Mohamed Ali über die Gefahr einer Eskalation im Ukraine-Krieg: "Das Risiko ist gigantisch groß"
In der ARD-Talkshow 'Maischberger' diskutieren Norbert Röttgen und Amira Mohamed Ali über den Ukraine-Krieg und den Einsatz westlicher Waffen gegen russische Ziele. Röttgen betont die Notwendigkeit einer angepassten Strategie, während Mohamed Ali vor einer Eskalation warnt.
Röttgen besorgt um Energieversorgung in der Ukraine
Es habe einen Wandel der Positionen gegeben, sagt der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen am Mittwochabend in der ARD-Talkshow "Maischberger". In der Sendung diskutiert er mit Amira Mohamed Ali, einer der Vorsitzenden des Bündnisses Sahra Wagenknecht. Es geht um den Krieg in der Ukraine und um eine mögliche Änderung der wichtigsten Nato-Strategie.
Die Nato-Staaten hätten bisher den Einsatz westlicher Waffen in Russland verboten, erklärt Röttgen. Russland habe darauf geantwortet und Abschussrampen direkt an der Grenze zur Ukraine errichtet: "Sie machen das zivile Leben unmöglich. Vor allem in Charkiw wird systematisch die zivile Lebensstruktur zerstört, die Energieversorgung. Wenn das so weitergeht, wird im Winter in dieser zweitgrößten Stadt der Ukraine niemand mehr leben können. Das sind Kriegsverbrechen."
Das oberste Ziel der westlichen Länder sei der Frieden, sagt Röttgen. "Der Weg zum Frieden ist, dass der Krieg scheitert. Und darum muss die Position angepasst werden." Um russische Angriffe vor allem auf die Stadt Charkiw rund 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernt zu verhindern, müsse der Ukraine der Beschuss russischer Kriegsanlagen auf russischem Boden erlaubt werden, auch mit Waffen, die der Westen geliefert habe. Dieser Meinung sei im Übrigen auch Bundeskanzler Scholz, behauptet Röttgen.
Wird Putin bald das nächste Land angreifen?
Russlands Präsident Putin hat inzwischen auf die Diskussionen, die es seit einigen Tagen sowohl in der Nato als auch bei einigen westeuropäischen Politikern gibt, reagiert. Er drohte im russischen Fernsehen indirekt mit einem Angriff auf ein kleines Land in Europa – und dürfte an einen Staat im Baltikum gedacht haben. Amira Mohamed Ali nimmt diese Drohung sehr ernst.
Völkerrechtlich sei ein Angriff russischer Militärziele zwar okay, sagt die Politikerin. Es komme aber darauf an, welche Waffen man dafür benutze. Würde die Ukraine Russland mit westlichen Waffen beschießen, bestünde die Gefahr einer Eskalation des Krieges. "Ich denke, man muss sich bei jeder einzelnen Maßnahme in diesem Krieg die Frage stellen, was das Ziel ist. Herr Röttgen hat es dargestellt, als wäre es so, dass diese Maßnahme das Kriegsgeschehen relevant verändern würde, und Russland würde sozusagen in die Unterhand kommen und den Krieg dann verlieren. Das ist aber erkennbar nicht der Fall."
Röttgen: Nicht von russischer Propaganda einschüchtern lassen
Ob er glaube, dass Russland ein Nato-Land angreifen werde, will Moderatorin Sandra Maischberger von Röttgen wissen. Der spricht von Propaganda und davon, dass Putin damit die westlichen Länder spalten wolle. Der Westen dürfe sich von Putins Propaganda nicht einschüchtern lassen. "Putin betreibt Propaganda und Einschüchterung als Teil des Krieges." Dazu gehöre auch die Drohung, Atomwaffen gegen den Westen einzusetzen.
Der CDU-Politiker weiter: "Ich kann natürlich nicht für die Zukunft meine Hand ins Feuer legen. Wir müssen immer abwägen: Wo sind die Gefahren, wo sind die Risiken? Aber jetzt von Putin zu sagen, weil jetzt auch die Angreiferpositionen attackiert werden, deswegen gehe ich jetzt mit der Nato in den Krieg, nachdem ich an der Ukraine gescheitert bin, macht militärisch und politisch keinen Sinn. Es hängt an uns, dass der Krieg erfolgreich wird. Womit Putin droht, das kann passieren, wenn er in der Ukraine erfolgreich ist. Wenn er in der Ukraine scheitert, wird es nicht passieren."
Auch Mohamed Ali bezweifelt den militärischen Sinn eines russischen Angriffs auf ein westeuropäisches Land. Trotzdem sagt sie: "Das Risiko ist gigantisch groß." Sie setzt auf weitere diplomatische Bemühungen, einen Frieden herbeizuführen. "Man muss jetzt alles daran setzen zu versuchen, als Erstes einen Waffenstillstand zu erreichen. Und zur Not muss man die Bereitschaft zu Verhandlungen herbeiverhandeln."
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH