Mord in der Überwachungsstadt: So spannend ist die ZDF-Serie "Concordia"
Die internationale ZDF-Serie "Concordia" erzählt von einer schwedischen Modellstadt, in der Verbrechen ausgestorben sind – weil sich alle Bewohner lückenlos überwachen lassen. Doch nach 20 friedlichen Jahren unter Gründerin Juliane Ericksen (Christiane Paul) geschieht ein Mord.
Wie wäre es, wenn wir unser gesamtes Leben von einer KI überwachen ließen – per Kamera, Tonaufzeichnung und Körperdaten-Erfassung? Niemand könnte sich mehr leisten, ein Verbrachen zu begehen. Aber wäre dies nicht der totale Überwachungsstaat? Natürlich wäre er das. In der sechsteiligen ZDF-Serie "Concordia" (ab 14. September in der Mediathek, am 20. und 21. Oktober im linearen Programm) ist die freiwillige Hingabe an den digitalen Big Brother jedoch Teil des revolutionären Konzeptes von Stadtgründerin Juliane Ericksen (Christiane Paul).
Irgendwo in Schweden haben sich Menschen in einer Stadt zusammengefunden und in diesen "Deal" eingewilligt. Zu Beginn einer jeden Folge sieht man wie in einem Werbevideo kurze Interviewschnipsel mit den bunt-diversen Concordia-Bewohnern, die das Konzept über alles loben: die Sicherheit und der Frieden des Zusammenlebens – oder auch die Möglichkeit, durch massive Datenerhebung Krankheiten und andere individuelle Probleme schon im Vorfeld zu erkennen und zu behandeln.
20 Jahre existiert das Konzept Concordia bereits und soll nun in die fiktive sächsische Stadt Kopwitz unter Bürgermeisterin Hanna Bremer (Karoline Eichhorn) übernommen werden. Dann aber geschieht ein Mord an der Stadtgrenze Corncordias. Exakt dort, wo die Überwachung aufhört. Einen jungen Analysten der Überwachungs-KI Concordias hat es erwischt.
Aus England kommt die Krisenmanagerin Thea Ryan (Ruth Bradley), um den Fall zu untersuchen. Julianes Sohn Noah (Steven Sowah) und Isabelle Larsson (Nanna Blondell), die in Concordia ebenfalls für die Überwachungssicherheit zuständig sind, sollen der externen Ermittlerin helfen. Doch es geht nicht nur darum, einen Mord aufzuklären. Auch das Konzept Concordia soll geschützt werden. Ein Konzept, das nicht nur Befürworter kennt. Offenbar will die radikale Datenschützer-Gruppe "The Faceless", die vom mysteriösen Leon (Jonas Nay) angeführt wird, Concordia schaden.
"Der Schwarm" schwimmt mit
Der frühere "Game Of Thrones"-Produzent Frank Doelger – fürs ZDF betreute er schon das Großprojekt "Der Schwarm" – steht auch hinter diesem Near-Future-Stoff. Die Produktion entstand in englischer Sprache mit internationalem Ensemble, weshalb sich deutsche Darstellerinnen und Darsteller wie Christiane Paul und Jonas Nay selbst synchronieren mussten. Ein bisschen Figuren-Authentizität nimmt dieser Umstand dieser an sich interessanten Geschichte weg. Dazu kommt, dass die sechsmal 45 Minuten langen Folgen im Sinne einer eher herkömmlichen Thriller-Miniserie auf Spannungsbögen getrimmt sind und die Charaktertiefe des Ensembles nicht unbedingt im Vordergrund steht. Am authentischsten wirkt dabei noch die Irin Ruth Bradley als externe britische Ermittlerin mit Familienproblemen daheim auf der Insel.
Interessanterweise weist Frank Doelgers neue Serie (Drehbuch: Nicholas Racz, Mike Walden, Isla van Tricht) ähnliche Stärken und Schwächen auf wie "Der Schwarm": Der Stoff ist spannend und relevant und doch wirkt die Serie ein wenig wie Kunst von der Stange. Bei den reißbrettartigen Figuren schimmert immer wieder mehr Konzept als echtes Leben durch. Auch die Dialoge sind eher zielführend als überraschend und lebendig.
Trotzdem hat die Serie neben ihrer guten Grundidee auch Stärken: Concordia sieht nicht nach dystopischer Zukunft aus, sondern wie eine mittelgroße Schweden-Community mit viel Ikea-Gemütlichkeit. Dass die Serie den Eindruck vermittelt, als würde sie heute spielen, war auch der österreichischen Regisseurin Barbara Eder ("Barbaren", "Der Schwarm") wichtig. Gerade im Gegensatz zu den am Anfang einer jeden Folge stehenden Lobpreisungen durch ihre Bewohner, regen die Versteckspiele Concordias und Intrigen jener, welche die Stadt organisieren, zum Nachdenken über die Zukunft an.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH