Politthriller zum ARD-Thementag

"Am Abgrund": Schmiergeld fürs Wegschauen?

07.03.2024, 10.23 Uhr
von Eric Leimann

Der spannende und starbesetzte Politthriller "Am Abgrund" erzählt von einem engagierten Bundestagsabgeordneten (Hans-Jochen Wagner) der in Aserbaidschan auf zahlreiche Herausforderungen stößt.  Lassen sich EU-Politiker einkaufen, um für den autokratischen Staat zu werben?

ARD
Am Abgrund
Polit-Thriller • 06.03.2024 • 20:15 Uhr

ARD-Thementag "#UnsereErde – Kampf um Rohstoffe"

Schwarzwald-"Tatort"-Star Hans-Jochen Wagner spielt im Politthriller "Am Abgrund" den engagierten Bundestagsabgeordneten Gerd Meineke, der Mitglied der parlamentarischen Versammlung im Europarat ist. Mit seiner Lebensgefährtin Alina (Jasmin Tabatabai), die aus Aserbaidschan stammt, erwartet der Politiker ein Kind. Alina hat bereits eine erwachsene Tochter: Leyla (Luna Jordan), die in Aserbaidschan als oppositionelle Bloggerin lebt. Nun wird Gerd auf eine heikle Mission geschickt. Als Wahlbeobachter will er demokratische Prinzipien in dem autokratisch regierten Aserbaidschan sicherstellen. Gleichzeitig muss er seine Stieftochter in spe aus dem Gefängnis rausboxen, denn sie wurde wegen einer Protestaktion verhaftet. Auch die Liebesbeziehung Leylas zu Valentina (Alina Levshin) ist ein Sicherheitsrisiko, denn gleichgeschlechtliche Beziehungen werden vom Staat verfolgt.

Je intensiver Gerd hinter die glitzernden Fassaden von Baku blickt, desto mehr gerät er in Zweifel. Machen seine Politiker-Kollegen aus den "alten" westlichen Demokratien (gespielt von Stars wie Heiner Lauterbach, Sebastian Bezzel, Johanna Christine Gehlen) lediglich gute Miene zum bösen Spiel? Werden Menschenrechts- und Umweltverletzungen in Aserbaidschan durchgewunken, um die Beziehungen der EU zum an wichtigen neuen Rohstoffen reichen Land nicht zu gefährden?

Demokratie und Menschenrechte in Aserbaidschan

Dem 90-minütigen Politthriller des investigativen Journalisten und Filmemachers Daniel Harrich folgt um 21.45 Uhr eine vertiefende Dokumentation, die das Paket zum ARD-Thementag "#UnsereErde – Kampf um Rohstoffe" bündelt: "Am Abgrund – Die Doku" erzählt von einem (echten) Bundestags- und Europaratsabgeordneten, der sich für Demokratie und Menschenrechte in Aserbaidschan einsetzt. Bei seinen Recherchen stieß er auf ein Netzwerk von Geben und Nehmen.

Europäische Politikerinnen und Politiker lassen sich gemäß den Recherchen Daniel Harrichs systematisch dafür "beschenken", dass man bei Menschenrechten und schweren Umweltsünden nicht so genau hinschaut. Grimmepreisträger Harrich ("Meister des Todes") bereichert das deutsche Fernsehen seit Jahren mit investigativen großen Polit-Themen, zu denen der 40-Jährige meist eine fiktionalisierte Variante sowie eine Dokumentation im Doppelpack liefert. Auf diese Art und Weise entstanden Filme zum Oktoberfest-Attentat ("Der blinde Fleck"), den Umtrieben deutscher Waffenhersteller ("Meister des Todes") und zuletzt über den Kampf um die Ressource Wasser ("Bis zum letzten Tropfen").

Anschließende Doku liefert weiteren Sprengstoff

Mit "Am Abgrund" hat sich Harrich jetzt ein besonders komplexes Thema vorgenommen, denn es geht um mehrere, allerdings miteinander verknüpfte Phänomene: um den Wandel der Machtverhältnisse und den Einfluss, den Staaten gewinnen oder verlieren, wenn sich das Ressourcen-Bedürfnis der Welt verändert. Seltene Erden stecken heute in Smartphones, Notebooks, LED-Leuchten, Elektromotoren und vielen weiteren Hightech-Produkten. 2019 stammten laut einer deutschen Studie fast 90 Prozent der globalen Produktion an Seltenen Erden aus China. Doch auch das kleine Aserbaidschan ist damit "gesegnet" – wogegen die EU-Staaten fast vollständig auf den Import der an Bedeutung rasch wachsenden Rohstoffe angewiesen sind.

Ein Folgeproblem der wirtschaftlichen Abhängigkeit ist der Umgang unserer Politik mit der Tatsache, dass man von Ländern, die gegen Menschenrechte und Umweltbestimmungen grob verstoßen, Geschäfte macht oder machen muss. Werden die zwielichtigen Methoden Aserbaidschans gar von Politikerinnen und Politikern gegen Geld reingewaschen, wie es Film und Doku herausarbeiten?

Während der Film mit vielen TV-Stars in kleinen Rollen (sogar Axel Milberg hat einen Auftritt) eher als Spannungs-Teaser und Einführung ins Thema taugt, dürfte Harrichs anschließende Dokumentation noch ein wenig mehr Sprengstoff ins ARD-Programm am Mittwochabend hineintragen.

Am Abgrund – Mi. 06.03. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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