31.03.2025 Arzt-Kolumne

Wenn Knirschen zur Belastung wird

Von Dr. Julia Fischer
Dr. Julia Fischer moderiert mittwochs um 20.15 Uhr die SWR-Gesundheitssendung „Doc Fischer“, ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „Hart aber fair“ (ARD). Als Host des „ARD Gesund“ YouTube-Kanals erklärt sie anschaulich medizinische Themen.
Dr. Julia Fischer moderiert mittwochs um 20.15 Uhr die SWR-Gesundheitssendung „Doc Fischer“, ist Buchautorin („Medizin der Gefühle“) und medizinische Expertin in Talkshows wie „Hart aber fair“ (ARD). Als Host des „ARD Gesund“ YouTube-Kanals erklärt sie anschaulich medizinische Themen. Fotoquelle: SWR

Ich habe es zuerst gar nicht bemerkt. Aber morgens war mein Kiefer oft verspannt, und irgendwann konnte ich meinen Mund kaum noch richtig öffnen“, erzählt der Betroffene aus meiner Sendung. Vom Zahnarzt erhielt er die Diagnose „Zähneknirschen“. Erst da wurde ihm klar, dass er nachts mit den Zähnen knirscht – und das schon seit Jahren.

Zähneknirschen, auch Bruxismus genannt, passiert meist unbewusst im Schlaf. Dabei pressen Betroffene mit enormem Druck die Zähne aufeinander, was nicht nur den Zahnschmelz abnutzt, sondern auch Kiefergelenke und Muskulatur stark belastet. „Das kann zu Kieferfehlstellungen, Verspannungen in Nacken und Schultern oder sogar Kopfschmerzen führen“, erklärt Dr. Lars Albrecht, Zahnarzt und Experte für Funktionsstörungen im Kausystem. Bei dem Betroffenen aus meiner Sendung hatten sich bereits sogenannte Schliff-Facetten gebildet, Abnutzungsspuren, die auf langjähriges Knirschen hindeuten. Seitdem trägt er jede Nacht eine individuell angefertigte Knirscherschiene. „Ohne die Schiene wache ich morgens oft mit einem Druckgefühl im Kiefer auf“, berichtet er. Warum knirschen Menschen überhaupt mit den Zähnen? Eine häufige Ursache ist Stress. „Der Verlust meiner Mutter hat mich damals sehr belastet. Ich habe das jahrelang ignoriert und nachts alles unbewusst verarbeitet“, erzählt er. Aber auch Kieferfehlstellungen, schlechtsitzender Zahnersatz oder bestimmte Medikamente können Bruxismus auslösen. Dr. Albrecht betont, dass es entscheidend sei, die individuellen Ursachen zu identifizieren, um gezielt gegenzusteuern.

Um die verspannte Muskulatur zu lockern, suchte der Betroffene eine spezialisierte Physiotherapeutin auf. Ingeborg Hauck behandelte gezielt seinen Kiefer- und Nackenbereich, löste Blockaden und half, die Verspannungen im Schulterbereich zu lindern. Zusätzlich empfahl sie gezielte Übungen für den Alltag: „30-mal täglich den Mund geradlinig öffnen und schließen – das hilft, den Kiefer zu entlasten.“ Ganz loswerden wird er das Knirschen vermutlich nie – aber durch die Kombination aus Schiene, Physiotherapie und Stressmanagement hat sich sein Zustand deutlich verbessert. „Heute schlafe ich wieder entspannter und habe tagsüber kaum noch Beschwerden“, sagt er. Für ihn steht fest: Die regelmäßige Kontrolle beim Zahnarzt und ein bewusster Umgang mit Stress sind entscheidend, um seine Zähne langfristig zu schützen.