ZDF-Morgenmagazin

Vorsitzende des Ethikrates äußert sich zum Thema Impfpflicht

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron führt eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen ein. Ist das auch in Deutschland denkbar? Nicht, wenn es nach Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, geht.

In Deutschland gelten partielle oder gar komplette Impfpflichten als sensibles Thema, Frankreich geht diesen Schritt im Falle der Corona-Schutzimpfung nun für bestimmte Berufsgruppen: Das Gesundheitspersonal muss sich dort ab sofort impfen lassen. Im "ZDF-Morgenmagazin" nahm am Dienstag Prof. Alena Buyx, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, zur Frage Stellung, ob dies auch für Deutschland eine Option sei. "Wir haben vom deutschen Ethikrat eine allgemeine Impfpflicht tatsächlich ausgeschlossen", erinnerte Buyx und präzisierte, man habe vorsichtig gesagt, dass man unter bestimmten Umständen über solche berufsbezogenen, sehr eng begrenzten Impfpflichten nachdenken könne. "Allerdings würde ich sagen, dass diese Umstände gar nicht zutreffen", so Buyx.

Es gäbe für diese vulnerablen Gruppen andere Möglichkeiten, sich zu schützen. Und sie gab zu Bedenken: "Wir haben viel bessere Impfraten bei den unterschiedlichen Berufsgruppen als beispielsweise in Frankreich." Eine Impfpflicht für ausgewählte Berufsgruppen scheint demnach hierzulande schlicht unnötig. "Beim Gesundheitspersonal oder bei den Lehrerinnen und Lehrern haben wir wirklich super Impfraten und deswegen glaube ich, brauchen wir das gar nicht", so Prof. Buyx. Die Impfrate sei in Deutschland "deutlich besser als in vielen Nachbarländern, die das anders machen".

Doch was ist mit dem Gesundheitspersonal, das sich bis jetzt nicht impfen lassen wollte? Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats machte im "Moma" Vorschläge: "Wir wissen auch, dass bessere Möglichkeiten, Menschen zu überzeugen, sich impfen zu lassen, gute Kommunikation sind und vor allem aufsuchende, niedrigschwellige Impfung." Das Motto sei demnach: "Bring die Impfung dorthin, wo die Menschen sind." So bleibe der Arbeitsplatz eine wichtige Komponente. Man wisse, dass im Gesundheitssystem besonders dort intensiv geimpft wurde, wo die Impfung im eigenen Haus verabreicht werden konnte.

Impfungen für Kinder und Jugendliche?

Ein weiteres Streitthema bleiben Kinder und Jugendliche. Der Ethikrat sprach sich dafür aus, sie ebenfalls zu impfen, wenn besonders gefährdete Gruppen bereits die Möglichkeit dazu gehabt hätten. "Das eine tun, das andere nicht lassen", ist der Rat von Alena Buyx. Zwar gebe es jetzt wohl für alle genug mRNA-Impfstoffe, doch: "Es ist einfach so, dass es von der ständigen Impfkommission noch keine Empfehlung gibt." Dementsprechend gäbe es keine breite Impfung für die 12- bis 17-Jährigen und unter zwölf gäbe es ja noch keinen zugelassenen Impfstoff. "Da muss ich sagen, kriege ich schon Sorge, denn man muss ja diese junge Generation schon schützen", so Buyx. Man könne "jetzt nicht sagen: Wir lassen das Virus jetzt durch diese Gruppen krachen". Ihr Fazit: "Also da muss jetzt unbedingt was passieren."

Schließlich ging der Blick im "Moma"-Interview noch nach Großbritannien, wo bald trotz hoher Inzidenz Beschränkungen wegfallen sollen. "Großbritannien – das gilt im Moment als ein hochriskantes Experiment", so Buyx. Einerseits räumt sie mit Blick auf die dortigen hohen Impfquoten ein: "Je mehr Menschen geimpft sind, umso weniger sagt uns diese Inzidenzzahl, was so auf uns zukommt. Weil die schweren Erkrankungen und Todesfälle nicht mehr so direkt damit zusammenhängen." Allerdings würde in Großbritannien die Zahl der Krankenhauseinweisungen auch wieder klettern. Man solle hierzulande lieber etwas zurückhaltender sein und "nicht, den guten Sommer, den wir gerade alle haben, dazu nutzen, eine große Welle wieder aufzubauen". Unter dem Strich sei immer noch eine Mehrheit der Bevölkerung nicht doppelt geschützt. Aktuell sind in Deutschland 35.776.237 Personen (43,0  Prozent der Gesamtbevölkerung) komplett geimpft.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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