"sportstudio reportage"

Risikofaktor Herz und der Fall Eriksen: Mit Defibrillator auf dem Platz

18.06.2022, 10.34 Uhr
von Hans Czerny

Es war ein Schock für Mitspieler, Gegner und Zuschauer: Beim EM-Spiel gegen Finnland brach der Däne Cristian Eriksen auf dem Platz zusammen. Eine ZDF-Reportage forscht nach, wie gefährlich ein Sport wie Fußball sein kann.

ZDF
sportstudio reportage: Tragödie auf dem Rasen – Risikofaktor Herz und der Fall Eriksen
Reportage • 18.06.2022 • 23:00 Uhr

Zuletzt, beim DFB-Pokalfinale in Berlin zwischen Freiburg und Leipzig, war es kein Spieler, der am Rand des Spielfelds kollabierte, sondern ein DFB-Beauftragter. Doch die Erinnerungen an den 12. Juni 2021 wurden sofort wach: Damals war der dänische Nationalspieler Christian Eriksen beim EM-Spiel gegen Finnland in Köln nach einem Herzstillstand zusammengebrochen und konnte nach mehreren Minuten von Notärzten gerettet werden. Die Bilder der Mannschaftskameraden, die Eriksen vor den Kameras abzuschirmen versuchten, sind unvergessen. Doch Eriksens Herzstillstand ist kein Einzelfall, schon mehrfach kam es beim Amateur- wie beim Profifußball zu lebensgefährlichen Herzattacken. Die "sportstudio reportage" mit dem Titel "Tragödie auf dem Rasen – Risikofaktor Herz und der Fall Eriksen" von Albert Knechtel fragt nach, wie gefährlich "der Fußball" unter Umständen sein kann.

Eriksen spielt mittlerweile wieder für Dänemark – ausgestattet mit einem implantierten Defibrillator, der im Notfall lebensrettende Schockwirkungen erzeugen kann. Er ist wohl auch bei der WM in Katar dabei und fand in England einen neuen Verein. Bei seinem Club Inter Mailand wurde der Vertrag jedoch aufgelöst, in Italien ist das Spiel mit dem Defibrillator verboten.

Im Film von Albert Knechtel kommen weitere Spieler zu Wort, die eine schwere Herzrhythmusstörung überlebten. Manche konnten hinterher wieder spielen, andere hörten auf. Eriksens Kollegen standen jedenfalls erst mal unter schwerem Schock. "Wir haben eine sehr lange Zeit nur dagesessen. Keiner hat etwas gesagt", berichtet Eriksens Mannschaftskollege Yussuf Poulsen. "Ich könnte nicht mal genau sagen, wann die Frage in den Raum geschoben wurde, ob wir weiterspielen oder nicht. Ich weiß nur, dass wir als Team gesagt haben, dass wir nicht einmal anfangen, darüber zu reden, ehe wir nicht wissen, wie es Christian geht."

Mittlerweile weiß man: Die Sache ging gut. "Wir haben ihn zurückgeholt", konnte der dänische Mannschaftsarzt Morten Boesen erklären, der mit seinen Wiederbelebungsversuchen Eriksen das Leben gerettet hat.

Daniel Engelbrecht spielt mit Defibrillator

Dem ehemaligen deutschen Profi Daniel Engelbrecht widerfuhr in seiner Karriere gar dreimal ein Herzstillstand. Nach einem Zusammenbruch 2013 spielte er mit einem Defibrillator weiter für die Stuttgarter Kickers, beendete seine Karriere aber im Sommer 2017 nach erneuten Problemen. Heute hält der Scoutingcoach und Krankenkassen-Botschafter Vorträge über Gesundheit im Sport. Sein Berater, der Münchner Sportkardiologe Martin Halle, hätte übrigens Eriksen "nicht zu einem Comeback im Leistungssport geraten".

Wie verschieden die Probleme im Einzelnen sind, zeigen nicht zuletzt die Auswirkungen der Coronakrise auf den Profisport. Übersehene oder nicht auskurierte Herzmuskelentzündungen können im Zusammenwirken mit dem Coronavirus besonders gefährlich sein. Der von Knechtel interviewte Hamburger Sportwissenschaftler Domenico Gurzi glaubt jedenfalls, die Pandemie habe im Profisport zu Wettbewerbsverzerrungen und zu noch mehr Druck geführt.

Nicht zuletzt wird im Film aber auch die Frage gestellt: Wie geht der DFB mit den Amateurfußballern um? Erste-Hilfe-Anweisungen genügen sicherlich nicht, besonders nach Viruserkrankungen sind Ruhe- und Wartezeiten Pflicht. "Damit der Fußball weiterhin Herzenssache bleiben kann", wie vom Autor gekalauert wird.

sportstudio reportage: Tragödie auf dem Rasen – Risikofaktor Herz und der Fall Eriksen – Sa. 18.06. – ZDF: 23.00 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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