Bei "Markus Lanz"

Ex-CDU-Landrat Henning zählt die Linken "zur Mitte" und will zusammenarbeiten

19.07.2024, 08.30 Uhr
von Natascha Wittmann

CDU-Ex-Landrat Werner Henning zeigt sich bei Markus Lanz offen für die Linke und zählt sie zur Mitte. Auch die US-Wahl und die wachsende Unzufriedenheit in Ostdeutschland waren Themen im ZDF-Talk.

Nicht nur die US-Präsidentenwahl jenseits des großen Teichs wirft ihre Schatten voraus, im September stehen richtungsweisende Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg an. Markus Lanz holte am Donnerstag in seinem ZDF-Talk zu beiden Polit-Themen ein Stimmungsbild ein. In Bezug auf die wachsende Unzufriedenheit in den neuen Bundesländern stellte Soziologe Steffen Mau klar: "In Ostdeutschland findet man häufig ein sehr passives Verhältnis zur Politik. Es findet sich auch sowas wie so ein Fruststau oder so eine Unmutskultur. (...) Und es hat sich, glaube ich, weniger so eine Mitwirkungsdemokratie entwickelt."

Laut Mau haben viele traditionelle Parteien zudem weniger Mitglieder im Osten und seien daher viel weniger in der Lage, "bestimmte Konflikte und Stimmungen zu absorbieren und in das politische System hineinzubringen". Robin Alexander unterstellte den traditionellen Parteien daraufhin, "im Osten längst aufgegeben" zu haben. Harte Worte, die der Journalist noch unterstrich: "Ich glaube, dass die tatsächlich ratlos sind!"

Ex-CDU-Landrat Henning zählt die Linken "zur Mitte"

Dafür sprechen die steigenden Umfragezahlen für Parteien wie die AfD und das BSW. CDU-Politiker und Thüringer Ex-Landrat Werner Henning sagte dazu: "Ich tue mich natürlich auch ausgesprochen schwer mit dem 'Bündnis Sahra Wagenknecht', weil ich im Moment keine Ansätze sehe, dass man eben auch kompromissfähig in die Welt hineingeht, in der wir nun eben einmal sind, wo wir Lösungen finden müssen im Alltagsgeschäft."

Robin Alexanders Analyse: Der Aufschwung der AfD verhindere den Wechsel in der Mitte. "Und darauf setzt die AfD auch. (...) Die sagen: 'Wir müssen so stark werden, dass die CDU nur mit den Grünen regieren kann. Und dann wird die CDU nicht mehr das machen können, was aus ihrer Sicht richtig ist'." Nachdenklich stimmte FDP-Politikerin Linda Teuteberg zu: "Das ist die Falle, weil sie kriegen dadurch die Veto-Macht. (...) Das ist aber auch eine Falle für unsere politischen Debatten."

Erstaunliche Worte fand Christdemokrat Henning zu einer anderen Partei: "Unter der Mitte verstehe ich die Parteien, die aktuell im demokratischen Spektrum sind und dazu zähle ich auch die Linke!" Schließlich hatte Hennings Parteichef Friedrich Merz eine Zusammenarbeit der CDU mit den Linken erst kürzlich im ARD-Sommerinterview ausgeschlossen. Der Thüringer CDU-Mann tut das nicht und spricht sich für eine Öffnung aus. "Wir haben in Thüringen jetzt zehn Jahre eine linke Regierung und ich sehe die Kompromissfähigkeit, die Bereitschaft, auch Lösungen zu finden. Die hat man von der CDU-Seite zu sehr abgelehnt", findet er.

Journalist über Trump-Vize: "Da kommt einiges auf uns zu!"

Ein Blick in die USA: Die Umfragewerte für US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump könnten nicht besser sein. Spätestens seit dem desaströsen TV-Duell mit Joe Biden befürchten viele, dass der Republikaner im November nicht zu schlagen sei. Markus Lanz nahm dies zum Anlass, auch einen Blick auf Trumps US-Vizepräsidentschaftskandidaten J. D. Vance zu werfen, der aus einfachsten Verhältnissen stammt und laut ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen in vielerlei Hinsicht den "amerikanischen Traum" verkörpert.

Er komme laut Theveßen daher nicht nur "sehr gut" bei der Arbeiterschicht an, sondern spreche auch eine Gruppe von Menschen an, "die normalerweise Joe Biden gewählt hätte". Journalist Robin Alexander bezeichnete diese Entwicklung als sorgenvoll und warnte, dass J. D. Vance nicht unbedingt ein Fan von Deutschland sei: "Da kommt einiges auf uns zu!"

Doch nicht nur für Europa könnte ab November ein anderer, kühlerer Wind wehen. Auch innenpolitisch gelten Trump und Vance als knallhartes Duo, das unter anderem für "Massen-Deportation" wirbt. Als Lanz fragte, ob es sich dabei nur um politischen Jargon handle, verneinte Elmar Theveßen und stellte klar, dass Trump seine Pläne durchsetzen wolle, "egal, welches Recht oder Nicht-Recht die Betroffenen hätten, doch Asyl zu beantragen. Sie sollen in ihre Heimatländer zurückgeschoben werden."

Markus Lanz sieht "Trump-Euphorie" in den USA

In Bezug auf den teilweise sehr rauen Ton während des republikanischen Parteitags in Milwaukee erklärte Robin Alexander, dass der Ton keine Überraschung sei, da "der Diskurs in Amerika (...) ja auch nicht von heute auf morgen so geworden" sei, sondern "eine Vorgeschichte" habe. Zwar habe Trump mit seiner Art vor vier Jahren nicht überzeugen können, doch der Plan des Präsidentschaftskandidaten scheine in diesem Wahljahr aufzugehen. Laut Lanz mache sich fast schon eine "Trump-Euphorie" in den USA breit. "Ich bin ehrlich gesagt ein bisschen irritiert darüber", so der ZDF-Moderator.

Alexander stimmte zu, dass "das Momentum" erkennbar bei Trump liege, "weil Biden (...), der kommt ja kaum die Treppe hoch". Aus diesem Grund prognostizierte der Journalist auch einen Sinneswandel in der deutschen Regierung und sagte: "Ich glaube, wenn dieser Trump-Hype anhält, dann wird man auch in Deutschland sehen, dass Leute da ihre Nadeln ein bisschen neu ausrichten."

Ein Gedanke, der Joe Biden eventuell zu einem Rückzug aus dem Rennen ums Weiße Haus veranlassen könnte? Laut ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen sollen bereits viele hochrangige Demokraten versucht haben, Biden ins Gewissen zu reden: "Hinter den Kulissen, so hört man, hat ein Denkprozess eingesetzt." Dennoch führte der TV-Journalist aus, dass er die Chance nicht sehr groß einschätze, "weil man steht unter massivem Zeitdruck. Das muss in wenigen Tagen entschieden werden".


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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