„Anfangs fühlte ich mich schwächer als sonst. Mein Herz klopfte ungewöhnlich und ich fühlte mich häufig schwindelig, hatte auch immer wieder Kopfschmerzen. Diesen Zustand habe ich ziemlich lange ausgehalten, bis ich dann schließlich zu meiner Hausärztin ging“, erklärte mir vor einigen Wochen eine 40-jährige Patientin in meiner Sprechstunde. Die Hausärztin stellte bei der Patientin Bluthochdruck fest und verordnete blutdrucksenkende Medikamente mit einer Anfangsdosierung, wie sie im Beipackzettel vorgeschlagen war. „Aber nach ein paar Tagen fühlte ich mich tagsüber sehr müde und schaffte meine Arbeit als Krankenschwester nur noch mit Mühe. Außerdem hatte ich Schwindel beim Aufstehen“, berichtete mir die Patientin über ihren weiteren Krankheitsverlauf.
Kein Wunder: Nachdem sie ihren Blutdruck gemessen hatte, war dieser plötzlich viel zu niedrig. „Zuerst war mein Blutdruck viel zu hoch, dann viel zu niedrig“, stellte die 40-Jährige verwundert fest. Und das, obwohl sie die Medikamente wie verordnet eingenommen hatte. „Mit einer medikamentösen Behandlung nach Packungsbeilage ist es nicht getan“, antwortete ich der Patientin und erklärte ihr auch den Grund dafür: „Frauen brauchen meist niedrigere Dosierungen als Männer und haben häufiger Nebenwirkungen. Das zeigt auch ihr Fall.“
Ich riet ihr, vorsorglich einen Augenarzt aufzusuchen, und außerdem zu einer Ultraschalluntersuchung der Halsgefäße. Denn der konstant hohe Blutdruck vor ihrer medikamentösen Behandlung könnte bereits zu einer Verkalkung und Schädigungen an ihren Gefäßwänden geführt haben.
Das kann alle Blutgefäße des Körpers betreffen bis hin zu den kleinen Netzhautgefäßen des Auges. Diese Veränderungen können zu Durchblutungsstörungen führen. Das Auge erhält dadurch weniger Sauerstoff. Es kann zu Schäden am Auge kommen, die mit der Dauer des unbehandelten Bluthochdruckes zunehmen. Diese Erkrankung heißt hypertensive Retinopathie.
Nach Rücksprache mit ihrer Hausärztin reduzierten wir die Menge eines Medikaments der Patientin auf ein Viertel, die eines anderen auf die Hälfte. Nach einem Monat kam die Patientin erneut in meine Sprechstunde. Ihr Blutdruck hatte sich auf einen Wert von 120/70 mmHg eingependelt. „Endlich fühle ich mich deutlich besser“, freute sich die 40-Jährige und auch die augenärztliche Untersuchung hatte keine Schäden an ihren Augen ergeben. Das beflügelte sie, ihren Lebensstil zu verbessern, um auf lange Sicht dadurch möglicherweise ganz auf die blutdrucksenkenden Medikamente verzichten zu können.