"Der Wahrheitsjäger" bei RTL

Tamer Bakiner erklärt die Maschen der Heiratsschwindler im Internet

von Julian Weinberger

Komplimente, romantische Gedichte und am Ende ein großes Loch im Geldbeutel: Für RTL geht Detektiv Tamer Bakiner auf die Jagd nach modernen Heiratsschwindlern im Internet.

Tinder, Lovoo und Co. werben damit, unglückliche Singles aus aller Welt zusammenzubringen. Die Suche nach dem Partner fürs Leben ist längst ein florierendes Geschäft geworden. Doch auch die Schattenwirtschaft hat das Potenzial erkannt und im Hintergrund ein Netzwerk des organisierten Verbrechens aufgebaut. RTL sagt diesen kriminellen Tätigkeiten nun gemeinsam mit Detektiv Tamer Bakiner den Kampf an und zeigt auf, mit welchen Maschen die Verbrecher arbeiten. In der Reportage "Tamer Bakiner, der Wahrheitsjäger" (Montag, 25. März, 20.15 Uhr) führen ihn seine Nachforschungen bis nach Kenia und Istanbul. Im Interview erklärt er, wie man sich vor den Betrügern schützen kann, wie gefährlich seine Ermittlungen waren und verrät, warum er Detektiv geworden ist.

prisma: In der Reportage gehen Sie auf die Jagd nach sogenannten Romance Scammern. Was verbirgt sich dahinter?

Tamer Bakiner: Romance Scam ist eine sehr weit verbreitete Internet-Betrugsmasche. Ziel der Betrüger ist es, möglichst viel und lange materielle Zuwendungen von ihren Opfern zu erschleichen. Im Prinzip ist das die moderne Form des Heiratsschwindels über soziale Netzwerke und Dating-Plattformen. Oft steckt dahinter die organisierte Kriminalität.

prisma: Welche Tricks benutzen Romance Scammer?

Bakiner: Der erste Eindruck zählt, deshalb verwenden die Scammer als Profilbild ein attraktives Foto. Als Berufe werden idealerweise solche genannt, die oft mit Auslandsaufenthalten verbunden sind. So hat man immer einen Grund, warum man sich gerade leider nicht mit dem Opfer treffen kann. Oft sind die Scammer verwitwet oder geschieden und alleinerziehend. Probleme mit Kindern lassen sich immer schnell konstruieren und sind hilfreich bei der finanziellen Ausbeutung der Opfer. Der klassische Online-Romance-Scammer arbeitet mit gestohlenen Fotos aus dem Internet, die von völlig ahnungslosen Menschen stammen. Mit diesen Fotos, neuem Namen und veränderten Lebensläufen legt er zahlreiche Scheinprofile bei Dating Plattformen und den sozialen Netzwerken an.

prisma: Was passiert, wenn ein Opfer angebissen hat?

Bakiner: Der harmlose Flirt beginnt mit einem Kompliment. Reagiert das Opfer, wird schnell versucht, die Kommunikation von der Dating-Plattform oder dem sozialen Netzwerk auf Email oder Messenger Dienste umzustellen. Von nun an meldet sich der Scammer beim Opfer täglich, interessiert sich für das Leben des Opfers, gibt den verständnisvollen Mann und hört dem Opfer genau zu, um es später optimal manipulieren zu können.

prisma: Und dann?

Bakiner: Im Rahmen der täglichen Kommunikation versucht der Scammer das Opfer weitgehend von seinem bisherigen sozialen Umfeld zu isolieren. Dadurch hat er bei der späteren finanziellen Ausbeutung leichtes Spiel. Hat der Betrüger das Gefühl, die Liebe und das Vertrauen des Opfers vollständig gewonnen zu haben, beginnen mit gut konstruierten Vorwänden die ersten Geldforderungen. Die perfide Betrugsmethode der Scammer klappt deshalb so gut, weil die Liebe leider Gottes blind macht.

prisma: Auf welche Methoden griffen Sie in der Recherche und den Ermittlungen zurück?

Bakiner: Mit meinem Informanten-Netzwerk habe ich relativ schnell Kontakt zum kriminellen Milieu aufnehmen können. Das ist jedoch nur die Eintrittskarte. Um dort Fuß fassen zu können, muss man eine passende Legende haben, die Sprache der Kriminellen verstehen und sprechen können, weil sie ansonsten auf Ablehnung stoßen. Dieses Eintauchen in die Szene ist eine zeitaufwendige Operation und nichts für schwache Nerven.

prisma: Wie gefährlich waren Ihre Nachforschungen?

Bakiner: In Kenia, wo ich unterwegs war, unterhalten die Kriminelle Kontakte zu den Behörden. Sie werden also gewarnt oder auch teilweise geschützt. Das musste ich bei meinen Ermittlungen einkalkulieren. Außerdem ist ein Menschenleben in Afrika deutlich weniger Wert als zum Beispiel in Deutschland. Wenn mir dort etwas zustößt, werden keine großen Fragen gestellt und die Ermittlungen in Kürze eingestellt.

prisma: Bei welchen Anzeichen sollten die Alarmglocken von Liebessuchenden läuten?

Bakiner: Wenn eine Person, die man nicht einmal persönlich getroffen hat, unabhängig von der Begründung, eine Geldforderung direkt oder indirekt formuliert. Vorsicht auch bei übertriebenen Liebesschwüren, Gedichten und Komplimenten. Klingt etwas zu schön, um wahr zu sein, stimmt meistens etwas nicht. Und wenn geplante Treffen aufgrund von plötzlich auftretenden Problemen immer wieder verschoben werden, sollte der Kontakt besser abgebrochen werden. Man sollte eine Person immer an ihren Taten messen und nicht an ihren Worten.

prisma: Welche Tipps können Sie Betroffenen geben? Wie können sie sich wehren?

Bakiner: Senden Sie niemals Geld an jemanden, den Sie nicht persönlich kennen. Halten Sie sich zu Beginn der Kennenlernphase mit persönlichen Informationen weitestgehend bedeckt. Antworten Sie niemals auf Fragen zum persönlichen Einkommen und Besitz. Überprüfen Sie das Umfeld der neuen Bekanntschaft – und legen Sie Wert darauf, seine Familie, Freunde und nette Arbeitskollegen kennenzulernen.

prisma: Auf dem Cover Ihres Buches "Der Wahrheitsjäger" zeigen Sie ihr Gesicht. Inwiefern hat sich Ihre Arbeit seit der Preisgabe Ihrer Identität verändert?

Bakiner: Das ist nicht so gravierend, wie viele glauben. Erstens bin ich sehr wandlungsfähig, und bei Auslandseinsätzen spielt das sowieso fast keine Rolle. Überdies gibt es sehr tolle Maskenbildner.

prisma: Was ist Ihr persönlicher Antrieb für Ihren Beruf als Detektiv?

Bakiner: Zu Beginn meiner Berufslaufbahn war es sicherlich der Nervenkitzel und das Abenteuer, was mich an diesem Beruf gereizt hat. Ein Bürojob mit festen Arbeitszeiten war mir damals schlichtweg zu langweilig. Heute sind es mein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und die vielseitige Aufgabenstellung, die mich an dem Job reizen. Außerdem arbeite ich gerne mit Menschen zusammen und kann hier meine Kommunikationsfähigkeiten in vielfältiger Art und Weise einsetzen.

prisma: Schnelle Autos, schöne Frauen und adrette Kleidung: Wie sehr unterscheidet sich ihre Tätigkeit von dem 007-Klischee?

Bakiner: Zugegeben, war alles schon da bei Einsätzen. Es ist aber nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme. Wer mein Buch "Der Wahrheitsjäger" gelesen hat, erhält einen kleinen Einblick dazu.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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