"Die Saat – Tödliche Macht": Das Geschäft mit der Saatgut und der Welternährung
Polizeiausbilder (Heino Ferch) sucht in "Die Saat – Tödliche Macht" nach seinem verschwundenen Neffen. Der Umweltaktivist ist im Norden Norwegens verschwunden. Die Miniserie beschäftigt sich mit der Macht einzelner Konzerne und dem Geschäft mit der Welternährung.
"Drei Saatgut-Großkonzerne kontrollieren fast zwei Drittel des auf 50 Milliarden geschätzten Weltmarktes", sagt Drehbuchautor Christian Jeltsch über seine Miniserie "Die Saat – Tödliche Macht". Das Erste zeigt zur Samstags-Primetime vier 45-Minuten-Folgen am Stück und schließt die deutsch-norwegische Koproduktion am Sonntag, 10.12., nach dem neuen Münster "Tatort" ab 21.45 Uhr mit den beiden letzten Episoden ab. Maximale lineare Aufmerksamkeit also für den dreistündigen Politthriller, zumindest in Sachen Programmplatz (in der ARD-Mediathek steht die Serie bereits ab 1.12.).
Die Monopolisierung des Ernährungs-Weltmarktes
Auch in Sachen Inhalt und Machart dürfte das öffentlich-rechtliche Publikum abgeholt werden: Heino Ferch spielt mit tief raunender Stimme, die Sylvester Stallone nicht weiter runterpitchen hätte können, den desillusionierten Münchener Polizeiausbilder Max Grosz. Als dessen Neffe Victor (Jonathan Berlin) auf Spitzbergen verschwindet, reist der gesundheitlich angeschlagene Beamte in die raue Schönheit des Polarkreises, um nach dem Umweltaktivisten zu suchen. Anfangs zögerliche Unterstützung erhält der deutsche Brummbär von der norwegischen Polizistin Thea Koren (Ingrid Bolsø Berdal).
Victors Spur verliert sich am Svalbard-Saatguttresor in Spitzbergen. Dort, im "Global Seed Vault", lagern alte und moderne Saatgut-Proben aus der ganzen Welt. Eine Art Arche Noah der Welternährung, die tatsächlich zum Backup-Zwecke nach einer möglichen Weltkatastrophe existiert.
Während im äußersten Norden Norwegens ermittelt wird, lernt man Sven Benjamin (Seumas Francis Sargent), den jungen, für humanistischen Fortschritt kämpfenden CEO des größten Saatgut-Herstellers der Welt kennen. Im Hintergrund des deutschen Weltunternehmens scheint jedoch Chef-Lobbyist Jon Hoffmann (Reiner Bock) die Fäden zu ziehen. Damit man einen großen Mitkonkurrenten schlucken kann, verbringt Hoffmann viel Zeit bei der EU in Brüssel. Dort soll die junge EU-Kommissarin Jule Kronberg (Friederike Becht) vom Deal überzeugt werden. Die Repräsentantin einer Öko-Partei, die sich gerade von ihrem Ehemann, dem Investigativ-Journalisten Ian Ramis (Johann Myers) trennt, sieht die Monopolisierung des Ernährungs-Weltmarktes jedoch äußerst kritisch.
Spannender Mehrteiler
Das Autorenteam Christian Jeltsch, Axel Hellstenius und Alexander Dierbach ("Tannbach – Schicksal eines Dorfes", auch Regie) hat mit "Die Saat – Tödliche Macht" einen klassischen Politthriller erschaffen. Einen, der das komplexe Zusammenspiel von Welternährung, Konzernmacht und Politgeschäft ziemlich transparent macht und die Zuschauer durch klassische Charaktere (der einsame Ermittler und die schöne, durch ein Trauma verletzte Polizistin) routiniert bei der Stange hält. Gute Darsteller wie Rainer Bock als freundlicher, aber in der Sache gnadenloser Lobbyist oder die wie so oft starke Friederike Becht als Politikerin zwischen Idealismus und Pragmatismus tragen zum guten Gesamtniveau des Mehrteilers bei.
Kritisieren könnte man am auf ein großes, auch internationales Publikum zielenden Stoff, dass er in Sachen Figuren und Plotwendungen ziemlich "routiniert" daherkommt. Die Serienmacher wollen ihrem Publikum die Machenschaften von Großkonzernen im Zusammenspiel mit Politik, medialen Täuschungsmanövern und auch ihre – mögliche – Skrupellosigkeit beim Durchsetzen ihrer Ziele nahebringen. Ein wichtiges Anliegen, das, um erfolgreich zu sein, natürlich nicht allzu sperrig anzuschauen und zu konsumieren sein darf. "Show, don't tell" (deutsch: "Zeigen, nicht erzählen") ist ein häufig gebrauchter Ausbildungs-Terminus, um Filmautoren dazu zu bewegen, möglichst wenig Infos in Erzählerstimmen, Monologe und Dialoge zu packen, sondern die Figuren einfach Dinge tun zu lassen, die das gleiche Anliegen der Filmemacher eleganter an ihr Publikum vermitteln.
Deutschen Produktionen macht man öfter den Vorwurf, das Gegenteil zu tun – also zu viel über Sprache zu erklären. "Die Saat – Tödliche Macht" ist leider ein Musterbeispiel für dieses Vorgehen. Die Autoren haben wenig Vertrauen in ihre Figuren. Deshalb müssen sie sehr viele Dinge "aufsagen", um die anspruchsvollen Zusammenhänge, von denen hier berichtet wird, "rüberzubringen". Ein bisschen ist das auch dem Genre "Politthriller" geschuldet, denn Politik besteht nun mal aus reden. Dennoch hätte die alles in allem dennoch sehr solide, aber auch irgendwie "deutsche Serie", ein wenig mehr "zeigen" statt "erzählen" und mehr filmische Experimentierfreude wagen können.
Die Saat – Tödliche Macht – Sa. 09.12. – ARD: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH