Droht der katholischen Kirche die Spaltung? In Europa, besonders in Deutschland, treten immer mehr Katholiken aus der Kirche aus. Weltweit, besonders in den afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Staaten wächst die Anzahl der Mitglieder proportional zur Bevölkerung. Besonders die Anschauungen zur Sexualmoral, zur Homosexualität und zur Gleichstellung der Frau im Priesteramt driften weit auseinander. Papst Franziskus sucht den Zusammenhalt. Jedoch vergeblich?
Immer mehr Katholiken treten in Europa, besonders in Deutschland, und in den USA aus der Kirche aus. Immer weniger Menschen besuchen die Gottesdienste. Andererseits boomt die Kirche in der ehemaligen Dritten Welt, in Afrika, Asien und in Lateinamerika. Insgesamt hält die Zahl der Mitglieder mit dem Wachstum der Weltbevölkerung Schritt. Der Mittelpunkt der Kirche scheint sich dabei aus Europa in den globalen Süden zu verlagern, das zeigt der Film "Zeitenwende im Vatikan? – Papst Franziskus und die Zukunft der Kirche" von Gary Grabli (SWR / ARTE).
Die konservativen Kulturen des Südens sperren sich gegen Reformen, die etwa die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Priestertum betreffen, aber auch gegen die Öffnung gegenüber gleichgeschlechtlichen Paaren. "Das Kirchenrecht muss geändert werden!", sagt die Benediktinerin Philippa Rath, die seit 30 Jahren für die Gleichberechtigung der Frauen im Priestertum kämpft. Wer sagt, dass Christus keine Frauen als Priester wollte?, so argumentiert sie. Tradition ist nicht alles, Tradition kann geändert werden.
Sie setzt auf Papst Franziskus, der seit seinem Amtsantritt am 13. März 2013 für einen Neuanfang wirbt. Franziskus hat eine "Weltsynode" einberufen, zu der im Oktober 2023 Konservative und Fortschrittliche beiderlei Geschlechts zusammenkamen – Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien. Alles soll in einer Bischofssynode im Oktober 2024 gipfeln. Doch der Reformwille weltweit ist nicht besonders hoch. Franziskus' Anstrengungen laufen ins Leere, sie scheinen an patriarchalischen Vorstellungen zu scheitern. Auch wohlwollende Kirchenkritiker werfen ihm daher reine Kosmetik oder gar eine Schildkrötenpolitik vor.
Im Inneren der Kirche drohe gar ein "Bürgerkrieg", berichten Vatikanbeobachter im Film. Umso wichtiger, bei den gemeinsamen Gesprächen im Audienzraum die Waffen draußen vor der Türe zu lassen. Der Generalsekretär der Weltsynode vergleicht es mit den Gepflogenheiten vor einem Westernsaloon. Aber wenn man den Familien-Patriarchen in Kinshasa (Kongo) sprechen hört ("Ehe unter Homosexuellen? – Dazu sagen wir Nein!") , dann bekommt man vor Augen geführt, wie groß die kulturelle Kluft eben doch ist. Kinshasa könnte mit seinen 50 Millionen Einwohnern das "Rom der Zukunft" sein, heißt es im Kommentar.
Der Papst, der im Übrigen vor allem für die Armen und die Vernachlässigten eintreten will, reist gerne nach Afrika oder nach Asien. Liegt die Zukunft etwa in einer kulturellen Vergangenheit?
Zeitenwende im Vatikan? – Papst Franziskus und die Zukunft der Kirche – Di. 08.10. – ARTE: 22.45 Uhr