"Goodbye, Sowjetunion!": persönlicher Blick auf das Ende einer Weltmacht
Vor rund 30 Jahren zerbrach die Sowjetunion. Eine ARTE-Doku blickt zurück und zeigt, was vom einst so mächtigen Imperium geblieben ist.
"Meine Eltern sind jung, gerade Mitte 20, als sie 1965 zum Studium nach Moskau dürfen. Sie lebten in der DDR. Die Sowjetunion galt als das große Bruderland. Für sie war es ein Privileg, dort zu studieren. Aber standen sie hier wirklich auf der besseren Seite der Welt?" – Die Autorin des Films "Goodbye, Sowjetunion!", Henrike Sandner, beginnt mit der Auskunft, dass ihre Rückschau auf die Geschichte der ehemaligen Sowjetunion auch einen Blick auf die eigene Familienchronik darstellt. Geboren 1971 in Dresden, besuchte Sandner das ehemalige Sowjetreich das erste Mal selbst im Alter von acht Jahren. Ihr Ziel damals war Leningrad, heute St. Petersburg, von 1914 bis 1924 hatte die Stadt den Namen Petrograd getragen. Sie hätte damals nicht viel gewusst über die Sowjetunion oder Lenin, erzählt sie.
Dabei wirkt Sandners Kniff mit ihrer Reise in die eigene Vergangenheit und die ihrer Eltern geschickt. Persönliches wird vermischt mit den politischen, historischen wie gesellschaftlichen Eckpfeilern eines untergegangene roten Imperiums. Anhand privater Archivaufnahmen schafft sie so eine Nähe, dass es in diesem angeblichen "Reich des Bösen", wie es der US-Präsident Ronald Reagan in den 1980er-Jahren nannte, durchaus auch lebenswert und erfreulich zugegangen war.
Dem gegenüber stehen aber auch die Aufnahmen martialischer Militärparaden, die die Sowjetführung unter dem Auge der Weltöffentlichkeit aufführte. Über den Roten Platz in Moskau rollende Lastwagen schwer beladen mit bedrohlich wirkenden Raketen sollten aufzeigen, wie unverwundbar sich die UdSSR doch fühlte. Nikita Chruschtschow, von 1953 bis zu seinem Sturz 1964 Parteichef der allmächtigen KPdSU, etwa betonte gerne, "die Sowjetunion würde Raketen wie Würstchen am Fließband produzieren".
Insgesamt spannt Sandners Reise zurück in die Geschichte eines untergegangenen Reiches einen großen Bogen über die Jahre 1917 bis 1991 und stellt die verschiedenen Perspektiven und Realitäten gegenüber. Privaten Archivaufnahmen, Fotos und Alltagsgegenstände stehen im Kontrast zu "offiziellen" Nachrichten, sowjetischem Filmmaterial oder Defa-Filmklassikern.
"Krimi im Kreml" über die Wiederwahl von Boris Jelzin
Bei ARTE ist Sandners Film im Rahmen eines Themenabends über die Geschichte der Sowjetunion zu sehen. Um 21.05 Uhr folgt der Beitrag "Krimi im Kreml", ebenfalls in Erstausstrahlung. Die französische Dokumentation von Madeleine Leroyer zeigt auf, wie der russische Präsident Boris Jelzin seine Wiederwahl 1996 doch noch sichern konnte. Um diesen damals aussichtslosen Kampf zu gewinnen, verbündeten sich die Männer des Kremls mit Geschäftsleuten und westlichen Mächten.
"Das Erbe einer Weltmacht" ab 22 Uhr hingegen zeigt das postsowjetische Leben in Kirgistan, im von Bürgerkriegen geplagten Kaukasus und geht der Frage nach, ob es in den angeblich unabhängigen Republiken neue Abhängigkeiten von Russland gibt. Der Dokumentarfilm "Stalins Henker" beleuchtet ab 23.20 Uhr ein sehr düsteres Kapitel russischer Geschichte. Im April 1940 wurden im Auftrag des sowjetischen NKWD 4.400 polnische Offiziere im Wald bei Katyn ermordet. Das Massaker wäre niemals an den Tag gekommen, hätten die Nazis das Massengrab nicht 1943 entdeckt und das Verbrechen für ihre antibolschewistische Propaganda ausgeschlachtet.
Goodbye, Sowjetunion! – Di. 14.12. – ARTE: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH