Tatort: Das verschwundene Kind

"In zwei Wochen bin ich wieder weg"

01.02.2019, 16.02 Uhr
von Florian Blaschke
Neues Tatort-Duo: Florence Kasumba und Maria Furtwängler in Göttingen.
Neues Tatort-Duo: Florence Kasumba und Maria Furtwängler in Göttingen.  Fotoquelle: Christine Schroeder/NDR

Strafversetzt nach Göttingen sieht sich Charlotte Lindholm einem dramatischen Fall gegenüber – und einer neuen Kollegin, die genauso stur ist wie sie selbst.

TV-TIPP

Angeschlagen und gekränkt muss Charlotte Lindholm in Göttingen neu anfangen. Ein Start mit Hindernissen.

"Tatort: Das verschwundene Kind"

Sonntag, 3.2.

20.15 - 21.45 Uhr

ARD

"Heute Abend komm ich rechtzeitig, dann spre­chen wir noch mal dar­über", verspricht Charlotte Lind­holm (Maria Furtwängler) ihrem Sohn, der sich in den Kopf gesetzt hat, Fußballprofi zu werden. Es ist einer dieser Sätze, die man in Kri­mis schon oft gehört hat. Und aus Erfahrung weiß man: Sie wird ihr Versprechen nicht halten können. Es kommt ein Fall dazwischen.

Dabei hat sie ihren letzten Ein­satz, den "Fall Holdt", noch gar nicht richtig verarbeitet. Strafver­setzt nach Göttingen versucht sie trotzdem, ihren Alltag in den Griff zu kriegen, so etwas wie Routine einkehren zu lassen, ohne es sich in der neuen Umgebung allzu be­quem zu machen. "Ich hab ein Kind in Hannover. Ich werde be­stimmt nicht nach Göttingen zie­hen." Einer der ersten Sätze, die ihr neuer Chef Gerd Liebig (Luc Feit) von ihr zu hören bekommt.

Auch ermittlungstechnisch hat Lindholm gleich mehr als genug zu tun. In einer abrissreifen Schul­umkleide wird Blut gefunden. Jede Menge. Dazu ein Satanszeichen an der Wand und – in einer Toilette – eine Plazenta samt Nabelschnur. Dankbar, wer sein Abendbrot mit ausreichend Vorlauf zu sich ge­nommen hat. Doch der Zuschauer hat auch einen Vorteil: Anders als die strafversetzte Ermittlerin weiß er, von wem die Spuren stammen. Von Julija Petkow (Lilly Barshy), einer Schülerin, die seit einer Woche nicht im Unterricht war. Was aber genau passiert ist – mit ihr, aber auch mit dem Neugebore­nen –, weiß auch er nicht. Ebenso wenig wie die Ermittler.

Der Tatort aber wäre nicht der Tatort, läge darin Lindholms ein­ziges Problem. So genügt eine ein­zige, rassistische Dummheit, um die neue Kollegin Anaïs Schmitz (Florence Kasumba, lesen Sie hier ein Interview) auf die Palme zu bringen. Für die anderen braucht es härtere Geschütze, doch auch die feuert sie sauber ab: "Ich arbeite lieber allein, Kommu­nikation ist nicht so mein Ding und Teamwork auch nicht", wirft sie dem Team als Einstand an den Kopf. "Ich hab' Probleme, mich auf das Tempo und die Befindlichkei­ten anderer einzustellen, und ich hab' ein Problem mit Kollegen, die nicht auf meinem Niveau ermit­teln. Und damit Sie es genau wis­sen: In zwei Wochen bin ich wieder weg." Es wird also nicht lange dau­ern, bis die Situation eskaliert.

Grenzen und Tabus

Vieles von dem, was dieser Tatort dem Zuschauer zumutet, ist schwer zu ertragen, Bilder und Charaktere kratzen an Grenzen und Tabus. Doch selten auch war ein Fall um Charlotte Lindholm derart nah an den Abgründen des Alltags, den zwischenmenschli­chen, den sozialen, den psychi­schen. Einzig am Ende fällt dieser Tatort ab, vor allem in Bezug auf die internen Konflikte, die inner­halb weniger Momente und damit zu schnell geglättet werden. Frag­lich, wie viel davon sich in die kommenden Fälle retten lässt. Hoff­nung macht da Maria Furtwängler selbst, wenn sie sagt: "Daraus kann man noch viel Spannendes entwi­ckeln, weil man das auch nicht so häufig sieht, dass es zwei Alpha­frauen gibt, zwei Frauen, die sich nicht ankuscheln, sondern ganz handfest verschiedene Arten haben, an eine Sache heranzuge­hen, die ein unterschiedliches Temperatur haben, ohne jemals zickig oder hysterisch zu sein." Also dann: auf ein Neues. In Göt­tingen.

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