Hai-Horror auf der großen Leinwand

Der nächste „Der Weiße Hai“ oder Trash-Film? Kritik zu „Something in the Water“

10.09.2024, 13.08 Uhr
von Gregor-José Moser
„Something in the Water“: Hai-Horror auf der großen Leinwand.
„Something in the Water“: Hai-Horror auf der großen Leinwand.  Fotoquelle: picture alliance / COLLECTION CHRISTOPHEL | StudioCanal

Nach Filmen wie „Meg 2“ und „The Black Demon“ 2023 wartet auch das Jahr 2024 mit jeder Menge Hai-Horror auf. Im Juni startete „Im Wasser der Seine“ auf Netflix. Der neueste Genre-Vertreter „Something in the Water“ bekommt sogar einen Kinostart.

Es ist einfach nicht totzukriegen: das Hai-Horror-Genre. Für die Figuren, auf die es die Haie abgesehen haben, gilt das jedoch nicht. Die schweben auch in „Something in the Water“ in akuter Lebensgefahr. Wie genau sie in diese Ausnahmesituation geraten, ist eigentlich nebensächlich. In ihrem Fall ereignen sich die Hai-Attacken bei einem Girls-Trip. Die Freundinnen Meg, Cam, Kayla und Ruth sind auf die Hochzeit ihrer gemeinsamen Freundin Lizzie in der Karibik eingeladen. Am Vortag der Hochzeit fahren sie mit einem kleinen Motorboot auf eine abgelegene Insel. Was als spaßiges Abenteuer gedacht war, entwickelt sich zu einem brutalen Überlebenskampf.

„Something in the Water“ eifert Spielberg nach

Der Kult-Horrorfilm „Der Weiße Hai“ zog 1975 eine regelrechte Welle an weiteren Hai-Filmen nach sich. Darunter waren zahllose Trash-Produktionen, die mal mehr und mal weniger unterhaltsam ausfielen. Viele von ihnen hatten kein nennenswertes Budget zur Verfügung und nahmen sich selbst auch nicht allzu ernst. Wer B-Movies mag, kann mit solchen Filmen bis heute seinen Spaß haben. „Something in the Water“ zeigt hingegen den Anspruch, eben kein trashiger B-Movie zu sein. Dass kein geringerer Genre-Vertreter als „Der Weiße Hai“ höchstselbst den Machern als Vorbild gedient haben könnte, scheint alles andere als abwegig zu sein. Ein wesentliches Beispiel dafür: Der Hai selbst ist in „Something in the Water“ kaum zu sehen. Das war auch bei „Der Weiße Hai“ der Fall – damals hatte es Probleme mit der Hai-Attrappe gegeben, die ironischerweise nicht einfach so schwimmen konnte. Der Rest ist Filmgeschichte.

Wer sollte „Something in the Water“ eine Chance geben?

Im Fall von „Something in the Water“ werden höchstwahrscheinlich auch Kostengründe eine Rolle gespielt haben: Das Budget fällt, wie schon erwähnt, bei Hai-Horrorfilmen in der Regel eher dürftig aus. Nichtsdestotrotz geht der Plan, sich hierbei an „Der Weiße Hai“ zu orientieren, zumindest teilweise auf. „Something in the Water“ gelingt es in einigen Momenten ein deutliches Unwohlsein bei seinem Publikum zu erzeugen. Wir werden nämlich oft im Unklaren darüber gelassen, wo sich der Hai im Moment aufhält und ob er womöglich gleich (wieder) zuschlägt – ein einfaches, aber effektives Stilmittel. Wer entweder gerne Hai-Filme schaut oder alternativ noch kaum in Berührung mit dem Genre gekommen ist, bei dem könnte „Something in the Water“ solide funktionieren. Im Zusammenspiel mit der Laufzeit von gerade mal 80 Minuten (ohne Abspann) ergibt sich für diesen Teil der Zuschauerschaft ein kurzweiliger Filmabend.

Ohne Klischees geht’s wohl nicht

Nichtdestotrotz werden vermutlich viele Zuschauer zu dem Schluss kommen, dass „Something in the Water“ Stephen Spielbergs „Der Weiße Hai“ nicht das Wasser reichen kann. Der Hype um den Filmklassiker ab Mitte der 1970er Jahre lässt sich eben nicht einfach wiederholen. Auch die Sehgewohnheiten sind inzwischen andere. Dass der Hai so selten über den Bildschirm schwimmt, dürfte andere Zuschauer schlicht langweilen. Nur allzu leicht stören kann man sich zudem an den schablonenartigen, eindimensionalen Charakteren. Da wäre die Braut Lizzie, die in ihrer Panik nur daran denkt, dass die Hochzeit ins Wasser fallen könnte. Oder etwa auch die coole und rebellische Cam, die für jeden Spaß zu haben, aber auch verantwortungslos ist. Niemand erwartet von einem Hai-Horror-Film eine komplexe Charakterstudie. Allerdings spricht doch nichts dagegen, Figuren zu schreiben, die sich mehr wie echte Menschen und weniger wie ausgelutschte Film-Archetypen anfühlen. Dass einige Charaktere ihre Momente bekommen, in denen sie glänzen können, hilft zwar ein wenig, kann aber auch nicht für alles entschädigen.

Altbekannte Fehler

Hai-Horrorfilme stehen immer wieder in der Kritik, dem Image von Haien zu schaden. In den Filmen müssen die Tiere als blutrünstige Killerbestien herhalten, ungeachtet dessen, dass Haiangriffe extrem selten vorkommen. Dass ein Hai einen Menschen tötet, passiert um ein Vielfaches seltener als andersrum. Diese Kritik muss sich auch „Something in the Water“ gefallen lassen, da er Haie ebenfalls als regelrecht bösartig darstellt. Das ist schlicht nicht mehr zeitgemäß, falls es das überhaupt jemals war, und zudem aus Tierschutzaspekten moralisch verwerflich. Ganz zu schweigen davon, dass es auch „Something in the Water“ an beinahe jeglicher Kreativität fehlt – das gilt für die Charaktere ebenso wie für die klischeehafte Handlung, insbesondere mit Blick auf das vorhersehbare Ende.

Ohne Hai der überzeugendere Film?

Auch drängt sich immer wieder die Frage auf, ob der Film nicht als reiner „Überleben-auf-dem-offenen-Meer“-Thriller deutlich besser geworden wäre. Hier kann „Something in the Water“ nämlich immer wieder überzeugen. Dem Film geling es, das Grauen zu transportieren, dass die Vorstellung, mitten auf dem offenen Meer ausgesetzt zu sein, birgt. Das schafft er unter anderem durch Drohnen-Aufnahmen, die zeigen, wie sich um die Charaktere in allen Richtungen scheinbar endlos das Meer erstreckt. Inseln, Schiffe oder gar das Festland wirken unerreichbar. Die Szenen mit dem Hai wirken dagegen sehr generisch. Zwar sind sie teils auch nervenaufreibend, allerdings hat man sie so ähnlich schon zu häufig gesehen. Vielleicht wäre es das Beste, wenn der Hai-Horror selbst künftig in den Tiefen der Meere verschwinden würde. Lobenswert ist dagegen auch der etwas modernere Anstrich, den der Film bekommen hat. So wird immerhin mal in einem Nebensatz der Klimawandel thematisiert. Und viel wichtiger: Zwei der weiblichen Charaktere sind lesbisch, und das wird nicht besonders hervorgehoben, sondern wirkt völlig normal. So wie es im echten Leben eben auch ist.

„Something in the Water“ startet am 5. September in den deutschen Kinos.

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