Cornelia Gröschel lüftet die Hüllen: "Verhängnisvolle Leidenschaft- Sylt"








Cornelia Gröschel, bekannt aus dem "Tatort", zeigt sich im neuen "Herzkino"-Film "Verhängnisvolle Leidenschaft – Sylt" von einer neuen Seite. Der Film setzt auf sinnliche Momente statt reiner Erotik und beeinflusste Gröschels eigenes Körpergefühl nachhaltig.
Erotik ist mehr als nackte Haut. Erotik kann Klasse haben, ein leises Versprechen auf Selbstverwirklichung sein: Das zeigt der neue "Herzkino"-Film "Verhängnisvolle Leidenschaft – Sylt" (Sonntag, 13. April, 20.15 Uhr, ZDF) mit Cornelia Gröschel (37) in der Hauptrolle der Nina. Seit 2019 spielt sie sich als "Tatort"-Kommissarin Leonie Winkler in die Herzen der Zuschauer. Für die gebürtige Dresdnerin ist dies nun der erste Film, in dem sie die Hüllen fallen lässt. Warum sich die vielseitige Schauspielerin so lange gegen Nacktszenen gewehrt hat und worauf es bei den Dreharbeiten besonders ankam, verrät sie im Interview anlässlich der Premiere im linearen Fernsehen. Denn in der ZDF Mediathek schlägt der Film, der vor allem von Sinnlichkeit und Selbstliebe einer Frau mitten im Leben erzählt, bereits hohe Wellen. Wer glaubt, die Macher hätten auf Sex pur gesetzt, der irrt. Cornelia Gröschel, die bereits im zarten Alter von 14 Jahren ihr Kinodebüt feierte, erklärt, warum sie sich mit ihrer Rolle verbunden fühlt, wie der Film ihr eigenes Körpergefühl beeinflusst hat und was sie vor allem den Zuschauerinnen mit auf den Weg geben möchte.
prisma: Was erwartet die Menschen bei "Verhängnisvolle Leidenschaft – Sylt": "Fifty Shades of Grey – Light" oder "Rosamunde Pilcher" für Fortgeschrittene?
Cornelia Gröschel: Eigentlich nichts von beidem, denn "Shades" baut die Dynamik zwischen den beiden Protagonisten eher auf einem ganz konkreten Machtgefälle auf. Das ist in unserem Film nicht der Fall. "Rosamunde Pilcher für Fortgeschrittene" trifft es auch nicht wirklich, denn es geht darum, dass meine Figur Nina sich von diesem fremden Mann gesehen fühlt. Sie ist von ihm auf einer persönlichen Ebene sehr berührt. Die Erotik steht nicht so sehr im Vordergrund, sondern die tiefere Bedeutung, die hinter der Affäre steckt.
prisma: Und das, obwohl der Film erotische Szenen, auch Nacktszenen, zeigt – Erotik vor der Kamera, die in Ihrem breit gefächerten Portfolio als Schauspielerin bislang noch fehlte.
Gröschel: Der Aspekt der Schauspielerei, sich vor der Kamera auszuziehen, war mir bis dato zu persönlich. Als ich dann letztes Jahr die Anfrage bekam, öffnete sich ein Fenster in mir und ich fühlte mich für diese Rolle bereit. Also folgte ich diesem Gefühl und ließ mich auf diese Reise ein.
"Es kostete mich trotzdem auch ein bisschen Überwindung"
prisma: Was änderte Ihre Einstellung?
Gröschel: Als die Anfrage kam, fühlte ich mich einfach sehr wohl in meiner Haut und mich reizte eine neue Art der beruflichen Herausforderung. Es stellte sich mir die Frage: 'Bin ich wirklich bereit, mich mit meinem ganzen Körper auf dieser erotischen Ebene diesem Projekt zu verschreiben?'
prisma: Das Ergebnis zeigt: Ja, Sie waren bereit ... ganz ohne Hemmungen?
Gröschel: Wir hatten eine Intimitätskoordinatorin am Set, was dem Ganzen einen sehr sicheren Rahmen gab, mit dem ich mich wohlfühlte. Im Vorfeld wurde alles genau mit der Regie, meinem Filmpartner, meiner Koordinatorin und meiner Kamerafrau abgesprochen, und wir drehten in einem sogenannten Closed Set ohne weitere Teammitglieder. Da war nur die Kamerafrau, die alles einfing, aber es kostete mich trotzdem auch ein bisschen Überwindung, mich auszuziehen.
prisma: Sie wagten schließlich den Sprung ins kalte Wasser?
Gröschel: Ich wusste ja vorher, was auf mich zukommt. Nichtsdestotrotz war es wichtig, nicht zu verkopft an das Ganze heranzugehen. In den vielen Jahren als Schauspielerin habe ich einen Weg für mich gefunden, mit vermeintlich peinlichen Szenen umzugehen. Wenn es darum geht, etwas zu spielen, das mir im echten Leben unangenehm wäre, lautet meine Devise: Augen zu und durch, die Flucht nach vorne, in die Vollen gehen. Wenn ich nicht hundert Prozent gebe, dann sehen das die Zuschauerinnen und Zuschauer.
"Von Frau zu Frau ist eine schnelle Vertrauensebene möglich"
prisma: Wie ausschlaggebend war dabei die Tatsache, dass es sich um eine Intimitätskoordinatorin und eine Kamerafrau handelte?
Gröschel: Wäre ein Kameramann am Set gewesen, hätte das vielleicht etwas geändert. Von Frau zu Frau ist eine schnelle Vertrauensebene möglich. Die Regie übernahm ein Mann. Denn letztlich war es uns allen als Team wichtig, dass sich das die Waage hält. Ich fühlte mich damit sehr wohl.
prisma: Gab es Situationen, die dennoch Schamgefühl in Ihnen auslösten?
Gröschel: Nein. Bauten sich solche Gefühle zu Beginn der Dreharbeiten auf, wurden sie von Entschlossenheit überlagert. Denn ich wollte die Rolle spielen. Ich wollte, dass es sinnlich wird.
prisma: Freunde, Verwandte, Ihre Eltern geisterten Ihnen da nicht im Kopf herum?
Gröschel: Nein. Am Set vermischt sich das Private mit dem Beruflichen nicht. Außerdem weiß ich nicht, ob sie den Film überhaupt gucken, aber wenn, freue ich mich natürlich. Da ich aber schon so lange als Schauspielerin arbeite, bin ich davon überzeugt, dass meine Familie das von der privaten Cornelia trennt.
"Sie ist sexy, sie fühlt sich sexy"
prisma: Sie sprechen von der privaten Cornelia: Ist sie mit ihrem Körper so im Reinen wie die Figur, die die Hüllen fallen lässt?
Gröschel: Die Vorbereitung mit meiner Kostümbildnerin, die dem Dreh voranging, war entscheidend. Wir haben viele schöne, sommerliche Kostüme gefunden, die es mir leicht machten, mich attraktiv zu fühlen. In den Szenen, in denen ich mit nacktem Oberkörper oder im Badeanzug zu sehen war, hatte ich nicht den Anspruch, einen perfekten Fitnessbody zu präsentieren – weil ich diesen Anspruch als Privatperson an mich selbst auch nicht habe.
prisma: Was ist Ihr Geheimnis, um sich wohl in Ihrem Körper zu fühlen?
Gröschel: Das Schöne an den Dreharbeiten und der Vorbereitung war, dass ich mich automatisch neu mit meinem Körper auseinandersetzen musste. Ich stehe so vor der Kamera, wie ich bin und kann nichts verstecken, denn die Kamera sieht alles. Ich muss mich selbst annehmen, und diese Einstellung wirkt sich auch auf mein persönliches, körperliches Empfinden aus. In Bezug auf den fertigen Film hoffe ich, dass die eine oder andere Frau den Film schaut und denkt 'Das ist eine ganz normale Frau, die nicht Kleidergröße 32 trägt, und sie ist sexy, sie fühlt sich sexy.'
prisma: Als junge Frau mit blonden Locken und blauen Augen werden Sie aber sicher oft in eine Schublade gesteckt.
