau. "Mir wurde schlecht. Kotzübel. Ich ging zwei Stunden spazieren in den Wald, und danach habe ich das Thema zu den Akten gelegt. Ich konnte nicht ständig darüber nachdenken, was gewesen wäre, wenn ... – das hätte mich verrückt gemacht."
Von Kolbermoor im Voralpenland führte ihn sein sportlicher Weg erst zu den Bayern, dann zu Real Madrid und schließlich über Braunschweig wieder zurück nach München. Fünfmal wurde Breitner Deutscher, zweimal Spanischer Meister. Er gewann mit der Nationalmannschaft den WM- und den EM-Titel, wurde Deutschlands Fußballer des Jahres.
Nach seiner Karriere blieb er stets ein kritischer Geist des Fußballs. Er begleitete, mal mehr, mal weniger von seinem Verein geschätzt, die Bayern ebenso wie die deutsche Nationalmannschaft. Seit 2006 arbeitet er zusammen mit seiner Ehefrau Hildegard ehrenamtlich bei der Münchner Tafel.
Die Bayern in der Krise
Im Anschluss ab 22.45 Uhr zeigt der BR passend zum Thema die grandiose 90-minütige Fußball-Dokumentation "Profis – Ein Jahr Fußball mit Paul Breitner und Uli Hoeneß" (2006). Es geht um den FC Bayern München in der Saison 1978/1979. Im Jahr davor hatten die Bayern, schon damals eigentlich eine Macht, den 12. Platz in der Bundesliga belegt. Ein verheerendes Ergebnis, und so ist klar, dass die Stimmung zunächst nicht unbedingt die beste ist. Was heute jedoch undenkbar erscheint, nämlich einen Blick hinter die Kulissen eines kriselnden Vereins zu werfen, das durften damals die beiden Filmemacher Christian Weisenborn und Michael Wulfes. Und so interviewten sie Paul Breitner und Uli Hoeneß – wohlgemerkt während die im Bett lagen. Und sie ließen sie Mikrofone während des Spiels tragen.
Die beiden einstigen Freunde Breitner und Hoeneß stehen im Mittelpunkt des Films und kommentieren bisweilen aus dem Off. Deutlich wird, dass der Verein zu diesem Zeitpunkt an einem Scheideweg stand. Die Erfolge blieben aus, Teile der Mannschaft revoltierten gegen den Trainer Gyula Lorant, der denn auch im Verlauf der Saison von Pal Csernai abgelöst wurde. Es war das Jahr, in dem sich Gerd Müller gen USA verabschiedete und der mächtige Präsident Wilhelm Neudecker abgelöst wurde, weil die Mannschaft Max Merkel als neuen Trainer ablehnte. Und es war das Jahr, in dem Uli Hoeneß seine aktive Karriere als Fußballer beendete. Er begann später seine Tätigkeit als Manager und überwarf sich mit seinem ehemaligen dicken Kumpel Paul Breitner. 1978/1979 – eine Saison, die all den älteren Fans des Vereins noch in guter Erinnerung ist und die viele Spuren hinterlassen hat – bis zum heutigen Tag.
Einfach Paul – Mo. 30.08. – BR: 22.00 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH