"Wir lieben das Leben": Keine Zeit für Nebenhandlungen
Das Leben von Maria Kowalke (Petra Schmidt-Schaller) steht vor dem Umbruch: Die frisch getrennte Mittdreißigerin verfrachtet ihren Vater Max Schellinger (Günther-Maria Halmer) in eine Seniorenresidenz mit Seeblick, sie selbst zieht in eine Altbauwohnung mit U-Bahn-Blick. Zu ihrem Erzeuger hat sie kein gutes Verhältnis – und sie zeigt auch keinerlei Ambitionen, daran etwas zu ändern. Immerhin kann sie einen neuen Job als Aushilfslehrerin ergattern. Statt Kunst muss Maria aber eine zehnte Klasse in Musik unterrichten. Sherry Hormann erzählt in ihrer Tragikomödie "Wir lieben das Leben" von einer jungen Frau, die mit dem Leben und mit sich selbst ins Reine kommen will, und von einem Vater, der die Fehler der Vergangenheit wiedergutzumachen versucht. Zumeist gelingt das unverkitscht, mitunter aber auch ziemlich gehetzt.
Maria und ihre chaotische Schulklasse sollen den Vicky Leandros-Hit "Ich liebe das Leben" für eine Benefizgala einstudieren. Eine Mammutaufgabe für die Pädagogin und ihre Schützlinge, die wahrlich keine Engel sind. Hinzukommt das schwierige Verhältnis zwischen Maria und Max: Weil der ehemalige Oberst die Familie einst verließ, existieren tiefe Risse zwischen Vater und Tochter. "Ich will nicht so werden wie du", schleudert Maria ihrem alten Herrn entgegen.
Was die beiden Sturköpfe eint, ist die Eigeninitiative: Natürlich kümmert sich Maria irgendwann liebevoll um ihre Schüler. Sie will ihnen etwas beibringen und das Projekt stemmen – und zwar diszipliniert! Mit Disziplin kennt sich auch ihr Vater gut aus: "Einmal Oberst, immer Oberst", sagt er gleich zu Beginn. Er lernt die im Rollstuhl sitzende Mechthild (Hildegard Schmahl) im Pflegeheim kennen. Statt auf den Tod zu warten, beschließen die beiden, sich für das Wohlergehen der Schule einzusetzen – und damit auch für Maria.
"Wir lieben das Leben" hat für keine seiner Nebenhandlungen genügend Zeit, hastet stets zum nächsten Brennpunkt und erzählt seine Konflikte nie ganz aus. Mit den zahlreichen dramaturgischen Baustellen bleibt Regisseurin Hormann ("Wüstenblume") zwar hinter ihren Möglichkeiten zurück, doch was ihr famos gelingt, ist der herzerwärmende musikalische Schlusspunkt, der für vieles entschädigt.
Ohnehin fasst das musikalische Leitmotiv den ganzen Film über all das zusammen, wofür narrativ keine Zeit bleibt. Auch die Hauptdarsteller begeistern: Petra Schmidt-Schaller gibt emotional alles – sie schreit, weint, leidet und kämpft. Günther Maria Halmer hingegen überzeugt als stoischer, aber langsam auftauender Gefühlskrüppel. Im Endeffekt verzeiht man dem Film dann sogar seine Konstruiertheit, diverse holprige Dialoge, die Klischee-Schüler und sogar die allzu rasche Abhandlung der Musikproben. Die Vermeidung von allzu kitschiger Harmonie im Finale garantiert einen sehenswerten TV-Film – trotz zerfahrener Geschichte.
Quelle: teleschau – der Mediendienst