Sabin Tambrea: Der Fein-Düstere
Schauspieler Sabin Tambrea ist die derzeitige Idealbesetzung für Männer, die ebenso elegant wie schwer zu durchschauen sind.
Sabin Tambrea ist ein Mime, der sich in den Kopf des Zuschauers einbrennt. Selbst, wenn man seinen Namen nicht kennt – die Auftritte des 33-Jährigen vergisst man nicht. Seinen "Ludwig II." im Biopic von 2012 oder den KZ-Teufel Hermann Reinboth in "Nackt unter Wölfen" (2015). Tambreas feingliedrige Gestalt, dazu eine Ausstrahlung, die man etwas profan als dunkel und geheimnisvoll bezeichnen könnte. Das Besondere an Trambrea ist jedoch, dass er in seinen Geheimnissen nie profan wirkt. Kein Wunder also, dass der vampirhaft schmale Schauspieler, der als Zweijähriger aus Rumänien nach Deutschland kam, durch einen Film über den rätselhaften Märchenkönig bekannt wurde – der ihm übrigens diverse Preise einhandelte. Bis Sommer 2017 war Tambrea einer der meist beschäftigten Bühnenschauspieler des Berliner Ensembles. Seit einem Intendantenwechsel am ehemaligen Theater Bert Brechts hat er nun viel mehr Zeit für Filme – was sich vor allem im März-Programm des ZDF widerspiegelt.
Sabin Tambrea ist ein höflicher Mann mit exzellenten Manieren. Wohl kein Wunder bei Eltern, die ihr Geld beide als klassische Orchestermusiker verdienen. Dazu gibt es eine Schwester, die als Dozentin für Geige arbeitet. Sabin Tambrea, der in Hagen aufwuchs, bereitete sich bis zum 18. Lebensjahr ebenfalls auf eine Karriere als klassischer Musiker vor. Mit vier Jahren begann er zu spielen, viele Stunden pro Tag wurde geübt, zahlreiche Wettbewerbe gewonnen. Auch da scheint Tambrea in ein Klischeebild zu passen: die osteuropäisch-strenge Erziehung, das rumänisch Geheimnisvolle. Ist er deshalb nun ein verführerischer junger "Graf Dracula" für das deutsche TV-Publikum?
Wer den klugen, künstlerisch ambitionierten Mann auf derlei Klischees reduziert, wird ihm nicht gerecht. Es gibt nämlich durchaus Dinge, die nicht ins Bild passen. Zum Beispiel seine extreme Nervosität als Musiker auf der Bühne. Seine Eltern versuchten, das Malheur durchs Anmelden des kleinen Sabin bei einer Jugendtheater-Truppe zu bekämpfen. Und siehe da – plötzlich war die Anspannung weg und machte etwas Lustvollem Platz. "Ein Instrument zu spielen, hieß, dass man auf etwas angewiesen ist. Für mich war es erfüllender, dass ich mein eigenes Instrument bin. Ohne ein Stück Holz in der Hand zu halten und darüber definiert zu werden." Also wurde die Violine in die Ecke gelegt. Heute spielt er sie nur noch ab und an auf der Bühne, sagt Tambrea.
"Meine Eltern wollten mir die Musik geben, damit ich glücklich bin"
Doch waren die Eltern enttäuscht, als eine hoffnungsvolle Musikerkarriere jäh endete – um dem völlig unsicheren Plan Platz zu machen, sich auf Schauspielschulen zu bewerben? Nein. "Meine Eltern wollten mir die Musik geben, damit ich glücklich bin", sagt der Kunst-Umschüler. "Als sie merkten, dass ich mit etwas anderem glücklicher bin, haben sie das auch im Inneren akzeptiert." Hört sich nach liebevollem Elternhaus an. Trotzdem war da ein schlechtes Gewissen – aufseiten des Kindes. "Als Musiker kann man nur gut sein, wenn man vier, fünf Stunden pro Tag übt. Als Schauspieler fällt das weg. Ich hatte das merkwürdige Gefühl, dass mir ohne Aufwand etwas geschenkt wird, das im Leben viel Freude bereitet. Ich musste mich erst daran gewöhnen, dass Dinge auch ganz leicht sein können."
Auf dem Berufsweg lagen dann aber noch ein paar Steine. Sieben-, achtmal sprach Tambrea vergeblich bei Schauspielschulen vor. Meist flog er in der ersten Bewerberrunden raus. Selbst an der renommierten Schauspielschule "Ernst Busch" in Berlin, wo er im zweiten Anlauf genommen wurde, gab es beim ersten Mal eine Abfuhr. Dafür nahm die Karriere danach schnell Fahrt auf. Seit 2008 spielte Tambrea unter Kult-Intendant Claus Peymann am Berliner Ensemble. Kurz bevor dessen Ära – und mit ihr das Engagement des jungen Mimen endete – spielte er in sage und schreibe neun Stücken der Hauptstadt-Bühne.
Dass Tambrea, der seit Jahren mit Schauspielkollegin Alice Dwyer liiert ist, mit dem letztem Sommer mehr Zeit für anderes bekam, kann man eindrucksvoll im Märzprogramm des ZDF beobachten. Da ist Sabin Tambrea mit fünf Filmen vertreten: Neben dem Dreiteiler "Ku'damm 59", wo er einen ambivalenten Fabrikantenerben spielt, sieht man ihn an der Seite Ulrich Noethens in "Neben der Spur – Sag, es tut dir leid" (Montag, 12.3., 20.15 Uhr) und als Gegenspieler Hannelore Hogers in deren letzten Bella Block-Fall "Am Abgrund" (Samstag, 24. März).
Ich muss in die Haut dieses Menschen
Wer Tambrea nach seiner besonderen Wirkung fragt, erhält eine differenzierte Antwort. "Ausstrahlung", sagt er, "ist letztendlich eine Wirkung, die beim Zuschauer entsteht. Wollte ich mich darauf fokussieren, sie zu erstellen, käme etwas Eindimensionales dabei heraus. Ich denke in anderen Kategorien. Mein Ziel ist es, den Gedanken einer Figur nachvollziehen. Ich muss in die Haut dieses Menschen – und den Zuschauer dann an die Hand nehmen. An etwas wie Ausstrahlung zu denken, wäre kontraproduktiv."
Privat, sagt Sabin Tambrea, würde er sich keineswegs als dunklen oder melancholischen Menschen sehen. Seine Freunde wüssten, dass er sehr witzig sein kann. Außerhalb dieses Zirkels muss Deutschlands derzeit fein-düsterster Schauspieler aber wohl noch eine Weile an der Vielseitigkeit seines Images arbeiten, bis man ihn auch mal in einer leichten Komödie ran lässt.
Bis dahin, und da greift wieder die Diszipliniertheit des ehemaligen Geigenschülers, möchte Tambrea sich bald wieder an der Bühne beweisen – allein des Trainings wegen. "Da geht es um mein Handwerk und das erhält man sich auf der Bühne. Während eines Filmprojekts hat man vielleicht eine Drehpraxis von insgesamt vielleicht zehn Stunden. Das ist einfach zu wenig, um seine Fähigkeiten zu erweitern. Auf der Theaterbühne konnte ich zuletzt vier Monate lang jeden Tag fünf bis acht Stunden spielen. Zeit, in der ich etwas ausprobieren konnte. Genau das inspiriert mich – und ich brauche das auch."
Quelle: teleschau – der Mediendienst