Gröschel: In den ersten Jahren meiner Karriere gab es diese Situation am Set häufiger, denn ich strahlte eher das Gegenteil von dem aus, was ich vorweisen konnte. Mit Mitte 20 hatte ich schon viel Erfahrung, war aber jung und wirkte auf den ersten Blick unerfahren. Das weckte in mir oft das Gefühl, mich beweisen zu müssen. Es dauerte aber meist nur wenige Tage, bis alle am Set wussten: 'Okay, wir müssen ihr nicht sagen, was sie zu tun und zu lassen hat. Sie weiß, was sie tut.'
"Die Schauspielerei ist und bleibt für mich ein Beruf für Erwachsene"
prisma: Ihre Karriere begann schon im zarten Alter von neun Jahren mit Ihrer Rolle in der Serie "In aller Freundschaft". Würden Sie es rückblickend wieder so machen?
Gröschel: Das ist keine leichte Frage, denn in beruflicher Hinsicht profitiere ich enorm davon. Privat würde ich heute aber davon abraten, Kinder so früh vor die Kamera zu stellen. Die Schauspielerei ist und bleibt für mich ein Beruf für Erwachsene. Selbst wenn Kinder unbedingt spielen wollen, würde ich zu einer Jugendgruppe im Theater raten. Die Abläufe am Set sind sehr anstrengend, da bleibt nicht viel Raum für Spielereien und Rücksichtnahme – auch nicht auf Kinder. Ich würde das jedem erst mit 16 zumuten.
prisma: Trotzdem sind Sie der Schauspielerei treu geblieben ...
Gröschel: In jungen Jahren schmeichelten mir die vielen Rollenangebote natürlich, aber ich war auch lange der Überzeugung, das nur als Hobby zu machen. In der elften Klasse fing ich an, Sprechunterricht zu nehmen und wollte eigentlich nur dialektfrei Hochdeutsch sprechen können. Aber ehe ich mich versah, bereitete ich mich mit meiner Sprecherzieherin auf das Vorsprechen an der Schauspielschule vor.
prisma: Sie scheinen mit einer weitreichenden Entscheidung recht leichtfertig umgegangen zu sein.
Gröschel: Damals dachte ich: Wenn ich mit 23 fertig mit dem Studium bin, kann ich immer noch etwas anderes machen. Letztlich habe ich elf Jahre lang geschauspielert, bevor ich wusste, dass ich das wirklich mein Leben lang machen will: In meinem dritten Studienjahr stand ich in einer Szene auf der Bühne, die alles veränderte. Bis dahin wusste ich nicht, dass ich so laut und extrovertiert sein kann. Also wollte ich unbedingt herausfinden, wer ich sonst noch sein kann.
"Bin ich gerade gefestigt genug dafür?"
prisma: Hätte es mit der Schauspielerei beruflich nicht geklappt, wären Sie heute ...?
Gröschel: (schmunzelt). Ich träumte wie viele Mädchen zunächst von einer Karriere als Tänzerin. Schnell wurde mir klar, dass ich dafür nicht die körperlichen Voraussetzungen habe. Das gilt auch fürs Dressurreiten. An einen expliziten, realistischen Berufswunsch erinnere ich mich nicht.
prisma: Und nun sind Sie eine erfolgreiche Schauspielerin: Was muss passieren, dass Sie heute ein Rollenangebot ablehnen?
Gröschel: Psychisch belastende Rollen sehe ich mir sehr genau an. Innere Dämonen der Figuren oder ihre psychischen Probleme nach den Dreharbeiten loszulassen, ist nicht einfach. Ich kann tragische Rollenschicksale nicht mehr so gut verarbeiten wie früher. Daher stelle ich mir immer die Frage: 'Bin ich gerade gefestigt genug dafür?', bevor ich mich für oder gegen eine Rolle entscheide.
prisma: Wie lautet die Antwort?
