10.05.2022 Arzt-Kolumne

Ist eine Bakerzyste gefährlich?

Professor Dr. Sven Ostermeier ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin, Chirotherapie und spezielle orthopädische Chirurgie. Der Schulter- und Knie-Experte arbeitet als leitender Orthopäde der Gelenk-Klinik
Gundelfingen. Außerdem ist er Instruktor der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Arthroskopie.
Professor Dr. Sven Ostermeier ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin, Chirotherapie und spezielle orthopädische Chirurgie. Der Schulter- und Knie-Experte arbeitet als leitender Orthopäde der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Außerdem ist er Instruktor der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Arthroskopie. Fotoquelle: Gelenk-Klinik Gundelfingen

"Anscheinend habe ich Wasser im Knie. Ich habe doch nicht etwa Herzprobleme?", fragte mich kürzlich eine 50-jährige Patientin besorgt. Ich konnte sie beruhigen: "Die schmerzhaften Ausstülpungen in der Kniekehle, unter denen Sie seit 14 Tagen leiden, haben eine ganz andere Ursache", antwortete ich ihr nach eingehender Untersuchung.

In der Regel sind diese Ansammlungen von Gelenkflüssigkeit eine Folge von Verletzungen wie etwa Meniskusrissen. In diesem Fall war die Gelenkflüssigkeit das Resultat einer degenerativen Gelenkerkrankung. Der damit einhergehende Krankheitsprozess führt dazu, dass der Körper vermehrt Gelenkflüssigkeit produziert. Kann die Gelenkkapsel diese Flüssigkeit nicht mehr halten, stülpt sie sich aus. So kommt es zu einem Erguss im Kniegelenk – im Volksmund "Wasser im Knie" genannt.

"Tatsächlich handelt es sich bei Ihnen um eine Bakerzyste. Diese ist im jetzigen Stadium auch völlig ungefährlich", erklärte ich ihr. Betroffene klagen neben Funktionseinschränkungen über ein permanentes Druckgefühl sowie Schmerzen. Diese werden besonders heftig, wenn die anfangs walnussgroße Zyste weiterwächst und, schlimmstenfalls, im Wadenbereich platzt. Dies wäre dann ein medizinischer Notfall.

Trotz erheblicher Beschwerden ist eine Bakerzyste streng genommen kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern Folge einer degenerativen Gelenkerkrankung. Diagnostische Klarheit bringen Röntgen, Ultraschall und MRT. Aber oftmals lassen sich die Ausbuchtungen bereits mit bloßem Auge erkennen.

Die Therapie ist abhängig von der Ursache. Da die Zyste bei meiner Patientin noch sehr klein war, half eine Kombination aus entzündungshemmenden Mitteln sowie Physiotherapie. Oftmals lassen sich die Ursachen auch durch Gelenkspiegelungen (Arthroskopie) beheben. Hat der Zystensack bereits an Volumen zugenommen – er kann faustgroß werden – oder behindert er Nerven oder Gefäße, so bleibt praktisch nur der operative Eingriff.

Strahlentherapeutische Behandlungen könnten in Zukunft eine weitere Option sein, wie Studien belegen. Ratsam ist es, starke Belastungen des Knies zu vermeiden oder zumindest zu reduzieren. Das gilt besonders für Menschen, die beruflich permanent dieses Gelenk bewegen. Kleinere Zysten verschwinden oft bereits durch ein paar Tage Schonzeit. Kühlung sowie regelmäßige Dehnübungen lindern die Beschwerden. Tapes können auch helfen. Bewegung ist erlaubt und sehr hilfreich – insbesondere Fahrradfahren. Ein E-Bike kann für Patienten mit Knie-Arthrose eine gute Alternative sein