Bei Anne Will

Nato-Expertin befürchtet baldige Eskalation des Ukraine-Krieges

21.03.2022, 07.15 Uhr
Fernseh-Moderatorin Anne Will.
Fernseh-Moderatorin Anne Will.  Fotoquelle: picture alliance / Eventpress | Eventpress Stauffenberg

Seit mehr als drei Wochen blickt die Welt entsetzt auf das brutale Vorgehen der russischen Armee in der Ukraine. An jedem weiteren Tag sterben noch mehr Menschen und die Zerstörung schreitet voran. Wie lange wird dieser Krieg noch gehen? Dieser Frage gingen am Sonntagabend Anne Will und ihre Gäste in der ARD-Talkshow nach. "Der Krieg wird wahrscheinlich in den nächsten Monaten eskalieren", zeichnete die Nato-Expertin Stefanie Babst dabei ein düsteres Bild.

In einer Videobotschaft wandte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz, um mehr Hilfen für sein Land zu bekommen. Doch Deutschland tut sich weiterhin schwer, den Forderungen Selenskyjs nachzukommen. "Macht Deutschland zu wenig?", wollte Anne Will von ihren Gästen wissen.

"Wenn es so weitergeht, wird es keinen nächsten Winter in der Ukraine mehr geben"

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht stellte in der Sendung klar, dass die Bundesregierung die Ukraine mit Waffenlieferungen unterstütze. Doch über den Umfang der Lieferungen wollte sich die SPD-Politikerin nicht öffentlich äußern, um die Mission dadurch nicht zu gefährden. Bei den Sanktionen, wie ein Embargo für Energielieferungen aus Russland, sei besonders wichtig, dass sie so angelegt seien, dass sie auch längerfristig durchzuhalten wären. An diesem Punkt widersprach ihr Marina Weisband. "Warum müssen die immer auf Langfristigkeit ausgelegt sein?", wollte die Deutsch-Ukrainerin wissen. Weisband plädierte für ein sofortiges Handeln, auch mit Sanktionen, die kurzfristiger greifen. "Wir reden über den nächsten Winter, aber wenn es so weitergeht, wird es keinen nächsten Winter in der Ukraine mehr geben", warnte die 34-jährige Publizistin eindringlich. Nach ihrer Meinung könne und müsse Deutschland mehr tun. Dazu gehöre ein sofortiges Embargo.

Täglich überweist die Regierung weiterhin 200 Millionen Euro für die Energielieferungen an Russland und finanziert somit Putins Kriegszug mit. Aus dieser Abhängigkeit möchte auch Anne Wills Gast Christoph Heusgen entkommen. Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz sah es daher als einen guten Weg an, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit Katar über eine mögliche Energieversorgung verhandelt. Heusgen plädierte dafür, dass sich die Länder, die aus Russland Energien beziehen, zusammentun sollten. Zudem schlug der ehemalige Berater Angela Merkels einen Treuhandfonds vor, in den ein Teil des Geldes fließen soll, das sonst nach Russland gegangen wäre und für den Aufbau der Ukraine bereitgestellt werden könnte.

Auch Marina Weisband würde gerne die Zahlungen an Russland vorerst einfrieren. Damit möchte es die Publizistin Putin unmöglich machen, ein stabiles Russland zu haben und gleichzeitig einen Krieg zu finanzieren.

Wie reagiert die Nato bei einem Einsatz chemischer Waffen?

Bei Anne Will wurde auch die Nato ins Visier genommen. Eine Flugverbotszone über der Ukraine wird weiterhin rigoros abgelehnt. Doch was würde bei einem chemischen Waffeneinsatz Russlands geschehen? "Dann wird sich die Nato nicht äußern", schätzte Alexander Graf Lambsdorff die Lage ein und erinnerte an das Verhalten von Ex-US-Präsident Barack Obama beim Angriff mit chemischen Waffen auf Syrien. Alles werde geleitet von der Angst vor einem dritten Weltkrieg. "Putin kann alles machen, was er will, wenn das die Sicherheitsordnung unserer Welt ist", schlussfolgerte Weisband daraufhin mit einer traurigen Wut.

Dass der Krieg noch lange nicht vorbei sein wird, befürchtete Stefanie Babst. Putin könne nicht mehr zurück und somit stehe noch Schlimmes bevor. "Der Krieg wird wahrscheinlich in den nächsten Monaten eskalieren", so die drastische Vermutung der Expertin, die 22 Jahre in Führungspositionen der Nato tätig war.

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