Gröschel: Ich halte mich im Moment für sehr gefestigt. Vor ein paar Jahren zog ich zurück nach Dresden. Hier sind meine Wurzeln und meine Familie.
prisma: Dass Sie sich als gebürtige Dresdnerin im "Tatort" an der Seite von Martin Brambach als Kommissarin einen Namen gemacht haben, passt da gut ins Bild.
Gröschel: Die Rolle meiner Kommissarin bedeutet mir wirklich viel. Ich bin sehr dankbar für diese Konstante in meinem ja sonst eher unsteten beruflichen Alltag. Vor dem "Tatort" machte es mir nichts aus, nicht zu wissen, was ich im nächsten Jahr arbeiten würde. Jetzt weiß ich die Vertrautheit mit der Rolle und den Kolleginnen und Kollegen vor und hinter der Kamera sehr zu schätzen.
"...viele Männer den Film bereits in der Mediathek gesehen haben"
prisma: Greift das Herzkino auf erotischere Filme zurück, weil es heutzutage ein gewisses Maß an Freizügigkeit braucht, um die Zuschauer bei der Stange zu halten?
Gröschel: Nein. Ich sage nicht, dass es ein Muss ist. Das Spiel mit der Fantasie ist an manchen Stellen genauso spannend. Es gefällt mir, wenn ich als Zuschauerin ein bisschen herausgefordert werde, mir Dinge vorzustellen. Natürlich habe ich aber auch Verständnis für diejenigen, die sich mehr wünschen, denen die Vorstellung nicht genug ist – und die sich freuen, wenn die Erotik, die Teil unseres Lebens ist, möglichst authentisch im Film gezeigt wird.
prisma: So wie es im neuen ZDF-Film der Fall ist?
Gröschel: Auch das ZDF-Herzkino ist hier kein einsamer Vorreiter. Aber es zeigt sich, dass romantische Filme etwas mehr mit Erotik spielen dürfen. Das trifft ganz offenbar einen Zeitgeist, denn die Abrufzahlen in der Mediathek gehen durch die Decke: Nach 30 Tagen haben wir mehr als drei Millionen Abrufe. Inhaltlich geht es in "Verhängnisvolle Leidenschaft – Sylt" um eine Geschichte, die aus dem Alltag gegriffen ist. Einem Alltag, über den niemand gerne spricht. Ich wünsche mir, dass die Zuschauerinnen nach dem Film denken: Das hätte mir auch passieren können. Wahrscheinlich ist es vielen Frauen so ergangen. Ich fände es schön, wenn sich viele Zuschauerinnen in irgendeiner Weise mit Nina identifizieren können. Mit ihrem Mut, ihrer Neugier, ihrer Selbstliebe ...
prisma: Dieser Film ist folglich eher was für Frauen?
Gröschel: Das kann ich nicht sagen. Was ich aber sagen kann, ist, dass viele Männer den Film bereits in der Mediathek gesehen haben. Denn die Follower, die ich seit der Premiere in den sozialen Medien gewonnen habe, sind überwiegend männlich.
prisma: "Man soll alles leben, ohne zu verzichten" heißt es im Film. Ist das auch Ihr Motto?
Gröschel: Aus Abenteuerlust würde ich das bejahen. Aber wenn ich mir anschaue, was gerade in der Welt und in der Politik passiert, dann wäre ich mit so einem Satz eher vorsichtig – auch wenn ich die persönliche Entwicklung, das Wahrnehmen der eigenen Bedürfnisse und Wünsche toll finde. Aber in dem Moment, in dem jeder für sich das Recht in Anspruch nimmt, nur noch auf seine Bedürfnisse zu schauen und nicht mehr auf das, was um ihn herum passiert, wird es gefährlich.
prisma: Der Film endet mit einem Cliffhanger. Gibt es etwa eine Fortsetzung?
Gröschel: Ich weiß noch nichts von einem zweiten Teil.
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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH