Eine Mutter kam mit ihrem drei Wochen alten Säugling zur Vorsorgeuntersuchung kürzlich in meine Praxis. "Und – klappt es mit dem Stillen?", wollte ich von der stolzen Erstgebärenden wissen. "Ja, schon, ich ernähre mich allerdings vegan. Ist das ok?", fragte mich die junge Mutter.
Viele junge Mütter in meiner Praxis ernähren sich vegan und möchten ihr Kind stillen. Aus ärztlicher Sicht ist das keine gute Idee. "Ernährung ist natürlich Privatsache. Sie müssen für Ihr Kind aber darauf achten, dass Sie insbesondere genug Vitamin B12, aber auch ausreichend Proteine, Jod, Eisen, Calcium, Zink, Selen und langkettige n-3 Fettsäuren zu sich nehmen, damit der Säugling alle Nährstoffe in ausreichender Menge über die Muttermilch bekommt und gesund groß wird", erklärte ich ihr.
"Anderenfalls kann es bei Ihrem Kind zu einer Störung der Blutbildung, zu Wachstumsverzögerung und teilweise irreversiblen neurologischen Störungen kommen. Eine unzureichende Versorgung mit der langkettigen n-3 Fettsäure Docosahexaensäure kann zudem die Entwicklung von Gehirn und die Netzhaut des Auges Ihres Säuglings negativ beeinflussen. Ohne die fehlenden Substanzen in Form von Tabletten oder Supplementen geht es also nicht. Am besten lassen Sie sich bei einer für vegane Ernährung zertifizierten Ernährungsberatung noch einmal gründlich beraten, welche Nährstoffpräparate und angereicherten Lebensmittel Sie am besten zu sich nehmen. Oder Sie überlegen, ob Sie nicht während der Stillzeit auf die vegane Ernährung verzichten wollen", riet ich der Mutter.
Beim darauffolgenden Termin in meiner Praxis vor wenigen Tagen teilte sie mir mit, dass sie sich entschlossen habe, während der Stillzeit auf die vegane Ernährung zu verzichten. Sie isst nun wieder Eier, Milchprodukte und auch Fisch. Als Kinder- und Jugendärztin bin ich darüber erleichtert. "Aber wenn ich abstille, werde ich wieder Veganerin", fügte sie lachend hinzu