Gesund und fit

Rund ums Herz

Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 45.000 Menschen an einem Herzinfarkt, darunter rund 20.000 Frauen.
Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 45.000 Menschen an einem Herzinfarkt, darunter rund 20.000 Frauen. Fotoquelle: picture alliance / Zoonar | DANK0 NN

Warum Herzerkrankungen bei Frauen oft zu spät erkannt werden und warum regelmäßige Bewegung und sportliche Betätigung für Frauen und Männer gleichermaßen die beste Prävention sind.

Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 45.000 Menschen an einem Herzinfarkt, darunter rund 20.000 Frauen. Längst ist also der Herzinfarkt keine typische "Männerkrankheit" mehr. Allerdings sind die Symptome bei Frauen zumeist andere als bei Männern – ein Grund dafür, dass ein Herzinfarkt bei Frauen sowohl von den Betroffenen selbst als auch von Ärzten oftmals erst spät, manchmal auch zu spät, erkannt wird.

Anlässlich des diesjährigen Weltfrauentags im März hatte die Deutsche Herzstiftung wieder einmal darauf aufmerksam gemacht, dass gerade in den ersten Minuten und Stunden nach Verstopfung der Herzkranzarterie das Sterberisiko beim Infarkt besonders hoch ist. "Fatalerweise zögern Betroffene bei einem Herzinfarkt immer noch zu lange, den Notruf 112 abzusetzen, damit ein Rettungswagen mit Notarzt kommt. Frauen zögern dabei häufiger als Männer", so Prof. Christiane Tiefenbacher, Chefärztin für Kardiologie am Marienhospital in Wesel und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.

Das bestätigt auch Prof. Christian Meyer, Chefarzt der Kardiologischen Klinik am Evangelischen Krankenhaus (EVK) in Düsseldorf. Er erinnert sich an eine 64-jährige Patientin, die beinahe zu spät in die Notaufnahme gekommen wäre. "Die Patientin fühlte sich von jetzt auf gleich schlecht, ihr war übel und kalt, zudem war sie kaltschweißig. An ihr Herz hatte sie aber keine Minute lang gedacht, sondern sich erst einmal hingelegt, um sich ausruhen", erzählt er.

Über Symptome des Herzinfarkts informieren

Während der Nacht seien die Beschwerden der Patientin immer schlimmer geworden, so der erfahrene Kardiologe weiter, sodass sie am nächsten Morgen in die Notaufnahme kam. Dort stellte sich dann schnell heraus, dass sie einen Herzinfarkt hatte – zum Glück konnte im Herzkatheterlabor die Durchblutung des Herzens mit einem Stent wieder optimiert werden. "Diese Patientin hat mir erneut und wieder einmal sehr deutlich gemacht: Im Zweifel sofort den Notarzt anrufen! Beim geringsten Verdacht auf einen Herzinfarkt. Hier zählt wirklich jede Minute", sagt Prof. Meyer. Genau wie Prof. Tiefenbacher appelliert auch er an alle Frauen, sich frühzeitig über die Symptome des Herzinfarkts und natürlich auch, wie man dem Infarkt vorbeugt, zu informieren.

Denn auch wenn seit etwa zehn bis 15 Jahren Herzinfarkte bei Frauen mit ihren oftmals unspezifischen Symptomen wie beispielsweise starke Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Schmerzen im Oberbauch oder Rücken – der klassische Brustschmerz fehlt häufig – sowie die Behandlung der Koronaren Herzkrankheit (KHK) bei Frauen recht gut erforscht sind, sind die Symptome bei Betroffenen immer noch nicht bekannt genug. Und obwohl auch andere Herzerkrankungen (insbesondere Herzrhythmusstörungen, wie das am häufigsten auftretende Vorhofflimmern) bei Frauen – unter anderem aufgrund des veränderten Lebensstils – in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen haben, erhalten sie auch heute noch seltener als Männer die optimale Therapie.

Das stellt auch Dr. Susanne Berrisch-Rahmel in ihrem Praxisalltag fest. Die Düsseldorfer Sportkardiologin gehört zu den wenigen Experten in Deutschland, die die Themen Gender- und Sportmedizin vereinen. Sie sagt: "Frauen zeigen in der Regel ein breiteres Symptomspektrum. So berichten mir beispielsweise Patientinnen mit Angina pectoris, also Brustenge, häufig über untypische Beschwerden wie Übelkeit, Bauchschmerzen oder Schwindel sowie ungewöhnliche Müdigkeit und Erschöpfung." Bei Männern zeigen sich eher die typischen Symptome, also der plötzlich auftretende Schmerz in der Herzgegend sowie das Druckgefühl in der Brust.

Herz-Kreisreislauf-Erkrankungen häufigste Todesursache

Noch immer, so die Kardiologin, würden Frauen seltener zur kardiologischen fachärztlichen Abklärung überwiesen und in Akutsituationen deutlich später adäquat behandelt. Hinzu kommt, dass die Beschwerden bei vielen Frauen oft schwerer sind als der Befund der Herzkatheteruntersuchung vermuten lässt. Auslöser dafür, so Dr. Berrisch-Rahmel, könnte sein, dass bei Frauen gehäuft mikrovaskuläre, also die kleinsten Blutgefäße betreffende Erkrankungen der Herzkranzgefäße auftreten würden. Das Wissen um die Unterschiede in Symptomatik und Diagnostik ist deshalb sehr wichtig, um auch bei Frauen Erkrankungen des Herzens frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Und weil trotz rückläufiger Zahl der Todesfälle insgesamt Herz-Kreisreislauf-Erkrankungen laut Statistischem Bundesamt immer noch die häufigste Todesursache in Deutschland sind – im Jahr 2019 starben mehr als 330.000 Menschen an einer solchen Erkrankung – ist Prävention ganz entscheidend, und zwar für Frauen und Männer gleichermaßen.

Wer also einer Herz-Kreislauf-Erkrankung vorbeugen und seine Herzgesundheit optimieren möchte, sollte sich möglichst regelmäßig bewegen und Sport treiben. "Wer täglich rund zehn Minuten zügig geht, reduziert sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes um 20 Prozent", sagt Prof. Martin Halle, Direktor der Präventiven Sportmedizin und Sportkardiologie am Klinikum rechts der Isar der TU München.

Der Facharzt für Sportmedizin, Kardiologie und Innere Medizin sowie Sportkardiologe zählt zu den bekanntesten Präventivmedizinern Deutschlands und international zu den führenden Wissenschaftlern seines Forschungsgebiets – der Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen durch Änderungen im Lebensstil, insbesondere durch körperliches Training. "Regelmäßiges Laufen, Walken oder zügiges Gehen sind das wirkungsvollste Training für das Herz-Kreislauf-System. Schon in wenigen Wochen kann man damit seinen Fitnessstand deutlich verbessern", erläutert er.

Internistisch-sportkardiologischer Gesundheitscheck

Aber wer gut und maximal sicher Sport treiben wolle, so der erfahrene Experte weiter, müsse wissen, ob er gesund und sportlich belastbar sei. Deshalb empfiehlt er allen über 35-Jährigen, allen, die länger kein Training mehr betrieben haben oder Risikofaktoren wie Übergewicht oder Bluthochdruck aufweisen, sowie allen, die eine Covid-19-Infektion hatten, auch wenn sie keine oder kaum Symptome hatten, einen internistisch-sportkardiologischen Gesundheitscheck.

Auch Dr. Berrisch-Rahmel rät vor Beginn des Trainings zu einer sportkardiologischen Untersuchung. "Die Kosten für solche Sportvorsorgechecks werden von manchen Krankenkassen übernommen", erläutert sie. Wer unter hohem Blutdruck leide oder sogar einen Herzinfarkt überstanden habe, so die Sportmedizinerin weiter, könne die medikamentöse Therapie mit Bewegung unterstützen. Ihre Trainingsempfehlungen orientieren sich stets an den individuellen Zielen, Wünschen, Bedürfnissen und Präferenzen ihrer Patientinnen und Patienten. "Bei Frauen sind diese übrigens oft anders als bei Männern", sagt sie.